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Weniger Bewerbungen für Studium bei der hessischen Polizei

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Polizisten
Polizisten stehen zusammen bei einem Einsatz. © Silas Stein/dpa

Seit ein paar Jahren gibt es weniger Bewerber für ein Polizeistudium. Gewerkschafter sorgen sich, dass sich nicht genügend geeignete Interessenten finden. Diese Befürchtung teilt das Innenministerium nicht.

Wiesbaden - Die Zahl der Bewerbungen für ein Studium bei der hessischen Polizei ist in den vergangenen Jahren gesunken. Im Jahr 2018 gab es noch 9087 Interessenten, 2022 waren es 6857, wie das Innenministerium in Wiesbaden auf dpa-Anfrage mitteilte. Dabei seien die Voraussetzungen im Jahr 2020 gelockert worden, betonte der Geschäftsführer der Deutschen Polizeigewerkschaft in Hessen, Alexander Glunz, in Wiesbaden.

Wer sich bei der Polizei bewerben wollte, durfte vor 2020 höchstens 32 Jahre alt und musste mindestens 1,60 Meter groß sein. Seit der Änderung dürfen Bewerber bis zu 36 Jahre alt und müssen mindestens 1,55 Meter groß sein. Die Gewerkschaft sieht unter anderem in den Lockerungen ein Zeichen dafür, dass sich nicht genügend geeignete Bewerber für den Polizeiberuf finden lassen.

Nach Angaben des Innenministeriums gibt es keinen Grund zur Sorge. Es handele sich bei den jährlichen Bewerberzahlen um „geringfügige Schwankungen“, erklärte ein Sprecher. 2019 hatte es den Angaben zufolge 8275 Bewerbungen gegeben, im folgenden Jahr war die Summe auf 8584 angewachsen. 2021 dagegen sank die Zahl auf 7976 und im Jahr darauf auf 6857.

Die Schwankungen könnten unter anderem am Einstellungstermin und der Jahrgangsgröße liegen, teilte das Ministerium mit.

„Hessen hat bereits seit 2014 stets immer mehr Polizisten eingestellt, als in den Ruhestand gegangen sind“, sagte ein Ministeriumssprecher. Demnach sollen in den Jahren 2024 und 2025 jeweils 250 zusätzliche Kolleginnen und Kollegen in den Dienst kommen, so dass 2025 mehr als 16.000 Polizistinnen und Polizisten in Hessen angestellt sein werden.

Polizeigewerkschafter Glunz sagte, dass zum Einstellungstermin am 1. Februar 2023 nur 270 von 300 Studienplätze besetzt worden seien. Ihm zufolge gibt es vielfältige Gründe dafür, warum Plätze leer blieben oder Bewerber ihre Ausbildung nicht angetreten haben. Generell werde der Beruf seiner Meinung nach nicht attraktiver, „wenn der Eindruck in der Öffentlichkeit entsteht, dass man sich als Polizeibeamter schnell einem Ermittlungsverfahren oder ähnlicher Vorwürfe ausgesetzt sieht“.

Ermittlungen gegen Polizeibeamte wegen möglicher Verfehlungen im Dienst habe es in den vergangenen Jahren häufiger gegeben, erklärte Glunz. Doch die Zahl der tatsächlichen Verurteilungen sei niedrig geblieben. Seiner Erfahrung nach werde in den meisten Fällen wegen Körperverletzung im Amt oder anderer Amtsdelikte wie Geheimnisverrat ermittelt.

„Natürlich sehen wir die Vorbildfunktion der Polizei und erlauben daher keine Rechtsbrecher in den eigenen Reihen“, sagte der Geschäftsführer der Deutschen Polizeigewerkschaft in Hessen. Daher werde für jeden Vorwurf eine lückenlose Aufklärung gefordert. Es zeige sich aber auch, dass sehr viele Verfahren wieder eingestellt würden, da entweder die Unschuld oder kein ausreichender Tatverdacht vorliege, führte er weiter aus.

Eine vergangene Woche veröffentlichte Studie des Frankfurter Polizeiforschers Tobias Singelnstein kam zu dem Ergebnis, dass Gewalt durch Polizeibeamte häufig nicht aufgearbeitet werde. Mehr als 3300 Betroffene von Polizeigewalt in Deutschland seien dafür befragt worden. Selbst wenn es zu einer Anzeige komme, werde das Verfahren in den meisten Fällen eingestellt, ohne dass es zu einer Anklage komme.

Der Ministeriumssprecher betonte, dass jede Einsatzsituation individuell sei und von vielen verschiedenen Faktoren abhänge. „Die Polizei ist gesetzlich befugt, unmittelbaren Zwang zur Durchsetzung von Maßnahmen anzuwenden - in bestimmten Situationen ist dies zur Gefahrenabwehr oder Strafverfolgung sogar geboten.“ In der Polizeiausbildung werde ein besonderer Schwerpunkt auf kommunikative Konfliktlösung und die Vermeidung unmittelbaren Zwanges gelegt, erklärte der Sprecher. dpa

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