Mehr Schlaf am Flughafen?

Sechs Stunden Ruhe verschafft das Nachtflugverbot den Menschen rund um den Frankfurter Flughafen. Geht noch eine Stunde mehr? Hessens Landesregierung will das herausfinden und lässt ein Pausenmodell testen – doch der Krach pausiert nicht wirklich.
Von SABINE RÄNSCH (DPA)
Seit einem halben Jahr ist der Frankfurter Flughafen im Lärmpausen-Test. Bei Westwind werden vor und nach dem Nachtflugverbot – zwischen 22 und 23 Uhr und zwischen 5 und 6 Uhr – nicht alle Bahnen für Starts und Landungen genutzt. Damit sollen Anwohner eine zusätzliche Stunde Ruhe bekommen, obwohl kein Flug wegfällt. Die einjährige Probephase hat am 23. April begonnen.
„Zufriedenstellend“
Technisch ist das erste Test-Halbjahr aus Sicht der Deutschen Flugsicherung (DFS) zufriedenstellend gelaufen. Bis Mitte Oktober sei das Modell in 90 Prozent der möglichen Zeiträume angewendet worden, sagt DFS-Sprecher Axel Raab. Ob das Pausenmodell den gewünschten Effekt am Boden hat, soll erst nach einem vollen Jahr bewertet werden. In die Bewertung soll auch eine Befragung von Anwohnern einfließen.
Kein großer Aufwand
Hessens Wirtschaftsminister Tarek Al-Wazir (Grüne) geht davon aus, dass 40 000 Menschen vor allem im Frankfurter Süden entlastet werden. Vom Verlauf der ersten sechs Monate fühlt er sich bestätigt: Auch in den verkehrsreichen Sommermonaten habe sich das Modell als praktikabel erwiesen, sagt er. „Es zeigt sich, dass beim Lärmschutz noch Potenziale zu heben sind, wenn alle Beteiligten konstruktiv zusammenarbeiten.“
Für die Fluglotsen sei die Bündelung der Bewegungen kein großer Aufwand, sagt DFS-Sprecher Raab. Wenn das Verkehrsaufkommen aber steige, könne es Kapazitätsprobleme geben, vor allem abends. Derzeit gebe es in den Randstunden vor und nach dem Nachtflugverbot morgens etwa 10 bis 15 Starts und 20 bis 35 Landungen, abends 45 bis 55 Starts und 12 bis 20 Landungen. Das macht zusammen bis zu 125 Flugbewegungen täglich. Maximal 133 Flugbewegungen hat das Bundesverwaltungsgericht 2012 in den Randstunden für zulässig erklärt.
Augenwischerei?
In den Augen der Fluglärmgegner sind die Pausen bloß Augenwischerei, denn der Lärm werde insgesamt nicht reduziert, sondern nur verlagert. „Lärmminderungen an einem Ort dürfen nicht durch Lärmverschiebungen an andere Orte erreicht werden“, heißt es in einem Positionspapier des Bündnisses der Bürgerinitiativen. Ausschließlich eine Reduzierung der Flugbewegungen könne wirklich Entlastung bringen – dazu sei auch eine Verringerung der Kapazität in Kauf zu nehmen, stellen die Fluglärmgegner fest.
Auch die SPD-Opposition in Wiesbaden ist nicht zufrieden: „Der Begriff „Lärmpausen“ ist hochtrabend und verspricht mehr, als er hält“, sagt der Fraktionsvorsitzende Thorsten Schäfer-Gümbel. „Von vornherein war klar, dass die Lärmpausen abhängig sind von Wind und Wetter und der Lärm nicht pausiert, sondern vor allem umverteilt wird.“ Zuverlässigkeit und Planbarkeit seien nicht hinreichend gegeben.
Die Fluglärmkommission hatte den Probebetrieb mit einem „neutralen“ Votum möglich gemacht. In dem Beschluss des Gremiums vom Januar werden zwar rein rechnerisch positive Effekte erwartet. „Dieser Vorteil geht aber einher mit starken Verschiebungen von Entlastungen und Neubelastungen“, heißt es dort. Deshalb wurde zu dem Probebetrieb nicht ausdrücklich aufgefordert.