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„Der Ruf der hessischen Polizei ist angegriffen.“

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Innenminister Peter Beuth spricht über Rechtsradikalismus im Staatsdienst, den Mord an Walter Lübcke und die Integration von IS-Rückkehrern.
Innenminister Peter Beuth spricht über Rechtsradikalismus im Staatsdienst, den Mord an Walter Lübcke und die Integration von IS-Rückkehrern. © Boris Roessler/dpa

Hessens Innenminister Peter Beuth spricht über Rechtsradikalismus im Staatsdienst, die Ermittlungen zum Mord an Walter Lübcke, neue Waffen für die Einsatzkräfte und die Integration von IS-Rückkehrern.

Wiesbaden – Gleich drei spektakuläre Gewalttaten haben in diesem Sommer unser Land erschüttert: der Lübcke-Mord, der versuchte Mord in Wächtersbach an einem Eritreer, und der Kindermord am Frankfurter Hauptbahnhof. Fälle, die Ängste schüren vor erstarkenden Rechtsradikalen und traumatisierten Migranten. Über Konsequenzen bei den Sicherheitsbehörden sprach Christiane Warnecke mit Hessens Innenminister Peter Beuth (CDU).

Innerhalb weniger Wochen sind in Hessen drei brutale Verbrechen geschehen. Haben die Sicherheitsbehörden geschlafen?

Nein, es handelt sich um Einzeltaten, die jeweils unfassbar schlimm waren. Ich finde es wichtig, dass alle drei mutmaßlichen Täter mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit feststehen. Dieser schnelle Ermittlungserfolg der Polizei ist ein wichtiges Zeichen in die Bevölkerung hinein.

Dennoch ist das Sicherheitsgefühl der Menschen durch diese Ballung von Gewaltverbrechen und den rechtsradikalen Hintergrund der beiden ersten Fälle erschüttert...

Das kann ich nachvollziehen. Insgesamt geht in Hessen die Zahl der Straftaten zurück, und die Aufklärungsquote geht hoch. Bundesweit hat Hessen die drittniedrigste Kriminalitätsbelastung hinter Bayern und Baden-Württemberg. Trotzdem spüren wir, dass es ein Unwohlsein bei manchen Leuten gibt, obwohl die objektive Sicherheitslage gut ist. Das hilft aber nicht, wenn die Leute sich subjektiv nicht sicher fühlen.

Was tun Sie dagegen?

Wir haben die Polizei deutlich aufgestockt und dies ist auch im öffentlichen Bild sichtbar. Darüber hinaus versuchen wir mit unserer kommunalen Sicherheitsinitiative "Kompass" gezielt herauszufinden, woran das liegt. In Zusammenarbeit mit den Kommunen untersuchen wir dabei, woher dieses Unsicherheitsgefühl rührt. Das kann auch an dunklen Ecken in einer Stadt liegen.

Könnte es nicht auch daran liegen, dass Mitglieder von Schützenvereinen ihre Waffen zu Hause lagern und von ihren Vereinen gedeckt werden, wenn sie rechtsradikale Botschaften äußern, wie es wohl beim Waffenbeschaffer von Stephan E. der Fall war.

Es gibt klare Regeln für die Aufbewahrung von Waffen. Aus Vereinshäusern Waffenbunker zu machen, wäre auch keine Lösung. Es ist in Deutschland nicht jedem erlaubt, eine Waffe zu tragen. Das ist auch gut so. Dennoch sehe ich Verbesserungsbedarf. Ich habe mich bereits auf Bundesebene dafür stark gemacht, das Waffenrecht dahingehend zu verschärfen, dass Extremisten grundsätzlich nicht legal an eine Waffe kommen können. Bedauerlicherweise gab es bisher dafür keine Mehrheit auf Bundesebene. Ich werde mich aber weiterhin dafür einsetzen und bin überzeugt, dass nun auch im Bund ein Umdenken stattfinden wird.

Auch der Täter von Wächtersbach war in einem Schützenverein aktiv. Müssten solche Vereine und deren Mitglieder nicht generell strenger kontrolliert werden?

Das Waffenrecht ist bereits streng. Es braucht jedoch noch Verbesserungen. Wir sollten keinen Generalverdacht gegenüber Jägern und Schützenvereinen erheben.

