1. Startseite
  2. Hessen

Überraschend viele Stimmen für Boris Rhein

Erstellt:

Von: Christiane Warnecke

Kommentare

Amtsübergabe in schwierigen Zeiten

Die Wahl von Boris Rhein zum neuen Ministerpräsidenten Hessens war keineswegs ein Selbstläufer. Da das schwarz-grüne Bündnis nur über eine hauchdünne Mehrheit von einer Stimme verfügt, kam es auf jeden einzelnen Abgeordneten an. Wenn nur einer bei der Abstimmung gefehlt hätte oder aus der Reihe getanzt wäre, hätte die von Amtsvorgänger Volker Bouffier geplante Machtübergabe an seinen Nachfolger auch leicht scheitern können.

Doch es kam ganz anders. Der neue Ministerpräsident bekam sogar fünf Stimmen mehr als nötig. Das bedeutet, dass mindestens fünf Abgeordnete der Opposition für den CDU-Mann aus Frankfurt gestimmt haben. Das könnten durchaus Vertreter von AfD und Linken gewesen sein. Hätten diese beiden Fraktionen doch im Fall eines Scheitern der Wahl von Boris Rhein und einer möglichen Neuwahl des Landtags Stimmenverluste zu befürchten gehabt. Zudem stimmt der inzwischen fraktionslose Abgeordnete Rolf Kahnt meist mit Schwarz-Grün, nachdem er sich im vergangenen Jahr mit der AfD zerstritten und im Juni der Partei den Rücken gekehrt hatte. Doch selbst wenn Rhein auch mit Stimmen der AfD gewählt worden sein sollte, schmälert das nicht seinen Erfolg. Ist doch nicht zu erwarten, dass ihm Stimmen aus den eigenen Reihen verweigert wurden. So konnte sich der neue Ministerpräsident zu recht über das "überwältigende Vertrauen" freuen.

Ebenso zutreffend und zugleich herausfordernd ist seine Einschätzung, dass er das Amt in "unübersichtlichen Zeiten" übernimmt. Neben dem Kampf gegen den Rechtsextremismus in Hessen steht er vor der Mammutaufgabe, die Folgen der Corona-Pandemie und des Kriegs in der Ukraine so abzufedern, dass die gesellschaftlichen Spannungen im Land nicht noch weiter wachsen. Ihm kommt dabei zugute, dass er als Landtagspräsident sein Talent bewiesen hat, auch überparteilich agieren zu können. Er hat gezeigt, dass er nicht nur politisch polarisieren kann, wie zu seiner Zeit als hessischer Innenminister, sondern auch integrieren kann. Eine Kompetenz, die in diesen schwierigen Zeiten und als Chef einer gegenpoligen Koalition, die im nächsten Jahr auf eine Landtagswahl zusteuert, besonders gefragt ist.

Auch interessant

Kommentare