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Weniger Einnahmen, mehr Zusammenhalt: Die Folgen der Pandemie für Sportvereine

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Von: Christiane Warnecke

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Damit die Abstandsregeln eingehalten werden konnten , hat die SG Weiterstadt während der Pandemie Fitnessgeräte in die Tennishalle ausgelagert. FOTOs: GIEßELBACH
Damit die Abstandsregeln eingehalten werden konnten , hat die SG Weiterstadt während der Pandemie Fitnessgeräte in die Tennishalle ausgelagert. FOTOs: GIEßELBACH © CHRISTIANE WARNECKE

Die Corona-Pandemie hat Spuren in den verschiedensten Lebensbereichen in Hessen hinterlassen. In unserer Serie zeigen wir am Beispiel der Sportgemeinschaft Weiterstadt die Sorgen und Hoffnungen der organisierten Sportler auf. So musste der große südhessische Verein im ersten Jahr der Pandemie einen immensen Mitgliederschwund und enorme finanzielle Einbußen verkraften. Wie inzwischen die Trendwende gelungen ist, berichtet der Vorsitzende Michael Gießelbach.

Frankfurt - Große Vereine wie die SG Weiterstadt bekamen nach Einschätzung des Landessportbunds die Auswirkungen der Pandemie besonders hart zu spüren. Grund dafür seien die Kosten für den Betrieb großer Anlagen. Das bestätigt der Vereinsvorsitzende. "Wir betreiben viele Anlagen mit hohen Fixkosten, die zum Großteil auch während des Lockdowns weiterliefen", erläutert Gießelbach. Als Beispiele nennt er die Tennishallen, das Fitnessstudio, die Sauna, die Kegelbahn, Plätze für Squash und Badminton sowie neun Übungsräume und ein Bistro. "Betriebskosten wie Strom und Heizung sind weitergelaufen, ebenso die Gehälter für zwei fest angestellte Hausmeister, die sich auch während der Schließzeiten um die Anlagen kümmern mussten", berichtet Gießelbach. Zudem seien Einnahmen für Vermietung und Veranstaltungen entfallen, ergänzt der Vorsitzende der SG Weiterstadt. Auch die Einnahmen durch Gäste, die gegen Gebühr an Kursen teilnehmen oder das Fitnessstudio und andere Anlagen nutzen, hätten gefehlt.

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Das schlimmste aber sei der starke Mitgliederschwund im ersten Jahr der Pandemie gewesen. Zählte der Verein vor Corona 2500 Mitglieder, so seinen es nach dem ersten Jahr der Pandemie nur noch 2000 gewesen. Inzwischen sei die Mitgliederzahl aber wieder auf 2250 angewachsen, erklärt Gießelbach.

Insgesamt sei 2020 ein Finanzloch von 130 000 Euro und 2021 von 160 000 Euro entstanden, rechnet der Vereinschef vor. "Dabei ging unser ganzes Erspartes drauf - wie auch bei vielen Privathaushalten", erzählt er. Um die Verluste zu kompensieren, habe der Verein "alle Förderprogramme beantragt, die man nur beantragen konnte". Das habe aber nur begrenzt geholfen. Zumal die Übergangsbeihilfe des Bundes an großen Vereinen "vorbeikonzipiert worden sei, weil sie erst ab 80 Prozent Verlust griff", so Gießelbach. "Noch ein Jahr Coronaeinschränkungen würde uns in die Miesen stürzen", resümiert er.

Durch die Finanznot sei ein immenser Sanierungsstau an den Gebäuden entstanden. Der Verein hoffe nun darauf, durch weiter steigende Mitgliederzahlen wieder einiges aufholen zu können. Dazu liefen zahlreiche Werbeaktionen zum Beispiel in Schulen und Kitas. Gießelbach freut sich, dass trotz allem "90 Prozent der Mitglieder dem Verein die Treue gehalten haben". Zudem hätten auch Kunden, die vor Beginn der Pandemie etwa Plätze gebucht hatten, auf eine Rückzahlung verzichtet und das Geld gespendet", lobt der Vereinsvorsitzende.

Erfreulich sei zudem, dass sich viele Abteilungen kreativ gezeigt hätten mit Online-Angeboten und der Verlagerung von Trainings nach draußen. "Diese Abteilungen haben die wenigsten Mitglieder verloren", berichtet Gießelbach. Insgesamt sei der Zusammenhalt im Verein wieder stärker geworden. Vor der Pandemie seien Vereine zunehmend nur noch als "Freizeitdienstleister" angesehen worden, kritisiert Gießelbach. Das habe sich jetzt wieder zum Positiven gewandelt.

Die Vereine gewinnen wieder neue Mitglieder

Die Leichtathletikabteilung hat Trainingspunkte im Freien eingerichtet, etwa zum Steinstoßen.
Die Leichtathletikabteilung hat Trainingspunkte im Freien eingerichtet, etwa zum Steinstoßen. © CHRISTIANE WARNECKE

Die hessischen Sportvereine konnten den starken Mitgliederrückgang aus dem ersten Corona-Jahr inzwischen stoppen. Nachdem die Zahl der Mitgliedschaften bis Ende 2020 um 3,3 Prozent auf 2 064 311 gesunken war, ging es nach Auskunft des Landessportbunds Hessen im zweiten Pandemie-Jahr wieder bergauf. Derzeit gehören den knapp 7500 hessischen Vereinen 2 074 753 Mitglieder an - über 7000 mehr als Anfang 2021. Das liege an der enormen Kreativität und Flexibilität vieler Sportvereine, die flexibel auf häufig wechselnde Corona-Maßnahmen reagierten, Angebote ins Freie verlagerten und auf digitale Formate setzten, betont Rolf Müller, Präsident des Landessportbunds.

Von der Mitgliederzahl der hessischen Sportvereine vor Corona von 2,13 Millionen sei man aber noch deutlich entfernt. ch

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