Erstmeldung vom Samstag, 16.04.2022, 12.00 Uhr: Frankfurt – Zu einem schwerwiegenden Lebensmittelskandal ist es offenbar in Hessen* gekommen. Vier Menschen sollen zwischen Oktober 2021 und Januar 2022 durch keimbelastete Lebensmittel an Listeriose erkrankt sein, einer von ihnen starb. Verantwortlich dafür sollen Hygienemängel und mangelnde Kontrollen in einem Lebensmittelbetrieb sein. Das berichtet die Welt am Sonntag unter Berufung auf interne Dokumente einer Task Force Lebensmittelsicherheit.
Die Behörden machen demnach einen Obst- und Gemüsebetrieb in Südhessen verantwortlich. Dieser soll geschnittene Gurkenscheiben an Krankenhäuser geliefert haben, wo sie von Patientinnen und Patienten als Salatbeilage verzehrt worden sein sollen. Mindestens zwei der Erkrankten hätten sich nach Angaben der Welt am Sonntag während eines Klinikaufenthalts infiziert.
Gegen die Firma ermittelt die Staatsanwaltschaft Darmstadt. In den Dokumenten der Task Force werden dem südhessischen Unternehmen gravierende Hygienemängel und vielfältige bauliche Mängel vorgeworfen. In dem betroffenen Lebensmittelunternehmen soll es stehende Pfützen, Rattenkot und Schimmel in der Produktion geben, zudem seien fehlende Reinigungspläne und unzureichende Eigenkontrollen kritisiert worden.
Zuständig für den Betrieb ist Berichten der Welt am Sonntag zufolge das Veterinäramt Groß-Gerau. Dieses soll das betroffene Unternehmen jedoch zwei Jahre lang nicht mehr kontrolliert haben – obwohl ein bis zwei Betriebsprüfungen pro Jahr vorgeschrieben seien. Der Landkreis habe auf Anfrage eingeräumt, den Betrieb nicht ordnungsgemäß überwacht zu haben, heißt es im Bericht der Welt am Sonntag.
Die hessischen Behörden seien im Februar auf den Lebensmittelskandal aufmerksam geworden und machten den Betrieb dicht. Das betroffene Unternehmen hat sich nach Angaben der Welt am Sonntag nicht zu dem Vorfall geäußert. Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Unions-Bundestagsfraktion, Steffen Bilger, zuständig für Verbraucherschutz, forderte gegenüber dem Blatt: „Lebensmittelkontrollen müssen immer höchste Priorität haben, das gilt auch für die Zeit der Corona-Krise.“ Seit dem Skandal um den hessischen Wursthersteller Wilke im Jahr 2019 sei einiges passiert, aber nicht genug.
Immer wieder werden Lebensmittel aufgrund von Belastungen beispielsweise mit Keimen wie Listerien zurückgerufen. Listerien sind für gesunde Menschen meist ungefährlich. Für Risikogruppen, zu denen Schwangere, Ältere und Menschen mit Vorerkrankungen zählen, können sie jedoch tödlich sein. (Helena Gries)