Sie plädieren dafür, dass künftig keine Waffenerlaubnis mehr an mutmaßliche Extremisten erteilt wird, warum wurde das nicht schon längst so gehandhabt?

Beim automatisierten Waffenentzug bei Extremisten sehe ich Nachholbedarf, das ist richtig. Ich setze mich schon länger dafür ein, dass keine Waffe in die Hände von Extremisten kommt. Jetzt habe ich die Hoffnung, dass es gelingen wird. Im Kreis der CDU-Innenminister und beim Bundesinnenminister bin ich letzte Woche auf offene Ohren gestoßen. Im Moment haben wir die Situation, dass eben nicht jeder Extremist seine Waffe entzogen bekommen kann, auch wenn er einen offenen extremistischen Hintergrund hat und etwa Mitglied einer verbotenen Partei ist. Selbst da sind die rechtlichen Anforderungen so, dass ein Gericht gesagt hat, das reiche nicht, um die waffenrechtliche Zuverlässigkeit infrage zu stellen.

Sie haben auch angekündigt, dass der Verfassungsschutz Menschen mit extremistischer Vergangenheit künftig erneut überprüft, bevor ihre Daten gelöscht werden. Warum haben die Behörden nicht schon längst genauer hingeschaut, spätestens seit der NSU-Mordserie.

Natürlich schaut der Verfassungsschutz genau hin. Ihm ist es nicht immer möglich, dies auch öffentlich darzustellen. Beim Verfassungsschutz hat sich seitdem enorm viel verändert. Wir haben allein das Personal um 42 Prozent aufgestockt. Es ist ja auch nicht so, dass wir nicht tätig waren. Im Gegenteil: Ein öffentliches Beispiel sind die erfolgreich unterbundenen rechtsextremistischen Konzerte.

Innenminister Peter Beuth bei der Präsentation der neuen Sturmgewehre für die hessische Polizei.
Innenminister Peter Beuth bei der Präsentation der neuen Sturmgewehre für die hessische Polizei. © dpa

Aber warum fängt man erst jetzt an, genauer hinzuschauen, ob etwa ein einstiger Rechtsradikaler tatsächlich "abgekühlt" ist?

Natürlich hat der Verfassungsschutz aktive Extremisten unter Beobachtung. Wer aber nicht mehr auffällig wird, verschwindet irgendwann vom Radar, wie Stephan E. Der Verfassungsschutz handelt nun mal auf einer Rechtsgrundlage.

Heißt das, nur wer straffällig wird, wird weiter beobachtet?

Natürlich nicht, auch wer in einer extremistischen Szene aktiv ist, steht im Fokus des Verfassungsschutzes.

Was genau wird dann künftig zusätzlich überprüft?

Der Verfassungsschutz überprüft diejenigen noch einmal ganz genau, die längere Zeit nicht mehr aktiv in Erscheinung getreten sind und deshalb womöglich als reintegriert gelten könnten.

Wäre der mutmaßliche Lübcke Mörder Stephan E. nach diesen Maßstäben überprüft worden, wären dann Aktivitäten nach 2009 aufgefallen, die zuvor übersehen wurden?

Das weiß ich nicht. Denn auch wenn die Sicherheitsbehörden noch so genau hinschauen, kann es passieren, dass gewisse Aktivitäten unterhalb des Radars ablaufen.

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Vor allem der Raum Kassel scheint eine Hochburg für Rechtsradikale zu sein. Ist die Polizei dort auf dem rechten Auge blind?

Nein. Wir kehren dort ordentlich durch. Wir haben zum Beispiel den Verein "Sturm 18" verboten. Insgesamt haben wir eine heterogene rechtsextremistische Szene, die sich räumlich nicht auf eine Region konzentriert.

In Frankfurt gibt es erwiesenermaßen rechtsradikale Umtriebe bei der Polizei. Warum gehen dort die Ermittlungen nicht voran?

