Solidarität ist groß: Barbecue für streikende Lkw-Fahrer

Nach der Attacke auf die streikenden Lastwagenfahrer in Gräfenhausen ist die Entrüstung groß. Politik und Gewerkschaft helfen ihnen mit einem Solidaritäts-Essen auf der Raststätte.
Gräfenhausen - Nach dem paramilitärischen Einsatz eines polnischen Unternehmens gegen streikende Lastwagenfahrer am Rastplatz Gräfenhausen haben sich Politiker:innen und Gewerkschafter:innen mit den Beschäftigten solidarisiert. An Ostern unterstützten sie die georgischen und usbekischen Fahrer bei einem Streik-Barbecue unter anderem mit Lebensmitteln.
„Es ist ein Skandal, was in Gräfenhausen passiert“, urteilte der rheinland-pfälzische Sozialminister Alexander Schweitzer (SPD), der die Angegriffenen vor Ort besuchte. Schweitzer kündigte eine Initiative in der Arbeits- und Sozialministerkonferenz an, um den europäischen Güterverkehr besser zu kontrollieren.
Auch Politiker:innen aus Hessen wie die Grünen Wolfgang Strengmann-Kuhn, Martina Feldmayer und Torsten Leveringhaus, die Sozialdemokraten Günter Rudolph und Bijan Kaffenberger sowie die Linke Christiane Böhm solidarisierten sich mit den Fahrern. Der hessische SPD-Fraktionschef Günter Rudolph beklagte die „Ausbeutung und miserablen Arbeitsbedingungen“ im Güterverkehr. „Das, was am Freitag geschehen ist, darf sich ein Rechtsstaat nicht gefallen lassen“, fügte er hinzu.
Lkw-Streik bei Darmstadt: Polnischer Spediteur bestreitet Vorwürfe
Stefan Körzell aus dem geschäftsführenden Bundesvorstand des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), der die Eskalation am Freitag vor Ort miterlebt hatte, lobte das entschlossene Vorgehen der Polizei. Nun müsse für die beteiligten Personen ein Einreiseverbot in die Bundesrepublik geprüft werden, „weil sie eine ernste Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstellen“.
Die rund 40 Lastwagenfahrer aus Georgien und Usbekistan stehen mit ihren blauen Fahrzeugen der polnischen Unternehmensgruppe Lukmaz seit rund drei Wochen im Streik in Gräfenhausen bei Darmstadt. Sie geben an, dass ihnen Lohn vorenthalten worden sei. Der polnische Unternehmer Lukasz Mazur bestreitet das und versichert, sich an Recht und Gesetz zu halten.
Am Freitagvormittag war er zusammen mit rund zwei Dutzend schwarz gekleideten Männern vorgefahren, um ihre Lastwagen zu holen. Sie kamen unter anderem in einem gepanzerten Fahrzeug und in einem Auto mit der Aufschrift „Rutkowski Patrol“, das blau-weiß wie ein Polizeifahrzeug lackiert war. Außerdem waren drei Kleinbusse mit Ersatzfahrern dabei.
Lkw-Streik auf Autobahnraststätte bei A5 erregte international Aufsehen
Die „Rutkowski Patrol“ gehört zu einem Unternehmen, das in Polen als Detektei firmiert. Medien berichteten, dass diese Gruppierung von Krzysztof Rutkowski bereits mehrfach mit dem Gesetz in Konflikt gekommen sein soll, etwa wegen einer versuchten Entführung in Berlin. Die Anfahrt nach Gräfenhausen und der dortige Konflikt wurden von einem Fernsehteam namens „Telewizja Patriot24“ gefilmt, das die polnische Fahrzeugkolonne begleitete.
Der Vorfall erregte international Aufsehen, auch weil zunächst auch in Italien und der Schweiz Lukmaz-Fahrer in den Streik getreten waren. Dort gaben sie jedoch wieder auf. Für die Fahrer in Gräfenhausen gab es Solidaritätsbekundungen sogar von Lastwagenfahrern aus Südkorea. Der niederländische Gewerkschafter Edwin Atema, der für die Beschäftigten von Lukmaz als Verhandlungsführer benannt wurde, sagte der FR, die große Solidarität sei „für die Moral der Fahrer sehr gut“.
Messer, ein Zahnschutz und Pfefferspray bei Rollkommando gefunden
Nach Angaben der südhessischen Polizei, die mit einem Großaufgebot zwischen die Gruppen in Gräfenhausen gegangen war, wurden insgesamt 19 Personen vorübergehend festgenommen. Am Freitag war zunächst von 16 Festnahmen die Rede gewesen. Es seien Anzeigen unter anderem wegen des Verdachts des schweren Landfriedensbruchs, Bedrohung, Nötigung, versuchter gefährlicher Körperverletzung und Störung einer Versammlung erstattet worden. Nach Angaben der Polizei waren die „Rutkowski“-Leute „teilweise sehr martialisch“ aufgetreten, hätten Schutzwesten getragen und zum Teil versucht, „sich gewaltsam Zugang zu den Lastwagen zu verschaffen“. Bei ihnen seien zwei Messer, ein Zahnschutz und Pfefferspray gefunden worden. (Pitt von Bebenburg)