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Evangelische Kirche bittet Queer-Community um Vergebung

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Von: Sebastian Richter

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Eine Regenbogenfahne weht vor einer Kirche. Das Christentum und die queere Community waren sich nicht immer nah. (Symbolfoto)
Eine Regenbogenfahne weht vor einer Kirche. Das Christentum und die queere Community waren sich nicht immer nah. (Symbolfoto) © Fabian Strauch/dpa

Diskriminierung, Verletzung, Schuld: Die Evangelische Kirche in Hessen bittet bei Nicht-Heterosexuellen Menschen um Vergebung für die Taten der Vergangenheit.

Frankfurt – Ein „Schuldbekenntnis“ an queere Menschen von der Kirche: Was im letzten Jahrtausend noch unmöglich schien, ist am Freitag (28. April) auf einer Versammlung der Evangelischen Kirche Hessen und Nassau (EKHN) passiert. Mit einer großen Mehrheit verabschiedeten die Teilnehmer der Kirchensynode in Frankfurt eine Erklärung, in dem die Vertreterinnen und Vertreter bei der queeren Community um Vergebung bitten und eigene Fehler im Umgang mit Nicht-Hetereosexuellen eingestehen.

„Lesben, Schwule, Trans- und Intersexuelle haben in Gemeinden und Einrichtungen der EKHN Diskriminierung erfahren“, heißt es in diesem „Schuldbekenntnis“. Als Kirche habe sich die EKHN dagegen nicht gewehrt. „Schlimmer noch: Wir haben die Würde von Gottes Geschöpfen verletzt in Erklärungen und Verlautbarungen, welche sich einseitig auf ein nur binäres, heteronormatives und letztlich patriarchales Familienmodell bezogen.“ Heute erkenne die EKHN dieses Handeln als Irrtum an. Dadurch sei vielen Menschen „die geistige Heimat“ genommen und „schwere Verletzungen“ zugefügt worden.

Das nun verabschiedete Bekenntnis verstehe das EKHN als „weiteren wichtigen Schritt“ in der Akzeptanz der queeren Community in der Kirche. „Möge es ein neues Miteinander eröffnen, auch dort, wo unsere Kirche wissentlich oder unwissentlich verletzt hat.“

Die EKHN und die Queere-Community: Einige Meilensteine

Vor rund zwanzig Jahren ermöglichte die EKHN Segnungen für gleichgeschlechtliche Paare. Genau zehn Jahre vor dem Schuldbekenntnis konnten diese Segnungen als der „klassischen“ Ehe gleichgestellte Trauungen eingeführt. 2018 folgte dann eine Broschüre mit dem Titel „Zum Bilde Gottes geschaffen – Transsexualität in der Kirche“, deren Übersetzungen sich Angaben des EKHN zufolge bis nach Brasilien verbreitete.

Kirche in der Krise: Zahlreiche Austritte beim EKHN

Wie die Kirche in weiten Teilen Deutschlands verzeichnet auch die EKHN zahlreiche Austritte. Im vergangenen Jahr verließen so viele Menschen wie noch nie seit der Gründung 1947 die Kirche, wie Kirchenpräsident Volker Jung zum Auftakt der Synode in Frankfurt erklärte. Etwa 30.000 Menschen haben die Kirche demnach verlassen, ökonomische Belastungen und sexualisierte Gewalt seien unter anderem die Gründe.

Während die evangelische Kirche im Bezug auf die queere Community Schritte nach vorne macht, hat sich die katholische Kirche lange im Kreis gedreht. Beim Kirchentag in Frankfurt 2021 hat sich zumindest bei der Segnung homosexueller Menschen etwas bewegt – diese Impulse zeigten 2023 Wirkung. Im März beschloss die Synodalversammlung in Frankfurt, dass zumindest die Segnung homosexueller Paare erlaubt sein soll. (spr)

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