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Schlaflose Nächte und finanzielle Rückschläge

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Romano Morhard schneidet einer Kundin die Haare. Der Friseur und sein Team tragen bei der Arbeit weiterhin Masken. Seinen Kunden stellt er es frei. FOTO: Morhard
Romano Morhard schneidet einer Kundin die Haare. Der Friseur und sein Team tragen bei der Arbeit weiterhin Masken. Seinen Kunden stellt er es frei. FOTO: Morhard © Morhard

Die Friseure müssen seit dem Ausbruch des Coronavirus' viel Flexibilität aufbringen. Wie er und sein Team die Krise bislang durchgestanden haben, berichtet Romano Morhard im achten Teil unserer Serie über die Auswirkungen der Pandemie. Der 63 Jahre alte Unternehmer betreibt zwei Friseursalons im hessischen Dieburg und im bayerischen Mainaschaff.

Dieburg - "Wir haben alles menschenmögliche getan, um Infektionen im Salon zu vermeiden", betont Romano Morhard. Neben Masken "zu anfangs horrenden Preisen", Desinfektionsmitteln und Trennwänden zwischen den Waschbecken habe er für seine beiden Salons 25 000 Euro in Luftreiniger investiert. Auch jetzt noch tragen Morhards Mitarbeiter im Salon Masken. "Ich habe sie darum gebeten", erzählt der Friseur. Seinen Kunden stelle er es frei, die meisten entschieden sich aber auch dafür. Außerdem tausche er die Mitarbeiter zwischen seinen Salons nur noch nach einem negativen Testergebnis aus.

"Das alles hat mir als Unternehmer viele schlaflose Nächte bereitet", räumt er ein. Auch wegen der Sorge um seine 35 Mitarbeiter. "Als es losging, waren viele sehr panisch, die habe ich erstmal nach Hause geschickt", sagt Morhard. Zwei Mitarbeiter seien auch wegen der Pandemie vorzeitig in den Ruhestand gegangen oder hätten, obwohl sie länger arbeiten wollten, dann doch aufgehört. Für alle anderen habe er nur drei von vier Monaten Kurzarbeit in Anspruch genommen. Die restliche Zeit der Lockdowns habe er mit Urlauben überbrückt und seine Mitarbeiter in die Organisation der Wiedereröffnung eingebunden. "Unsere Kunden waren sehr verständnisvoll, aber nach den Lockdowns wollten auch alle schnell drankommen. Das war schwierig", erinnert sich Morhard schmunzelnd. Um den Kundenwünschen trotz Abstandsregeln und geringerer Salon-Belegung gerecht zu werden, habe er einen Schichtdienst eingeführt, von 6 bis 14 und von 14 bis 22 Uhr. "Das alles war schon eine große Belastung für uns", resümiert er. "Mein Team ist aber in der Krise noch enger zusammengewachsen und steht super gut da", freut er sich. Alle hätten sich beispielsweise freiwillig impfen lassen, lobt Morhard. Auch regelmäßige Tests seien für sein Team nach wie vor selbstverständlich. Entlassen habe er niemanden.

Wirtschaftlich habe die Pandemie seine Salons allerdings trotz der Finanzhilfen "um ein paar Jahre zurückgeworfen". Doch sein Familienbetrieb in der dritten Generation stehe "finanziell auf einem guten Fundament".

Vorbereitung auf "heißen Herbst"

Besonders schwierig sei auch die Ausbildung gewesen. So habe er oder seine Tochter sich während der Lockdowns allein mit den Auszubildenden getroffen. Treffe doch der Fachkräftemangel seine Branche ohnehin hart.

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Mit Blick auf den Herbst "bin ich in Habachtstellung", sagt Morhard. Von der Politik wünsche er sich "jetzt eine klare Strategie", betont er. Das sei wichtig, um besser planen zu können, zumal er sich mit seinen Salons in Dieburg und Mainaschaff auf unterschiedliche Regeln in zwei Bundesländern einstellen müsse.

In der Vergangenheit seien Entscheidungen oft sehr kurzfristig gefallen und hätten innerhalb weniger Tage umgesetzt werden müssen. "Auch die Kommunikation war oft schwierig", bemängelt Morhard und hofft künftig auf einen geregelteren Ablauf. Zur Sicherheit fange er jetzt schon an, sich strategisch auf "einen heißen Herbst" vorzubereiten und kaufe zum Beispiel schon Masken.

Großer Informationsbedarf

Nach Einschätzung des Landesinnungsverbands Friseurhandwerk Hessen sind die Friseure "ganz gut durch die Pandemie gekommen", berichtet Geschäftsführer René Hain. Etwa 1250 der circa 5000 hessischen Friseure seien in der Innung organisiert. Seit Beginn der Corona-Krise sei die Mitgliederzahl sogar leicht gestiegen. Als Grund dafür sieht Hain den "großen Informations und Aufklärungsbedarf, zum Beispiel zu den Corona-Soforthilfen". Für den bevorstehenden Sommer und Herbst wünscht sich die Friseur-Innung "frühzeitig und konkret verbindliche Vorgaben" von der Politik anstelle von "Schnellschüssen" wie in der Vergangenheit, sagt Hain. Ein großes Thema in den Salons sei das Tragen von Masken. Viele Kunden legten großen Wert darauf. Hain empfiehlt den Friseuren daher, von ihrem Hausrecht Gebrauch zu machen. ch

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