Aufnahme von Ukraine-Flüchtlingen könnte Hessen bis zu 800 Millionen Euro kosten

Die Fluchtbewegung aus der Ukraine stellt Hessen vor große Aufgaben – auch finanziell. Das machte Volker Bouffier (CDU) am Freitag (08.04.2022) deutlich.
Zusammenfassung: Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) hat die Beschlüsse der Ministerpräsidentenkonferenz zur Aufnahme von Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine als „vertretbaren Kompromiss“ bezeichnet. In einer Presserunde am Freitagmittag (08.04.2022) rechnete der Landeschef vor, dass 120 Millionen Euro aus den Geldtöpfen des Bundes ans Land Hessen fließen sollen.
40 Millionen gibt‘s für bereits entstandene Kosten im Zuge der Fluchtbewegung aus der Ukraine heraus und 80 Millionen Euro für die Integration der Neuankömmlinge in Kitas und Schulen. Das sei zwar eine „beachtliche Summe“, so Bouffier, „aber ob es reicht, muss man sehen.“ Die Beträge seien ein Bruchteil dessen, was das Land Hessen bereits aufgewendet habe. Die Kommunen erhalten Gelder aus einem dritten bundesweiten 500-Millionen-Euro-Topf.
Ukraine-Geflüchtete in Hessen: Wohnraum für Bouffier größte Herausforderung
Je nachdem, wie sich der Ukraine-Konflikt entwickelt, rechnet Bouffier damit, dass Hessen für die Flüchtlingsfragen mindestens 400 Millionen Euro in diesem Jahr aufbringen muss, wahrscheinlicher seien aber Summen zwischen 700 und 800 Millionen Euro, hieß es auf der digitalen Pressekonferenz. Größte Herausforderung sei es, auf lange Sicht Wohnraum bereitzustellen. Allein die Zahl der registrierten Ukrainer in Hessen liege derzeit bei mehr als 10.000 Menschen. Die Dunkelziffer ist jedoch immens.
Bouffier gab sich beeindruckt und dankbar, ob der vielen privaten Helfer in Hessen, prognostizierte aber, dass diese auf Dauer die Last nicht stemmen könnten. Er sieht die Kommunen und das Land in der Pflicht, für die geflüchteten Ukrainer Wohnraum bereitzustellen. Man wolle deshalb ausgewählte Bauvorschriften abschwächen. So sollen in den Gemeinden schneller neue Unterkünfte und Wohnmöglichkeiten entstehen.
Hessens Ministerpräsident spricht bei Presserunde über Ukraine-Flüchtlinge
+++ 11.55 Uhr: Die Presserunde mit Volker Bouffier ist beendet. Eine Zusammenfassung der wichtigsten Punkte lesen Sie in Kürze hier.
+++ 11.54 Uhr: „Wir haben aus der Flüchtlingskrise 2015/16 gelernt“, sagt Bouffier auf die Frage nach der langfristigen Unterbringung der Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine. Der erste Schritt sei, sich um die Menschen zu kümmern, die in den Erstaufnahmeeinrichtungen angekommen sind und diese auf die Kommunen zu verteilen. Aufgabe sei es, Wohnraum zu schaffen. Es brauche zusätzliche Räumlichkeiten. Sonst sieht Bouffier wegen der großen Konkurrenz auf dem Wohnmarkt die Gefahr sozialer Unruhen. Es liefen derzeit Gespräche mit den Kommunen über Wohnraum für Flüchtlinge. Man habe sich deshalb auf die Aufhebung verschiedener Bauvorschriften geeinigt, um flexibler reagieren zu können.

+++ 11.47 Uhr: Der Bund hat sich laut Bouffier verpflichtet, die Kosten für die medizinische Versorgung in Bezug auf Corona bis auf Weiteres zu übernehmen. Sonst sei Corona beim Bund-Länder-Gipfel kein „Gegenstand der Debatte gewesen“.
Aufnahme von Ukraine-Flüchtlingen wird große Finanzaufgabe für Hessen
+++ 11.45 Uhr: Das Land Hessen rechnet mit rund 2500 Euro Unterbringungskosten pro Monat und Flüchtling. Der Hessische Städtebund geht von rund 3500 Euro aus. Die Zahlen seien mit Vorsicht zu genießen, so Bouffier. Die Wahrheit liege möglicherweise in der Mitte.
+++ 11.42 Uhr: Auf Hessen sieht Bouffier mindestens 400 Millionen Euro an Kosten im Jahr 2022 zukommen. Realistischer seien 700 bis 800 Millionen Euro. Je nachdem, wie sich die weitere Lage entwickle. Als größte Aufgabe sieht er die Wohnraumbeschaffung. Auf Dauer rechnet er damit, dass die Last der Unterbringung viele freiwillige Helfer überfordere.
