Info: Geringe Beteiligung und wenig Macht für die Gewählten
Seit dem Mai 1993 werden in Hessen Bürgermeister und Landräte direkt von den Bürgern gewählt. Der Euphorie über diesen Ausdruck direkter Demokratie folgte parteiübergreifend bei vielen Betroffenen
Seit dem Mai 1993 werden in Hessen Bürgermeister und Landräte direkt von den Bürgern gewählt. Der Euphorie über diesen Ausdruck direkter Demokratie folgte parteiübergreifend bei vielen Betroffenen im Verlauf der folgenden Jahre der Frust darüber, dass die Bürgermeister-Direktwahlen eine Bedeutung dieses Amtes suggerieren, die es gar nicht hat. Anders als etwa in Baden-Württemberg hat das Stadtoberhaupt in Hessen nämlich kein Weisungsrecht gegenüber den für die verschiedenen Sachgebiete zuständigen Dezernenten. Der Magistrat ist lediglich ein Kollegialorgan, in dem der Verwaltungschef Gleicher unter Gleichen ist. Die Forderung vieler Oberbürgermeister, Bürgermeister und Landräte, ihnen ein Weisungsrecht für Magistratsmitglieder oder Beigeordnete einzuräumen, hat im Innenministerium – egal wer dort gerade Chef war und ist – bislang keine Unterstützung gefunden. Daran hat auch nicht geändert, dass das Interesse der Bürger an den Urwahlen oft nur gering ist, was Zweifel an der demokratischen Legitimation eines mit lediglich einem Viertel der abgegebenen Stimmen direkt gewählten Kandidaten schürt. Andererseits ist dieses sicher auch ein Grund, warum viele unabhängige Kandidaten ihre Chancen bei den Direktwahlen suchen und oft finden. Die Stimmen, die sich für eine Abschaffung der Direktwahlen einsetzen, sind nicht eben laut vernehmbar. Die unmittelbare Wahl, so konstatieren selbst Kritiker, sei in der Welt und werde nicht mehr abgeschafft, denn wer wolle sich schon offen gegen Basisdemokratie stellen und den Bürgern zu mehr Mitsprache zu verhelfen?
Aussichtsreicher sind unterdessen Überlegungen, die direkt zu vergebenden Ämter aufzuwerten. Kreistag und Gemeindevertretungen beschließen über die wichtigsten lokalen Fragen. Der Bürgermeister leitet laut Hessischer Gemeindeordnung dagegen lediglich die Gemeindeverwaltung. Er bestimmt die Organisation und legt die Geschäftsverteilung der Beigeordneten fest. Der Bürgermeister ist zudem Vorgesetzter, Dienstvorgesetzter und oberste Dienstbehörde der Gemeindemitarbeiter. Nach Einschätzung von nicht wenigen Verwaltungsrechtlern sind derartige Funktionen und Tätigkeiten verzichtbar. red