Video aus Zuchtanlage zeigt Tierleid: Zoohandel in Gartencenter in der Kritik
Ein Video zeigt die Bedingungen in einer Zuchtfarm von Kleintieren wie Hamster und Vögel. Deshalb protestiert die Tierschutzorganisation Peta bundesweit vor Dehner-Märkten.
Weiterstadt - Das süße braungescheckte Zwergkaninchen kostet 70 Euro, der drollige Zwerghamster 25 Euro und die weiße Maus gibt es schon für 2,50 Euro. Im Gartencenter Dehner in Weiterstadt (Landkreis Darmstadt-Dieburg) wird zwischen Zierfischen und Kanarienvögeln eine große Auswahl an kleinen Nagetieren in hübsch gestalteten Käfigen angeboten. Doch wo kommen die Tiere eigentlich her und unter welchen Bedingungen werden sie gezüchtet?

Tierschutzorganisation Peta protestiert in Weiterstadt gegen Verkauf der Tiere bei Dehner
„Bevor die Kleintiere wie Ware zum Verkauf angeboten werden können, erkranken und sterben viele bereits in den Zuchtanlagen“, sagt Ayshea Kelly, Aktionskoordinatorin bei Peta. Die Tierschutzorganisation protestierte am Mittwoch vor Ort gegen den Verkauf und die Zucht der Tiere. Eine Aktivistin hatte sich dafür als Kaninchen verkleidet in einen Käfig pferchen lassen.
In den Zuchtbetrieben würden die Tiere in großer Zahl in kleinen Plastikboxen gehalten, so Kelly. Videoaufnahmen, die laut Peta aus dem Jahr 2022 stammen und in Zulieferbetrieben gefilmt worden sein sollen, zeigen die Missstände: Hamster, Mäuse, Kaninchen, Meerschweinchen und Vögel sind in enge Behälter gesperrt, die auch übereinander gestapelt sind, in Räumen teilweise ohne Tageslicht. Unter Stress und ohne jede Rückzugsmöglichkeit versuchen die Tiere aus den Käfigen zu klettern. Sie krabbeln durcheinander oder sitzen apathisch da. Laut Peta sollen dazwischen auch immer wieder tote und kranke Tiere sein.

30 Protestaktionen hat Tierschutzorganisation Peta schon deutschlandweit organisiert
Report Mainz hatte im Dezember 2022 darüber erneut berichtet. Erstmals hatte das ARD-Magazin nach Hinweisen von Peta 2015 die Vorgänge in Zuchtanlagen aufgegriffen. Laut der Tierschutzorganisation hat sich seither wenig geändert.
„Aus diesen Anlagen beziehen deutschlandweit bekannte Baumärkte, Gartencenter und Zoohandelsketten Tiere für den Verkauf in ihren Filialen – darunter auch die Gartencenter-Kette Dehner“, lautet der Vorwurf von Peta. Die Organisation habe die Verantwortlichen bereits kontaktiert. Doch trotz der klaren Tierschutzverstöße wolle Dehner den Verkauf der Tiere fortführen. Deshalb sei es bereits die 30. Protestaktion bundesweit, die in diesem Jahr vor einer der Dehner-Filialen stattfindet. „Und wir machen weiter“, sagt Kelly.
Dehner-Gruppe bestreitet die Vorwürfe der Tierschutzorganisation
Auf Anfrage der Frankfurter Rundschau teilte Dehner mit Sitz im schwäbischen Rain (Landkreis Donau-Ries) mit: „Die Berichterstattung ist irreführend und falsch.“ Die von Peta veröffentlichten Aufnahmen und Bilder seien nicht aktuell und spiegelten die Situation bei den Dehner-Lieferanten in keinster Weise wider.
In den Aufnahmen würden Transportboxen fälschlicherweise als Haltungseinrichtung dargestellt. Darüber hinaus werde „Dehner im Zusammenhang mit Betrieben genannt, die weder in der Vergangenheit noch zum jetzigen Zeitpunkt Geschäftspartner von Dehner waren/sind“. Allerdings zeigt das Video auch Aufnahmen von Lieferpapieren, aus denen hervorgeht, dass Dehner durchaus von einem Zoohandel, dessen Name der Redaktion bekannt ist, beliefert wurde. Aus diesem sollen die jüngsten Aufnahmen stammen.Dehner teilte auf Nachfrage mit, man wolle die Papiere zuerst prüfen. Eine Anfrage an den Zuchtbetrieb zu den Haltungsbedingungen blieb zunächst unbeantwortet.
Dehner-Gruppe verweist auf Regeln des Tierkodex
Dehner betreibt 130 Märkte und betonte, dass die Auswahl der Geschäftspartner und die Beschaffung von Kleintieren vom Unternehmen zentral für Deutschland und Österreich gesteuert und kontrolliert werde. „Dabei gelten die strengen Regeln des Dehner-Tierkodex, der unter anderem vorsieht, dass Tiere ausschließlich von zertifizierten Züchtern zugekauft werden.“ Geprüft würden Sachkunde des Züchters, Räumlichkeiten, Gehege, Versorgung der Tiere, artgerechte Haltung und tierärztliche Bestandsbetreuung. Die Tiere werden laut Dehner in den Filialen nach ihrer Ankunft vom Züchter von einem Tierarzt untersucht. „Kranke und auffällige Tiere werden sofort in den Quarantäneraum/die Krankenstation gebracht und dem Haustierarzt vorgestellt und gelangen bis zu ihrer Genesung nicht in den Verkauf“, so Dehner.
Dehner zeigte sich überzeugt, dass ein Tierverkauf auf Grundlage dieser hohen Standards dazu beitrage, dass sich der Handel mit Tieren nicht auf Online-Plattformen und in illegale Kofferräume verlagere, wo Tiere unter qualvollen Bedingungen schon heute vermarktet würden.
Peta fordert indes, den Tierverkauf umgehend zu stoppen, „denn Tiere sind keine Ware“, so Kelly. Auch appellieren die Tierschützer:innen an Kundinnen und Kunden, die Vermehrung durch Zucht nicht mit einem Kauf zu unterstützen. In Tierheimen lebten derzeit etwa 350 000 Tiere. „Sie alle suchen ein neues Zuhause“, so Kelly. (Claudia Kabel)
Milliarden von lebenden Tieren werden innerhalb der EU sowie in oder aus Drittstaaten transportiert. Doch die geltenden Tierschutzvorschriften werden nicht immer eingehalten.