Die Ermittlungen werden mit Hochdruck betrieben. Es muss aber gründlich gearbeitet werden. Es sind viele Terabyte an Daten, die ausgewertet und so aufbereitet werden müssen, dass sie später einem strafrechtlichen Verfahren standhalten. Das ist sehr aufwendig. Wir haben eine Gruppe mit 60 Kollegen im LKA gebildet, die intensiv ermittelt. Dabei geht es nicht nur um das Verfahren bei der Frankfurter Polizei. Wir hatten insgesamt 38 Kollegen in Hessen, die im Verdacht standen, einen rechtsextremistischen Hintergrund zu haben, den sie durch das Teilen von Bildern oder Sprüchen offenbart haben. Mehr als ein Dutzend Verfahren sind eingestellt worden, fünf Mann wurden aus dem Dienst entlassen. Bei den restlichen laufen die Ermittlungen noch. Jeder noch so kleine Anfangsverdacht in der hessischen Polizei wird sofort von den Ermittlern geprüft.

Die lange andauernde Unsicherheit über den Umfang des selbst ernannten NSU 2.0 beschädigt den Ruf der Polizei. Sind Zweifel an der Integrität der Beamten angebracht?

Nein. Ich sehe tagtäglich, dass die Kollegen ihre Arbeit ordentlich machen. Der Ruf der hessischen Polizei ist aber angegriffen durch diese rechtsextremistischen Verdachtsfälle. Ich kämpfe dafür den tadellosen Ruf der Polizei wieder herzustellen.

Wie soll das gehen?

Indem die Ermittlungen konsequent zu Ende geführt werden. Durch die Art und Weise, wie wir damit umgehen, machen wir deutlich, dass wir so etwas in der hessischen Polizei auf gar keinen Fall dulden. Wir haben eine wissenschaftliche Untersuchung auf den Weg gebracht, die sich mit möglichen Ursachen beschäftigt. Und wir nehmen die Führungsstruktur in der Polizei unter die Lupe. Von Weiterbildung bis hin zu Supervision unternehmen wir alles, um aufzuklären und zu sensibilisieren.

Neigen Polizisten wegen ihrer Erfahrungen im Umgang mit Kriminellen eher zu rechtsradikalem Gedankengut?

Natürlich sind die Erlebnisse der Kollegen an manchen Stellen frustrierend. Aber das kann niemals Entschuldigung dafür sein, den Boden des Rechtsstaates und der freiheitlich demokratischen Grundordnung zu verlassen. Die Kollegen wissen, dass sie die Regeln im Rahmen des Rechtsstaats durchzusetzen haben, auch wenn sie diese selbst an der ein oder anderen Stelle für verbesserungswürdig halten oder unzufrieden sind mit der Entscheidung von Gerichten. Dafür werden die Kollegen ausgebildet. Am Ende hat der Richter das letzte Wort und nicht der Polizeibeamte, der einen vermeintlichen Täter festgenommen hat. Das müssen die Kollegen akzeptieren, so sind die Regeln. Und diese Regeln werden von der großen Mehrzahl unserer Polizistinnen und Polizisten tagtäglich verteidigt und aktiv vertreten.

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Rechtsradikale Umtriebe häufen sich nicht nur bei der Polizei. Wie schätzen Sie die Gefahr einer braunen Bewegung in Hessen oder gar in ganz Deutschland ein?

Die Verhältnisse in unserem Land sind rauer geworden. Die Gesellschaft hat sich verändert. Das zeigt sich an der Zuspitzung der Hetze und des Hasses im Netz. Ich finde es dramatisch, dass Leute plötzlich offen die Werte unseres Landes verunglimpfen. Das hätte ich mir noch vor fünf Jahren so nicht vorstellen können. Das liegt vielleicht auch an den neuen Möglichkeiten, seine Gedanken über soziale Medien für eine breite Masse zur Schau stellen zu können und dort Gleichgesinnte und Resonanz zu finden.

Das BKA will ja neue Einheiten bilden, um Hassbotschaften im Netz zu verfolgen. Was unternehmen Ihre Behörden?

Wir haben schon eine Taskforce gebildet, die sich um das Thema "Hate-Speech" kümmert. Im Moment noch in beobachtender Form. Wir werden die Einheit aber als Meldestelle ausbauen. Dort können alle Leute Botschaften und Bilder melden, in denen sie strafrechtlich relevanten Inhalt sehen. Wir geben das dann zunächst an die Plattformen und an die Ermittlungsbehörden weiter, damit sie nach Straftätern fahnden können.

