Lärmpause – und kaum einer hat's gemerkt

Gestern begann der Probebetrieb für die Lärmpausen am Frankfurter Flughafen. Zunächst war befürchtet worden, Ostwind würde den Planern einen Strich durch die Rechnung machen. Doch der Wind blies gerade noch lange genug aus westlicher Richtung, um den Test zu starten. Die erste Bilanz fiel sehr unterschiedlich aus.
Erstmals seit langem herrschte auf der Südbahn des Frankfurter Flughafens am Donnerstagmorgen Stille – jedenfalls von fünf bis sechs Uhr. In dieser Stunde nach dem Ende des offiziellen Nachtflugverbots gelten die von Hessens Wirtschaftsminister Tarek Al-Wazir (Grüne) durchgesetzten Lärmpausen ebenso wie in der Nachtrandstunde von 22 bis 23 Uhr am Abend. Abends ruht allerdings dann die Nordwestbahn.
Der Probebetrieb am ersten Morgen „hat wie geplant stattgefunden“, bestätigte gestern Ute Otterbein, Sprecherin der Deutschen Flugsicherung (DFS). Es sei allerdings sehr knapp gewesen. Hätte der Wind zwei Stunden früher gedreht, hätten wir die Erprobung verschieben müssen“, erklärte Otterbein.
Das von der Fluglärmkommission ausgewählte Modell für die Lärmpausen gilt nur bei Westwind. Nachdem der Wind in den vergangenen Tagen aber meist aus Richtung Osten blies, war befürchtet worden, der Probebetrieb könnte zunächst gar nicht stattfinden. Doch der nächtliche Westwind hat gerade lange genug angehalten, um den Bürgern von Neu-Isenburg die erste Lärmpause am frühen Morgen zu bescheren. Schon um 6.50 Uhr drehte der Wind wieder in Richtung Ost.
Das ist auch der Grund dafür, dass der positive Effekt in Neu-Isenburg kaum wahrgenommen wurde. Von 6.50 Uhr an wurde nämlich wegen der geänderten Windrichtung gen Osten gestartet – und das ist für die Isenburger mit der größten Lärmbelastung verbunden. Außerdem ist auch der Lärm von der benachbarten Centerbahn im südlichen Stadtgebiet deutlich hörbar.
Nicht wahrgenommen
So resümiert Nick Timm, Sprecher der Neu-Isenburger Bürger gegen Fluglärm: „Wir waren so sehr beeinträchtigt durch die Starts, die wesentlich mehr stören als Landungen, dass ich die Lärmpause in den Stunden davor gar nicht wahrgenommen habe. Wenn man sein Leben lang in der Einflugschneise gewohnt hat, steht man nachts nicht mit der Stoppuhr da.“
Ähnlich bewertet eine Hausbesitzerin aus dem Isenburger Süden die Lage. Sie sei an den Lärm gewöhnt. Deshalb nehme sie kleine Veränderungen gar nicht wahr. „Außerdem haben wir ohnehin Schallschutzfenster“, ergänzt sie.
Neu-Isenburgs parteiloser Bürgermeister Herbert Hunkel wollte gestern noch nicht Stellung nehmen zur neuen Lärmentwicklung.
Nick Timm hält die Lärmpausen insgesamt für „eine nicht ganz ausgegorene Geschichte“. Frankfurt und Offenbach würden stärker entlastet, Neu-Isenburg hingegen sogar noch bestraft. Abends müssen die Bewohner seiner Stadt nämlich sämtliche Landungen nach 22 Uhr über ihren Köpfen ertragen, während die Nordwestbahn geschlossen wird.
Auch die Linkspartei im Hessischen Landtag weist auf Zusatzbelastungen hin. Gestern morgen sei der zusätzliche Lärm erstmals in Teilen des Main-Kinzig-Kreises spürbar gewesen, berichtete Fraktionschefin Janine Wissler. „Es bleibt dabei: die Lärmpausen sind eine Mogelpackung“, resümierte auch der FDP-Landtagsabgeordnete Jürgen Lenders.
Wichtiges Etappenziel
Der Initiator der Lärmpausen selbst bewertet das Projekt ganz anders: Als „einen Gewinn für die Anwohner des Frankfurter Flughafens“ bezeichnet der Wirtschaftsminister den Beginn der Erprobung und spricht von einem „wichtigen Etappenziel“. „Natürlich werden durch die Bündelung von Starts und Landungen auch Anwohner zeitweilig mehr belastet“, räumte Al-Wazir ein. Aber das seien deutlich weniger, die zudem größtenteils zu anderen Zeiten dafür entlastet würden. „Die Lärmpausen sind ein wichtiger Baustein der Entlastung der Region von Fluglärm. Aber sie sind eben nur ein Baustein in unseren Anstrengungen. Die Einführung einer Lärmobergrenze sei „das zentrale und wirkmächtigste Instrument zur Deckelung des Fluglärms“, betonte der Minister.
Nach Angaben seines Ministeriums werden die Lärmpausen nun von einem wissenschaftlichen Monitoring begleitet. Neben der Auswertung der tatsächlichen Flugbewegungen und der Lärmmessungen sollen auch Bewohner in den Anflugschneisen befragt werden.