Perfide Tricks und Druck: Schwere Vorwürfe gegen Hessische Landesbahn
Seit drei Wochen streikt die Gewerkschaft EVG bei der Hessischen Landesbahn. Gespräche gibt es schon lange keine mehr, stattdessen macht die EVG schwere Vorwürfe.
Frankfurt – Seit dem 15. Dezember, 6 Uhr, streiken einige Mitarbeiter der Hessischen Landesbahn (HLB). Die Mitglieder Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) hatten bei einer Urabstimmung mehrheitlich für den unbefristeten Streik gestimmt. An der Situation hat sich bisher kaum etwas geändert, bis heute wird weitergestreikt. Eine Übereinkunft liegt in weiter Ferne, die Fronten sind verhärtet.
Dafür halten sich die Auswirkungen für die Passagiere bisher in Grenzen, erklärt die Hessischen Landesbahn. „Der Streik ist bisher für die Fahrgäste weitgehend ohne Folgen geblieben“, erklärt eine Pressesprecherin auf Nachfrage am 3. Januar. „Auch aktuell gibt es kaum Ausfälle, die streikbedingt sind.“ Generell sei nur ein kleiner Teil der Mitarbeiter bei der EVG organisiert. Weniger als zehn Prozent gehören demnach zur Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft und sind damit am Streik beteiligt.

Streik bei der Hessischen Landesbahn: Maßnahmen langfristig angelegt
Den Gewerkschaftlern geht es nach eigener Aussage aber auch gar nicht um direkt spürbare Auswirkungen. Der Streik sei auf lange Zeit ausgelegt, erklärt Andreas Güth, Streikleiter bei der EVG, auf Nachfrage. „Wir streiken in vielen Werkstätten, die Züge stauen sich dort“, so Güth. Es gebe allerdings auch „vereinzelt Lokführer und Zugbegleiter, die entsprechend mitstreiken“. Das führe zu unbesetzten Schichten, insbesondere in der Nacht.
Gleichzeitig versuche der Arbeitgeber, den Streik „möglichst kleinzureden“, erklärt Güth. So könnte die Hessische Landesbahn streikbedingte Ausfälle als krankheitsbedingte Ausfälle titulieren. Beweise dafür gebe es aber keine, so Güth. Selbst für die Gewerkschaft sei es schwierig auseinanderzuhalten, ob ein Zug wegen Krankheit oder doch wegen des Streiks ausgefallen sei. Dennoch: Die Auswirkungen seien auf jeden Fall spürbar.
EVG und HLB zwar zu Gesprächen bereit, dennoch keine Verhandlungen
Der Konflikt zwischen EVG und HLB zieht sich bereits seit Monaten, schon im Sommer rief die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft ihre Mitarbeiter in Hessen zu Warnstreiks auf. Aber die Verhandlungen kommen nicht voran. Außer Angeboten zu Gesprächen gebe es von beiden Seiten keine Annäherungen, berichtet Güth. Auch die Hessische Landesbahn erklärte, dass man seit Streikbeginn nicht weitergekommen sei.
Die letzte Forderung der EVG lag bei einer Erhöhung des Entgeltvolumens 6,8 Prozent. Damit würde sich das Einkommen der Beschäftigten wenigstens dem Branchenniveau annähern, heißt es von der Gewerkschaft. Dagegen bietet die HLB 3,3 Prozent über zwei Jahre an. Das sei gerade im Hinblick auf die aktuelle Inflation „zu wenig“, erläutert Güth. Tariflich sei die HLB sowieso schon hinten dran. Das zu gering ausfallende Angebot sei auch der Grund, warum die Verhandlungen aktuell still stehen.
Angebliche Einigung für Gewerkschaft „mehr als verwunderlich“
Schon drei Tage nach Beginn des Streiks zeigte sich an einer Mitteilung der EVG, wie schlecht die Stimmung zwischen der Gewerkschaft und dem Verkehrsunternehmen ist. „Die HLB Geschäftsführung behauptet in Pressemitteilungen und in Gesprächen mit Beschäftigten, dass man sich in der aktuellen Tarifauseinandersetzung mit der EVG so gut wie einig gewesen sei“, teilte Güth bereits am 18. Dezember mit.
Damit bezieht er sich auf eine Pressemitteilung der HLB vom 9. November. Die HLB schreib damals: „Hinsichtlich der Forderung der EVG nach mehr Lohn hatten sich beide Seiten bereits auf eine Erhöhung um insgesamt 3,3 Prozent verständigt.“
So nie geschehen, widerspricht Güth. Die Aussage finde man „mehr als verwunderlich“, von einer Einigung könne keine Rede sein. „Im Gegenteil: die Geschäftsführung verweigerte sich bisher allen ernsthaften Gesprächen.“
EVG-Streik: Schwere Vorwürfe gegen Hessische Landesbahn
Auch in einer aktuellen Pressemitteilung macht die EVG der HLB schwere Vorwürfe. „Parallel versucht der Arbeitgeber, die streikenden Beschäftigten mit perfiden Tricks zu spalten“, heißt es in einer Meldung vom 6. Januar. „So wurde u.a. ein Fahrdienstleiter mit Falschaussagen massiv unter Druck gesetzt, um seine Arbeit wieder aufzunehmen. Ansonsten würden angeblich sieben Lokführer der HLB ihre Arbeit verlieren, sollte er sich an den Streikaktionen beteiligen. Die EVG konnte diese Unwahrheiten schnell aufklären.“
Für den kommenden Dienstag (10. Januar) hat die EVG zu einer Demonstration in Frankfurt aufgerufen. Hintergrund sei, dass die Arbeitgeberseite auch in der dritten Streikwoche auf stur stelle, wie es in einer Mitteilung heißt. Ob danach Bewegung in die Verhandlungen kommt, bleibt ungewiss. (spr)