"Die Blessuren sind groß" bei hessischen Gaststätten und Hotels

Für Hotels und Gaststätten in Hessen war die Pandemie mit besonders großen Einschnitten verbunden. Wie die Branche sich nun langsam wieder erholt, erzählt Julius Wagner, Hauptgeschäftsführer des Hotel- und Gaststättenverbands Dehoga, im neunten Teil unserer Serie über die Auswirkungen des Corona-Krise.
Frankfurt - "Unsere Branche geht mit Verletzungen aus der Pandemie hervor", konstatiert Wagner. Die Umsätze im Gastgewerbe lägen noch immer "weit hinter dem Vorkrisenniveau", berichtet er. "Insgesamt ist zehn Prozent des Gastgewerbes in Hessen verloren gegangen", lautet Wagners trauriges Resümee.
Natürlich hätten die Wirtschaftshilfen und das Kurzarbeitergeld "stabilisierend gewirkt, auch psychologisch", erklärt der Chef des Branchenverbands. "Doch die Blessuren sind groß", stellt er fest.
Wagner beobachtet "ein großes Gefälle zwischen dem privaten Freizeitbereich und den Geschäftskunden". Der Business-Sektor sei bis heute am härtesten von den Folgen der Pandemie betroffen.
Viele Betriebe hätten sich während der Krise auch mit Liefer- und Take-Away-Angeboten durchgeschlagen. "Das war aber nicht wirklich gewinnbringend, sondern eher ein Grundrauschen, um bei Stammkunden im Gespräch zu bleiben", berichtet Wagner. Zudem sei es für die Gastronomen selbst "mental wichtig" gewesen.
Der Dehoga-Chef sieht jedoch auch einen positiven Effekt der Corona-Zeit: "Es ist ein großer Bedarf entstanden, in Hessen Urlaub zu machen", stellt er fest. Und er rechnet fest damit, dass die Gäste auch nach der Hochphase der Pandemie wiederkommen.
Zudem sieht er eine gesellschaftliche Entwicklung hin zu mehr Wertschätzung für die Hotels und Gaststätten: "Anders als vor der Pandemie, ist die Wichtigkeit der Dienstleistungen für das gesellschaftliche Leben ins Bewusstsein der Öffentlichkeit gerückt", freut sich Wagner. Das führe auch zu Verständnis bei den Kunden für jetzt nötig werdende Preiserhöhungen.
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Seit mehr als zwei Jahren hält die Corona-Krise die Welt in Atem. Die FNP beleuchtet, welche Spuren die Pandemie im Alltag der Hessen hinterlässt. Alle Texte im Dossier.
Damit die Preise infolge des russischen Angriffskriegs in der Ukraine nicht zu stark steigen, fordert der Dehoga-Chef die reduzierte Mehrwertsteuer von derzeit sieben Prozent auf Speisen im Restaurant zu entfristen. "Es wäre doch fatal für die Kunden, wenn bald noch mal zwölf Prozent mehr auf jedes einzelne Gericht draufkämen, findet Julius Wagner.
Was dem Hauptgeschäftsführer des Branchenverbands zusätzlich Sorge bereitet, ist die weitere Entwicklung der Corona-Infektionslage in den kommenden Monaten. "Bis jetzt gibt es vonseiten der Politik keinen nachvollziehbaren und transparenten Plan, wie es im Herbst weitergehen soll", bemängelt er. Sein Verband vermisse "ein Wenn-Dann-Szenario", mit dem die Gastronomen planen könnten. "Der unklare politische Kurs und der Mangel an "Plan" seitens der Bundesregierung sind alles andere als hilfreich", betont Wagner.
Das verunsichere auch das ohnehin im Lauf der Pandemie knapp gewordene Personal "gigantisch".
Die Personalnot ist groß

Während vor der Corona-Krise im Jahr 2019 insgesamt 206 300 Mitarbeiter im hessischen Gastgewerbe beschäftigt waren, sank die Zahl der Beschäftigten 2020 auf 162 336. Das geht aus der Statistik des Hotel- und Gaststättenverbands Dehoga Hessen hervor.
"Während der langen Phase der beiden Lockdowns und der noch längeren Phase von Kurzarbeit sind viele Mitarbeiter in die Post- und Paketzustelldienste, den Lebensmitteleinzelhandel und andere Branchen gewechselt. Auch die Gesundheitsämter hatten vor allem viele Mitarbeiter aus der Hotellerie zeitweilig beschäftigt", berichtet Dehoga-Hauptgeschäftsführer Julius Wagner.
Bis heute sei nur jeder zweite sozialversicherungspflichtig beschäftigte Mitarbeiter in das Gastgewerbe zurückgekehrt. ch