+++ 11.40 Uhr: Bouffier ist enttäuscht, dass Bund und Länder sich nicht auf Maßnahmen für Flüchtlinge aus anderen Ländern einigen konnten. Entscheidungen in dieser Sache seien auf Monate aufgeschoben worden. In Hessen stiegen aber seit einiger Zeit die Flüchtlingszahlen insgesamt, nicht nur aus der Ukraine. Es mangele so an Planungssicherheit.
Aufnahme von Ukraine-Flüchtlingen: Hessen bekommt rund 120 Millionen Euro
+++ 11.36 Uhr: Hessen erhält rechnerisch rund 40 Millionen Euro aus den Geldern, die der Bund für die Länder bereitstellt. Das sei eine „beachtliche Summe, aber ein Bruchteil dessen, was wir bereits aufgewendet haben“, sagte Bouffier. Nochmal 80 Millionen gibt es aus dem Pool für Schulen und Integration. Diese Summe sei ebenfalls „beachtlich“. Unter dem Strich bleibe aber vieles an den Ländern hängen, so Bouffier. „Ob es reicht, wird man sehen.“
+++ 11.35 Uhr: Bouffier hätte sich mehr Geld für die Kommunen gewünscht. Den Beschlüssen zufolge sollen sie 500 Millionen für die Flüchtlingsunterbringung zu erhalten.
+++ 11.34 Uhr: Bouffier sagt, es sei nicht abzusehen, wie sich die Zahl der Flüchtlinge entwickle. Im November wolle man nochmal zusammen kommen, um über die Situation zu reden. Die jetzt getroffenen Beschlüsse der Bund-Länder-Runde halte er für „einen vertretbaren Kompromiss“, wenn er sich in Teilen auch „klarere Ergebnisse“ gewünscht hätte.
+++ 11.31 Uhr: Im Mittelpunkt der Beratungen habe gestanden, wie man mit der „nationalen Aufgabe“ der Flüchtlingsaufnahme bestmöglich umgehe, so Bouffier.
+++ 11.30 Uhr: Das Pressestatement von Bouffier beginnt.
Wiesbaden – In der Ukraine tobt der Krieg. Täglich kommen immer noch rund 3000 Geflüchtete in Deutschland an. Deren Aufnahme will möglichst gut organisiert sein. Bis zum späten Donnerstagabend (07.04.2022) verhandelten Bund und Länder über Fragen der Verteilung und der Versorgung. Was die Ergebnisse des Treffens zwischen den Länderchefs und Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) konkret für Hessen* bedeuten, will Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) am Freitag (08.04.2022) erläutern.
Am Vormittag gibt Bouffier ein digitales Pressestatement ab, dessen wichtigste Punkte wir hier in einem Live-Ticker zusammentragen. Im Vorfeld der Gespräche mit der Bundesregierung, die sich später zu zähen Verhandlungen auswuchsen, hatte Bouffier betont, das Land Hessen und die hessischen Kommunen könnten die Kosten für die Unterbringung und Versorgung der Kriegsflüchtlinge nicht alleine schultern. In Berlin wurde diese Botschaft offenbar vernommen.
Bouffier über Aufnahme von Ukraine-Flüchtlingen in Hessen: Was bislang bekannt ist
Aus den Bund-Länder-Beratungen zum Umgang mit den Kriegsflüchtlingen sind zwei zentrale Punkte hervorgegangen:
- Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine sollen ab Juni staatliche Grundsicherung erhalten, also die gleichen Leistungen wie etwa Hartz-IV-Empfänger. Sie erhalten damit höhere Leistungen und eine bessere Gesundheitsversorgung als bislang. Außerdem bekommen sie früher Unterstützung bei der Integration in den Arbeitsmarkt und haben mit den Jobcentern eine zentrale Anlaufstelle für ihre Belange.
- Der Bund stellt insgesamt zwei Milliarden Euro für die Unterbringung der Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine bereit: 500 Millionen für die Kommunen für kommende Aufgaben, weitere 500 Millionen für bereits entstandene Kosten in den Ländern und eine Milliarde für die Integration in Kitas und Schulen.
Deutschland hat bislang deutlich über 300.000 Menschen aus der Ukraine aufgenommen. Eine genaue Zahl liegt nicht vor, da die Kriegsflüchtlinge visumfrei einreisen durften und häufig bei Freunden oder Verwandten unterkamen. Im März hat die Fluchtbewegung ihren bisherigen Höhepunkt, als täglich etwa 15.000 Neuankömmlinge eintrafen. Der Hessische Städtetag sieht für die Unterbringung und Integration der Ukrainer einen Finanzbedarf von 3500 Euro pro Monat und Flüchtling. (ag mit dpa)