Besteht ein Zusammenhang zwischen der neuen Dimension des Rechtsextremismus und dem Erstarken der AfD?

Die AfD nimmt Minderheiten ins Visier und äußert sich immer wieder in einer Form, die inakzeptabel ist. Sie heizt die Verrohung in unserer Gesellschaft noch bewusst an. Das betrifft nicht alle in der AfD, aber viele. Es ist eine Partei, die keine Inhalte hat und von ständigen Grenzüberschreitungen lebt. Ich denke, dass dies für manche Leute Ansporn sein kann, noch weiter zu gehen.

Macht Ihnen die wachsende Gewaltbereitschaft Sorgen für Ihre eigene Sicherheit und die anderer Politiker?

Ich spüre, wie sich das Klima gegenüber Politikern ändert. Wenn Entscheidungen getroffen werden, die nicht jedem passen, ist es oftmals erschreckend, wie mit den Amtsträgern umgegangen wird, auch in den Städten und Gemeinden. Solche Umgangsformen passen nicht in einen demokratischen Rechtsstaat. Gewalt gegen Menschen ist natürlich das allerschlimmste, aber auch die verbalen Entgleisungen müssen uns Sorgen machen.

Sie statten die Polizei mit Sturmgewehren aus, ist das wirklich nötig?

Ja, das ist der neuen Gefahrensituation durch Terrorangriffe geschuldet. Nach den Anschlägen in Paris hatten wir beschlossen, hessische Polizisten mit Maschinenpistolen die Weihnachtsmärkte beschützen zu lassen. Ein Jahr zuvor, hätten uns die Leute für verrückt erklärt, doch nach den Angriffen in Paris waren die Menschen dankbar dafür. Die Maschinenpistolen sind aber inzwischen technisch überholt, wir hätten sie ohnehin ersetzen müssen. Vor dem Hintergrund der Ereignisse der letzten drei, vier Jahre haben wir gleichzeitig überprüft, wie wir unsere Kollegen besser auf Terroranschläge vorbereiten können. Wir haben fast 6.000 Polizeibeamte durch ein Notinterventionstraining geschickt. Und wir haben eben auch entschieden, dass sie im Notfall robuster ausgerüstet sein müssen, um Tätern wie in Paris angemessen begegnen zu können.

Wie stark verändern diese Waffen das Bild der Polizei?

Im normalen Dienst verändert sich nichts. Die Beamten können sich gezielter und schneller mit gefährlichen Terroristen auseinandersetzen. Für diese Lagen ist die Bewaffnung gedacht. Die neuen Gewehre bieten eine bessere Zielgenauigkeit als die alten Maschinenpistolen. Für die Bevölkerung bedeutet es einen besseren Schutz.

Nach dem Mord an einem Jungen am Frankfurter Hauptbahnhof wird über mehr Sicherheit an Bahnhöfen diskutiert. Was ist realistisch?

Man muss über Konzepte nachdenken, die verhindern, dass die Menschen sehr eng am Bahnsteig stehen. Da sind Bund und Bahn gefragt. Ich hielte es auch für sinnvoll, wenn die Bahn mehr Überwachungskameras installieren würde.

Die Sicherheitslage rund um den Hauptbahnhof ist auch durch die Drogenszene kritisch. Passanten fühlen sich schon lange unsicher in der Gegend. Die Polizei wirkt machtlos...

Wir haben eine Einheit gebildet, die in und um den Hauptbahnhof "durchkehrt". Dafür gibt es aber rechtlich Grenzen. Ich könnte mir vorstellen, die Strafprozessordnung etwas nachzuschärfen. Wir tun sehr viel und wollen dass alle Partner mitmachen. Die Bundespolizei hat mittlerweile zusätzliches Personal geschickt. Und wir wollen die Bahn dazu bringen, die Bedingungen am Bahnhof zu optimieren. In Zusammenarbeit mit der Stadt haben wir neue Videokameras rund um den Bahnhof installiert, um das Sicherheitsgefühl und die Strafverfolgung zu verbessern.

In dieser Woche wurde das erste IS-Kind zurückgeholt nach Kassel. Wie stellen die Behörden sicher, dass von Syrien-Rückkehrern keine Gefahr ausgeht.

