Zum Tod von Finanzminister Thomas Schäfer: Corona-Rettungspaket bleibt sein Vermächtnis

Eine Nachricht am Wochenende schockt Hessen und ganz Deutschland: Hessens Finanzminister Thomas Schäfer ist tot. Ein Nachruf.
Wiesbaden - Am Samstagvormittag um 10.59 Uhr verschickte das hessische Finanzministerium noch eine Pressemitteilung von Ressortchef Thomas Schäfer (CDU). Die EU müsse dringend beim Beihilferecht nachbessern, so dass der Staat für 100 und nicht nur 90 Prozent der Kredite als Folge der Corona-Krise einstehen könne, hieß es darin. Weder die Absender in seiner Pressestelle noch die Empfänger konnten ahnen, dass Schäfer zu diesem Zeitpunkt gar nicht mehr am Leben war.
Gut eine halbe Stunde zuvor war der Leichnam des 54-Jährigen an einer Bahnstrecke im Main-Taunus-Kreis gefunden worden, doch sollte es noch dauern, bis klar war, dass es sich um den hessischen Finanzminister handelte, der in den letzten Tagen an Hilfspaketen für Wirtschaft und Selbstständige zur Bewältigung der Krise gearbeitet hatte.
Zum Tod von Finanzminister Thomas Schäfer: Keinerlei Anzeichen
Der Schock und die Fassungslosigkeit über den plötzlichen Tod erschütterten Freunde und politische Gegner Schäfers gleichermaßen. Und das Entsetzen wuchs am Sonntag noch einmal dramatisch, als Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) zu verstehen gab, dass sein langjähriger Weggefährte offenbar von den Sorgen über die gewaltige Aufgabe der finanziellen Hilfe erdrückt wurde und deshalb verzweifelt aus dem Leben schied. Obwohl Schäfer keinen Hehl aus der Größe der Aufgabe und auch den Risiken des finanziellen Kraftakts machte, gab es doch keinerlei Anzeichen für einen solch tragischen Schritt des Mannes, der inoffiziell längst als designierter Nachfolger Bouffiers galt, sollte dieser spätestens zur Landtagwahl in vier Jahren das Amt des Ministerpräsidenten einmal aufgeben.
Statt dessen war es nun der 68-jährige Bouffier, der sichtlich erschüttert in der Wiesbadener Staatskanzlei über den Tod seines 14 Jahre jüngeren politischen und persönlichen Freundes und dessen tragische Umstände sprechen musste.
Zum Tod von Finanzminister Thomas Schäfer: Als Krisenmanager erprobt
Der als humorvoll geltende 1,97 Meter große Mann und Ex-Handballer Schäfer wurde allenthalben zu den ganz großen Stützen des schwarz-grünen Kabinetts in der Landeshauptstadt gezählt. Es galt als ausgemacht, dass sich Schäfer noch auf größere Aufgaben vorbereitete - nicht nur, weil er im vergangenen Jahr 30 Kilogramm abgenommen hatte und öfter als früher immer wieder öffentliche Termine wahrnahm und mit viel Humor bestritt.
Seine politische Karriere startete der in Hemer im Sauerland geborene Jurist mit Doktortitel in der Jungen Union sowie dem Kreistag seiner Wahlheimat Marburg-Biedenkopf. Von seinem beruflichen Job bei der Commerzbank in Frankfurt wechselte Schäfer 1999 zunächst als Büroleiter des damaligen Justizministers Christean Wagner (CDU) nach Wiesbaden, bis ihn der damalige Ministerpräsident Roland Koch in gleicher Funktion in die Staatskanzlei holte und damit zu seinem engsten Vertrauten machte. Es folgten Stationen des konservativen Pragmatikers als Staatssekretär erst im Justiz- und dann im Finanzministerium. Bereits da machte Schäfer 2009 als Koordinator der Länderhilfe für den in der Finanzkrise angeschlagenen Autobauer Opel schon überregional als Krisenmanager auf sich aufmerksam.
Zum Tod von Finanzminister Thomas Schäfer: Er schaffte die Trendwende
2010 wurde er dann selbst Finanzminister und erwies sich dabei als überaus erfolgreich. Er schaffte die Trendwende, von immer höherer Neuverschuldung auf die schwarze Null zu kommen und dann sogar noch mit einer - wenn auch bescheidenen - Rückzahlung von Altschulden zu beginnen. Schäfer spannte den kommunalen Rettungsschirm zugunsten hoch verschuldeter Kommunen und schuf dann auch noch die Hessenkasse zur Tilgung kommunaler Kassenkredite, was auch im Ländervergleich als vorbildlich galt.
Andererseits gab es gerade mit Kommunen immer wieder Auseinandersetzungen. Das galt etwa für Frankfurt und andere eher finanzstarke Städte, die Kürzungen zugunsten finanzschwacher im Kommunalen Finanzausgleich hinnehmen mussten oder auch bei der Umlenkung eigentlich den Kommunen zustehender Gelder in das Kommunale Investitionsprogramm des Landes. Aber auch von den kommunalen Spitzenverbänden gab es am Sonntag großes Lob für Schäfer.
Zum Tod von Finanzminister Thomas Schäfer: Der letzte Auftritt
Geradezu als Vermächtnis des Finanzministers muss jetzt das von ihm geschnürte gewaltige Hilfspaket zur Bewältigung der Viruskrise und ihrer Folgen gelten. Erst eine, und dann gleich zwei Milliarden Euro an Ausgaben und dann noch einmal weitere 6,5 Milliarden für Kredit- und Steuerhilfen. Der Landtag beschloss es einstimmig.
Erst am Mittwoch stellte Schäfer zusammen mit Wirtschaftsminister Tarek Al-Wazir (Grüne) die Einzelheiten vor und versprach, alles für eine schnelle Auszahlung zu tun.
Zwar zeigte er sich dabei schon skeptisch, ob das auf Dauer reichen werde. Doch niemand ahnte, dass es Thomas Schäfers letzter öffentlicher Auftritt sein würde. Das Mitgefühl aller Politiker galt am Wochenende seiner Frau und den beiden acht und zwölf Jahre alten Kindern.
Von Gerhard Kneier