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Lebenslang gefordert für Vater wegen Mordes an Kindern

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Gerichtsmikrofone
Mikrofone und Kopfhörer auf einem Tisch in einem Gerichtssaal. © Jonas Walzberg/dpa/Symbolbild

Geplant und heimtückisch sei ein Mann vorgegangen, um das Leben seiner Tochter und seines Sohnes zu beenden, sagt der Staatsanwalt in seinem Plädoyer. Es sei um Rache an seiner Frau gegangen, die sich von ihm getrennt hatte. Das Urteil in dem Fall wird am Freitag verkündet.

Hanau - Der Angeklagte bedeckt das Gesicht mit seinen Händen und blickt vor sich auf den Tisch. Die Tat, die dem 48-Jährigen vor dem Landgericht Hanau zur Last gelegt wird, hatte vor knapp einem Jahr bundesweit für Bestürzung gesorgt: Er soll seine sieben und elf Jahre alten Kinder ermordet haben, um seine Frau zu bestrafen, die sich von ihm getrennt hatte. Am Montag beantragte die Staatsanwaltschaft lebenslange Haft mit der Feststellung der besonderen Schwere der Schuld. Damit wäre eine vorzeitige Entlassung aus dem Gefängnis nach 15 Jahren nahezu ausgeschlossen.

Der Inder habe kaltblütig seine Tochter ermordet, daraufhin sei sein Sohn aus Todesangst vom Balkon der Familienwohnung neun Stockwerke in die Tiefe gesprungen, sagte der Vertreter der Anklage in seinem Plädoyer vor dem Landgericht. Möglicherweise habe das Kind auf eine aufgespannte Markise als Rettung gehofft.

Den zweifachen Mord am 11. Mai vergangenen Jahres in Hanau habe der Angeklagte akribisch vorbereitet, sagte Staatsanwalt Oliver Piechaczek. Die Trennung sei für den narzisstisch veranlagten Mann eine Bankrotterklärung gewesen, sie habe nicht zu seinem Weltbild gepasst: Er habe Frau und Kinder als sein Eigentum betrachtet.

Es handelte sich den Angaben zufolge um eine arrangierte Ehe, das Paar kannte sich zuvor nicht. Es lebte seit 2016 in Deutschland und holte die Kinder 2021 aus Indien nach. Der Staatsanwalt sprach von einem Klima häuslicher Gewalt, sowohl gegenüber der Frau als auch gegenüber den Kindern, die große Angst vor ihrem Vater gehabt hätten.

Am Tattag habe der Angeklagte gewartet, bis seine Frau die Wohnung verließ und vor der Tür gelauert, bis die sieben und elf Jahre alten Kinder diese öffneten, um zur Schule zu gehen. In der Wohnung habe er seine Tochter auf ein Bett gedrückt und ihr vermutlich mit einem mitgebrachten Messer zweimal tief in den Hals geschnitten. Der Sohn wurde beim Sprung vom Balkon schwer verletzt. Passanten entdeckten das Kind, das kurz darauf im Krankenhaus starb. Der Vater floh und wurde am 14. Mai in einen Vorort von Paris gefasst. Seitdem sitzt er in Haft.

Der Rechtsstaat müsse klar Flagge zeigen, um die Grundwerte zu verteidigen, die beinhalteten, dass sich eine Frau von ihrem Mann trennen könne, sagte der Staatsanwalt. Er sprach von einem heimtückischen Mord aus niedrigen Beweggründen.

Dem stimmte die Anwältin der Mutter der Kinder zu, die in dem Prozess als Nebenklage auftritt. Ihre Mandantin wischte sich während den Ausführungen der Staatsanwaltschaft immer wieder die Tränen mit einem Taschentuch ab. Die Anwältin kritisierte zudem das städtische Jugendamt, das auf Anzeichen beim Vater nicht angemessen reagiert habe. Seine Gewalttätigkeit sei polizeibekannt gewesen. Ihr Mandantin sei zu wenig unterstützt worden.

Nach Bekanntwerden der familiären Probleme war das Hanauer Jugendamt aktiv geworden und hatte eine sozialpädagogische Familienhilfe organisiert. Noch kurz vor der Tat hatte auch der Kommunale Soziale Dienst (KSD) Hanaus von dem beauftragten Träger der Familienhilfe die Rückmeldung erhalten, „dass sich das familiäre Verhältnis wohl verschlechtert habe“, wie die Stadt Hanau seinerzeit bekanntgegeben hatte.

Die Verteidigung stellte keinen konkreten Antrag, wies aber darauf hin, dass die genauen Vorgänge in der Wohnung am Tattag nicht aufgeklärt worden seien. Es sei unklar, was den Sohn zu seinem Sprung veranlasste. Vielleicht sei er gesprungen, bevor es zu der Attacke auf die Tochter kam. In seinem Fall komme deshalb auch Tötung durch Unterlassen oder fahrlässige Tötung infrage, sagte Anwalt Stefan Bonn. Unklar sei auch, ob sein Mandant nicht mit dem Vorhaben zur Wohnung kam, zumindest zu versuchen, die Kinder nach Indien zu bringen.

„Ich bedauere den Tod meiner beiden Kinder“, sagte der Mann seinem Übersetzer zufolge in seinem letzten Wort vor Gericht. In einer früheren, von seinem Verteidiger verlesenen Erklärung, hatte er eingeräumt, dass seine beiden Kinder wegen ihm zu Tode gekommen seien. Für das dadurch verursachte Leid trage er allein die Verantwortung. „Meine Tat ist unentschuldbar“, hatte der Angeklagte erklären lassen. Das Urteil soll am Freitag verkündet werden (14 Uhr). dpa

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