Polizei fordert für Hessen ein Abschiebe-Gefängnis
Bislang bringt Hessen seine Abschiebehäftlinge im rheinland-pfälzischen Ingelheim unter. Jetzt denkt die Landesregierung über eine eigene Abschiebehaftanstalt nach. Die Polizei macht Druck.
Wenn abgelehnte Asylbewerber Deutschland verlassen müssen, geschieht das nicht immer freiwillig. Ein richterlicher Beschluss muss vorliegen; wer auch dann nicht zur Ausreise bereit ist, kommt bis zum Abflug in sein Heimatland in Abschiebehaft.
Das Land Hessen hat es sich da leicht gemacht: Es gibt hier kein Abschiebegefängnis. Früher hat man Abschiebehäftlinge in normalen Gefängnissen untergebracht, bis der Europäische Gerichtshof das 2014 verbot. Seither nutzt Hessen eine entsprechende Haftanstalt im nahe gelegenen Ingelheim (Rheinland-Pfalz).
Jetzt aber wird verstärkt Druck auf die CDU/Grüne-Landesregierung gemacht: Die Polizei in Hessen drängt auf eine eigene Abschiebehaftanstalt. „Angesichts der Flüchtlingszahlen ist das absolut dringlich“, fordert der Chef der Deutschen Polizeigewerkschaft in Hessen, Heini Schmitt.
Ins gleiche Horn stößt auch Andreas Grün, Vorsitzender der großen Gewerkschaft der Polizei Hessen: „Die Zahl der Abschiebehäftlinge sind steigend.“ Er hat sich sogar schon Gedanken darüber gemacht, wo eine Abschiebehaftanstalt gebaut werden könnte: Aus logistischen Gründen müsse sie „zentral im Land“ gelegen sein. In Mittelhessen könne er sich eine solche Einrichtung gut vorstellen.
Bislang werden Abschiebehäftlinge aus Hessen vor allem in Ingelheim untergebracht, teilweise auch in Büren (Nordrhein-Westfalen). Im Wiesbadener Innenministerium hieß es gestern, man prüfe den Bau eines Abschiebe-Gefängnisses. Details gebe es aber noch nicht.
Die Zahlen sprechen dafür: Tatsächlich gibt es immer mehr Abschiebehäftlinge. In Ingelheim wurden seit Anfang dieses Jahres insgesamt 245 Ausländer inhaftiert, davon kamen 127 aus Hessen. „Im ganzen letzten Jahr brachte Hessen nur 125 Abschiebehäftlinge zu uns“, sagt Astrid Eriksson vom rheinland-pfälzischen Integrationsministerium.
Allein gestern wurden 16 neue Abschiebehäftlinge aus Bayern, Saarland, Hessen und Nordrhein-Westfalen in Ingelheim eingeliefert. Zwar bezahlen die Länder für deren Unterbringung. Trotzdem hat man in Rheinland-Pfalz, so erfuhr diese Zeitung aus Ministeriumskreisen, kein großes Interesse daran, die „Abschiebestation“ für ganz Südwest-Deutschland zu sein.
In Baden-Württemberg hat die Politik schon reagiert und in Pforzheim eine Abschiebehaftanstalt in Betrieb genommen. Das Land Hessen ist jetzt im Zugzwang.
Die Parteien im Wiesbadener Landtag haben das Thema inzwischen aufgegriffen. So moniert der innenpolitische Sprecher der FDP, Wolfgang Greilich, dass Unstimmigkeiten zwischen Justiz- und Innenministerium „die zügige Einrichtung einer hessischen Abschiebeeinrichtung“ blockiere.
Jürgen Frömmrich, innenpolitischer Sprecher der Grünen, sagte dieser Zeitung: „Eine eigene Unterbringung in Hessen kann angesichts der gestiegenen Zahl von Flüchtlingen eine sinnvolle Lösung sein.“
Und auch Astrid Wallmann, die stellvertretende Fraktionsvorsitzende der CDU im Landtag, hält es für eine Option sei, eine eigene Abschiebehaftanstalt einzurichten. Sie verweist aber auch auf ein paar Zahlen: 2658 Ausländer wurden im letzten Jahr aus Hessen abgeschoben, 6666 kehrten freiwillig in ihre Heimat zurück. In diesem Jahr seien 1200 Abschiebungen und fast 5000 freiwillige Rückkehrer in Hessen registriert worden. Die Zahlen, sagt Wallmann, sprächen doch für eine „erfolgreiche Rückführungspolitik der Landesregierung“.