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„Altenpflege ist viel mehr als Popo abwischen“

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Von: Romina Kunze

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Azubis unter sich: Im Krifteler Seniorenheim gibt es einen separaten Lehrraum für die praktischen Einheiten der angehenden Pflegefachkräften.
Azubis unter sich: Im Krifteler Seniorenheim gibt es einen separaten Lehrraum für die praktischen Einheiten der angehenden Pflegefachkräften. © Sintje Beck

Angehende Pflegefachkräfte schätzen die Dankbarkeit der alten Menschen. PJZ-Autorin Sintje Beck sprach für die Junge Zeitung mit den Auszubildenden im Seniorenwohnheim Kursana in Kriftel.

Kriftel – Auszubildende im Seniorenwohnheim zu sein ist mehr als nur eine Aufgabe. Dies zeigte mir der Besuch im Seniorenwohnheim Kursana, wo ich die Möglichkeit bekam, mich mit vier Auszubildenden zu unterhalten. Besonders interessant war dabei, dass alle vier auf ganz unterschiedlichen Wegen eine Ausbildung im Seniorenwohnheim machen. Jan (33) war während seines Geschichtsstudiums eher zufällig „über einen Artikel gestolpert“, der ihn darin bestärkte, dass er doch eigentlich lieber mit Menschen arbeiten würde. Nach einem Praktikum hat er noch ein halbes Jahr Erfahrung gesammelt und nun seine Ausbildung zur Pflegefachkraft begonnen. Dass ihm der Beruf später viele Perspektiven ermöglicht, ist ein weiterer Aspekt, den Jan hervorhebt.

„Menschen zu helfen, ist ein sehr schönes Gefühl“, sagt Roxana, die eigentlich Recht und Verwaltung studiert hat und durch Gespräche mit ihrer Cousine noch einmal umgestiegen ist auf einen „Beruf mit Zukunft“, wie die 39-Jährige sagt. Nach der neu eingeführten dreijährigen Ausbildung zur Pflegefachfrau/-mann, auch Generalistik genannt, hat man viele Aufstiegsmöglichkeiten. Nicht nur im Bereich der Altenpflege, sondern auch in der Gesundheits- und Krankenpflege sowie in der Kinderkrankenpflege.

Durch den abwechslungsreichen Tagesablauf und das breitgefächerte Fachwissen, welches sie durch die Ausbildung erlangt, ist die Ausbildung zur Pflegefachfrau für Nikola sehr interessant. Dass in der Öffentlichkeit noch teilweise ein ganz falsches Bild über den Beruf der Altenpflegerin besteht, hat auch die 19-Jährige erfahren. „Das ist nicht nur Popo abwischen“, hat sie jenen gesagt, die etwas schräg schauten, als sie erzählte, dass sie die Ausbildung zur Pflegefachkraft macht.

Projekt Junge Zeitung: Unvorhersehbarer Tagesablauf

Das fesselnde und wertvolle am Beruf der Altenpflegerin, so Babette (32), sei die Anerkennung und die Dankbarkeit, die den Pflegern von den Bewohnern des Seniorenwohnheimes entgegen gebracht wird.

Während der Praxisphase, die sich mit Blockunterricht abwechselt, übernehmen die Auszubildenden schon sehr viele Aufgaben. An jedem Tag erwartet sie ein unterschiedlicher und vor allem unvorhersehbarer Tagesablauf. „Das macht den Beruf aber auch so abwechslungsreich“, sagt Nikola. Spannend findet sie, wenn die alten Menschen aus ihrem Leben erzählen. Als Altenpfleger, so sind sich alle vier einig, hat man nicht nur die Aufgabe, helfende Hände zu reichen, sondern auch ein offenes Ohr zu haben. Als Auszubildende im Seniorenwohnheim ist man Ansprechpartner vieler Bewohner.

Bessere Chancen durch neue Ausbildungsform

Seit 1. Januar 2020 hat sich die Pflegeausbildung geändert. Die Ausbildung ist generalistisch ausgerichtet. Das heißt konkret, dass die drei bisherigen Berufsbilder Altenpfleger, Gesundheits- und Krankenpfleger und Gesundheits- und Kinderkrankenpfleger abgeschafft und zu einem neuen, universellen Berufsbild zusammengefasst werden. In der generalistischen Ausbildung fließen fachliche Schwerpunkte aus allen drei bisherigen Pflegebereichen zusammen. So sind die Absolventen künftig für alle pflegerischen Tätigkeitsfelder ausgebildet. Dies eröffnet ihnen bessere Chancen auf dem Arbeitsmarkt.
Die generalistische Pflegeausbildung ist obendrein international angelegt: Der neue Berufsabschluss ist so konzipiert, dass er den EU-Anforderungen entspricht und damit auch europaweit anerkannt ist.

Behutsam werden die angehenden Fachkräfte jedoch auch auf die traurigen Momente in dem Altenheim vorbereitet, wenn Bewohner sterben. Dann sei es wichtig, „Nähe zu vermitteln und Distanz zu bewahren“, weiß Babette, die schon länger in der Altenpflege arbeitet und in Kürze ihre Fachkraftausbildung abschließen wird.

Projekt Junge Zeitung: Nah bei den Angehörigen

Gerade in diesen Momenten werde geschaut, was man Gutes tun kann, auch für die Angehörigen, sagt Stefanie Hoyer, Direktorin des Kusana-Hauses in Kriftel. Dort ist Ausbildungskoordinator Steffen Schmidt immer der Ansprechpartner für die angehenden Pflegefachkräfte. Ob sie schließlich im Altenheim bleiben, oder eher in die Krankenpflege, das entscheidet sich erst am Ende der Ausbildung. (PJZ-Autorin: Sintje Beck)

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