Zur Krönung gibt es Tee und Scones

Der Brite Simon Ford hat schon die Amtseinführung Elisabeths II. miterlebt und ist begeisterter Fan des Königshauses
Frankfurt -Simon Ford und seine Ehefrau Karin sind Monarchisten. Sie sagen es augenzwinkernd, aber es ist auch irgendwie ernstgemeint. Simon Ford ist 88 Jahre alt. Er hat die Krönung der Queen miterlebt, er ist in seiner Militärzeit als Palastwache im dicken, schwarzen Pelz vor Buckingham Palace gestanden, er hat als Kind zu King George und dem Premierminister Winston Churchill aufgeschaut. Und jetzt erlebt er den dritten Monarch seiner bewussten Lebenszeit.
„Ich glaube, Charles wird dies gut machen“, ist er überzeugt. „Er hat das Pflichtgefühl von seiner Mutter übernommen. Ich war so stolz, dass mein König im Bundestag eine so gute Rede gehalten hat.“ Charles, davon ist Ford überzeugt, werde immer tun und immer sagen, was gut ist für das Land. „Er liebt das Land, er liebt seine Menschen. Er wird die Briten nie im Stich lassen.“
Simon Ford kennt aus seiner Militärzeit und der Zeit danach Geschichten, die auch mit dem neuen König zu tun haben. Etwa von einem alten Freund, der das Militär nicht, wie Ford, 1962 nach sieben Jahren verlassen hat. Dieser habe später das Kommando über eine Einheit gehabt, an deren Spitze ehrenhalber Prinz Charles stand. „Einmal, als Charles sie besucht hat, bat mein Freund ihn, einen Brief zu schreiben an eine Sergeantin, die schwer krank im Krankenhaus lag. ,Ein Brief?‘, fragte Charles. Das komme überhaupt nicht infrage.“ Stattdessen sei Charles mit dem Kommandanten und einigen Soldatinnen, den Freundinnen der Erkrankten, in dieses Krankenhaus gefahren und habe sie besucht. „Das weiß niemand. Da war keine Presse dabei“, verrät Ford. Soll heißen: Das Herz dieses Königs schlägt nicht nur dann für die Menschen, wenn die Kameras es sehen.
Im Blumenkasten flattert der Union Jack
Die Krönung ist ein wichtiges Ereignis für das Ehepaar, das seit 1971 in einem Haus unweit Frankfurts lebt. Die Hausnummer braucht man nicht zu suchen. Ein Union Jack hängt unübersehbar an der Wand, flattert leicht im Wind, und in den Blumenkästen vor dem Haus stecken kleine „Jacks“. Das ist immer so bei den Fords, nicht nur während der Krönungszeit. Simon Jack, ein alter Brite vom Schlage eines Landadeligen, dessen Vater in der Normandie gekämpft hat, wird die Feier heute zu Hause vor dem Fernseher verfolgen. Seine Frau Karin ist bei ihm, vielleicht Verwandte, es wird Tee geben und Scones, das britische Gebäck.
„Wir werden es wahrscheinlich auf CNN verfolgen“, sagt Ford. „Was die deutschen Sender bei der Beerdigung der Queen gebracht haben, hat mich nicht überzeugt.“ Ford hätte die Krönung gerne im größeren Kreis verfolgt, etwa bei der Deutsch-Britischen Gesellschaft in Frankfurt, deren langjähriges Mitglied er ist. „Aber leider gibt es in Frankfurt kein ,Public Viewing‘. Das ist so schade.“ In anderen Städten sei es so, dass die Briten und britischen Freundeskreise sich irgendwo treffen, um die Krönung gemeinsam anzusehen.
An „seine“ erste Krönung - naja, nicht seine, sondern die der jungen Queen Elizabeth II. 1953 war das, Simon war 17 oder 18, erinnert er sich noch ganz genau. „Ich bin mit Freunden eineinhalb Stunden nach London gefahren“, sagt er stolz. „Wir haben im Park übernachtet, und als am nächsten Tag die Queen mit der goldenen Kutsche vorbeigefahren ist, war ich ganz vorne dabei. Wir waren bei den ersten gewesen, die in den Park gekommen sind. Deswegen hatten wir den besten Blick!“
Später ging er zum Militär. Fords Vater hatte das Kriegsende in den Niederlanden erlebt und arbeitete zu dieser Zeit, 1954, zwar wieder in seinem Beruf als Architekt. „Er hatte aber einen Freund aus der Kriegszeit, und der hat ihm gesagt: Dein Sohn muss zu uns!“ So kam Simon zu den Scot Guards, „auch wenn ich mit denen gar nichts zu tun hatte. Die Bewerbungsgespräche liefen gut.“ Der Militärdienst war spannend, Simon sehr sportlich und meldete sich später zu den Fallschirmjägern: „Ich war dumm genug, mich zu melden, und später war ich zu feige, zurückzuziehen. So musste ich aus dem Flugzeug springen“, lacht er.
Rotes Wams, schwarze Bärenfellmütze
Doch die meiste Zeit seiner Militärzeit verbrachte er bei der Windsor Castle Guard. Im Stechschritt, rotes Wams, weißer Gürtel, schwarze Bärenfellmütze - so sieht man die Scots Guard auf Youtube-Videos, und so werden sie auch heute bei der Krönung zu sehen sein. „Das war meine Truppe. Tolle Leute, tolle Zeit“, lächelt Ford. „Ja, das lange Stehen war anstrengend, gerade im Sommer, mit dieser Mütze.“ Aber er beschwert sich nicht. Britain, that’s tradition. Alte Schule. Nach seiner Militärzeit, 1962, verließ er („ein Fehler“) die Truppe, um bald darauf als Investment-Berater anzufangen. „Wissen Sie, in Britain kennt jeder einen, den er vom Militär kennt, der in derselben Einheit gedient hat...“ Vitamin B, you understand? „Ich habe meine Frau in London kennengelernt.“ Karin Ford unterbricht begeistert: „Das waren die Swinging Sixties. Ich hatte einen Minirock, mit dem ich mich in Deutschland nicht sehen lassen durfte!“
1967 kam das Ehepaar nach Deutschland, zunächst nach München. „Das war auch eine gute Zeit dort“, erinnert sich Simon Ford. Von 1971 an arbeitete er dann in Frankfurt, war auch noch - zu Zeiten des Neuen Marktes - bei Bloomberg als Experte eingeladen und bedauert: „Ich habe die Situation damals falsch eingeschätzt und geglaubt, die Werte würden wieder steigen.“ 2001 war das - oder 2002? Er schaut zu seiner Frau. „Jedenfalls, meine Rente reicht, ich habe gut verdient und kann aus Langeweile weitergearbeitet bis 70“, lacht er. „Jetzt freue ich mich auf die Krönungsfeier und wünsche Charles III. alles Gute für sein schweres Amt.“ thomas j. schmidt