Gerichtsurteil: Käse ohne Milch ist kein Käse

Der EuGH ist eigentlich dazu da, Klarheit zu schaffen. Doch mit seinem jüngsten Urteil stiftete das Luxemburger Gericht wohl eher Verwirrung. Denn konsequent ist es nicht.
Eigentlich logisch: Tofu ist kein Käse. Doch für Hersteller veganer Lebensmittel gleicht das jüngste Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) einem Paukenschlag. Denn die Luxemburger Richter entschieden, dass rein pflanzliche Produkte, die Milchprodukte in Form, Farbe und Konsistenz nachahmen, sich künftig nicht mehr so nennen dürfen.
Alles begann mit einer Klage des Verbands Sozialer Wettbewerb vor dem Trierer Landgericht. Der deutsche Verein hatte einige Produkte der Firma TofuTown ins Visier genommen. Diese stellt vegane Lebensmittel her und bewirbt diese mit Bezeichnungen wie „Tofubutter“, „Pflanzenkäse“ oder dem etwas hipper klingenden „Veggie-Cheese“ – auch Sprühsahne aus Reis gehört zum Sortiment.
Der Hersteller sah sich im Recht, umschrieb er seine Produkte doch durch entsprechende Wortkombinationen als Lebensmittel pflanzlichen Ursprungs. Doch das reicht nicht, stellten die europäischen Richter nun fest.
Veganer Markt wächst
Bereits 2013 hatte die EU ein entsprechendes Gesetz verabschiedet, das auf die Problematik des immer stärker wachsenden veganen Markts eingeht. Demnach ist die „Bezeichnung Milch grundsätzlich allein der tierischen Ursprungs vorbehalten“, betonten die Richter. Das gelte auch für alle daraus hergestellten Lebensmittel beziehungsweise Begriffe wie Rahm, Sahne, Butter, Joghurt und eben Käse. Ausnahmeregelungen gibt es lediglich für traditionelle Produkte wie die französische „Crème de riz“, eine Art Reisbrei, der ebenso wenig tierischen Ursprungs ist wie Tofu, oder etwa das typische alkoholische Getränk, die Irish Cream. In Italien gibt es die „Latte di mandorla“ zu kaufen, darf in Deutschland aber nicht als „Mandelmilch“ über den Ladentisch gehen. Dafür ist Kokosmilch hierzulande ebenso erlaubt wie die Erdnussbutter oder der Leberkäse.
Insgesamt sind EU-weit 21 solcher Ausnahmen aufgeführt. Im vorliegenden Fall greifen diese aber nicht. „Die Verwendung klarstellender oder beschreibender Zusätze, die auf den pflanzlichen Ursprung des betreffenden Produkts hinweisen, hat keine Auswirkungen auf dieses Verbot“, stellte das Gericht fest.
Verbraucher schützen
Dahinter steht der Schutz des Verbrauchers, der durch irreführende Produktbeschreibungen zum Kauf verleitet werden könnte. Vereinfacht gesagt: Wenn ein veganer, gelb gefärbter Tofublock also Käse heißen darf, könnte eine „Verwechslungsgefahr in der Vorstellung des Verbrauchers nicht mit Sicherheit ausgeschlossen werden“, argumentierten die Richter.
Dennoch ist die Regel nicht konsistent, wenn man sie mit jenen für Hersteller veganer Fleischalternativen vergleicht. Denn diese dürfen sehr wohl ihre Waren als „Veggie-Schnitzel“ oder „Tofu-Burger“ anpreisen – bis hin zur vegetarischen Lyoner: zum Ärger einiger Interessensgemeinschaften wie zum Beispiel dem Deutschen Bauernverband, der nach dem Urteil unmittelbar eine entsprechende Nachbesserung in Sachen Fleisch forderte: Eine „Nachschärfung der Regelungen und ein eindeutiges Bekenntnis zum Original“ seien dringend nötig, hieß es.
Die Firma, gegen die der Verband auf Unterlassung geklagt hatte, könne sich dennoch nicht auf „Ungleichbehandlung berufen“, erklärte der EuGH.