Wir können bestätigen, dass drei Kinder aus Erbil nach Frankfurt gebracht wurden. Eines davon ist in Hessen geblieben. Bei den Kindern ist das erstmal keine Sicherheitsfrage, sondern eine Frage der Fürsorge. Diese Kinder sind meist Waisen und brauchen Hilfe. Wir wollen sie auf dem Weg hin zur Normalität begleiten. Es werden weitere kommen. Wir sind darauf vorbereitet mit einem Projekt, das wir im Juli gestartet haben.

Wie sieht das aus?

Jugendämter, Sozialdienste, Polizei, Verfassungsschutz: Alle arbeiten zusammen und haben das Kindeswohl im Blick. Wir haben beim LKA mit Unterstützung des Bundes zwei zusätzliche Stellen im Staatsschutz für das Projekt "Rückkehrkoordinierung" geschaffen, um die Fälle ganzheitlich zu betreuen. Bevor zum Beispiel ein Kind hierher zurückkommt, wird sichergestellt, dass alle Beteiligten informiert sind. Dazu gehört die Zusammenführung von Sicherheitsbehörden, Jugendämtern, sozialen und psychologischen Diensten, Jobcenter. Manche Kinder haben Verwandte in Hessen, um andere muss sich der Staat kümmern.

Wie verhindern Sie, dass von älteren Kindern nicht doch eine Gefährdung ausgeht? Es gab ja auch schon 13-jährige Selbstmordattentäter...

Wir müssen uns in einer besonderen Form um die Kinder kümmern: Sie haben in einem ideologischen Wahn gelebt und nur Elend und Krieg gesehen. Die Kinder sind sehr wahrscheinlich stark traumatisiert. Neben der Gewährleistung des Kindswohls sind auch die Deradikalisierung und Stabilisierung der Rückgekehrten Ziele des Projekts. Dafür haben wir auch unsere Spezialisten beim "Violence Prevention Network", die Jugendliche vom Abgleiten in den Fanatismus abhalten können und aktiv beim Aussteigen helfen.

Wie viel schwieriger wird es bei erwachsenen IS-Rückkehrern.

Unser Ziel ist es, jeden Syrienreisenden, der auf der Seite des IS gekämpft hat hinter Gitter zu bekommen. Infrage kommen Anklagen wegen staatsgefährdender Gewalttaten oder wegen Anschluss an eine terroristische Vereinigung. Das gilt auch für Frauen: Wenn sie sich nachweisbar an Kriegsverbrechen beteiligt haben oder zum Beispiel Anschläge geplant haben, müssen sie die Härte des Rechtsstaats spüren. Frauen, die nicht mitgekämpft haben, gegen die wir strafrechtlich nichts in der Hand haben, erfasst unser geknüpftes Netz aus Sicherheits- und Sozialbehörden sowie zivilgesellschaftlichen Partner. Das gilt auch für die Kinder.

Mit wie vielen Rückkehrern rechnen Sie in Hessen?

Es gibt rund 150 Hessen, die in das IS-Kalifat ausgereist sind, bei etwa 40 haben wir Grund zur Annahme, dass sie ums Leben gekommen sind. Einige sind schon hier - wo es Erkenntnisse über Beteiligungen an Kampfhandlungen gibt, sitzen sie in Haft, andere befinden sich noch in den Krisengebieten.

Auch in den Fußballstadien gibt es Sicherheitsprobleme. Sie kritisieren Vereine für ihren nachsichtigen Umgang mit gewaltbereiten Fans. Was muss sich ändern?

Die Vereine müssen sich klarer von gewaltbereiten Fans distanzieren. Von denen, die Pyrotechnik abfeuern und gewalttätig sind. Solange Gewalt und Pyrotechnik nicht klar geächtet werden, werden wir diesem Problem mit allen polizeilichen Mitteln nicht Herr werden können.

Adressieren Sie diese Botschaft vor allem an die Eintracht?

Nein. Die Eintracht ist einer von vielen Fußballvereinen, deren Problem-Fans immer wieder auffällig geworden sind. Mir geht es aber um die Tatsache, dass wir immer wieder gefordert sind, mit starken Polizeikräften Fußballspiele zu sichern.

Trotzdem wollen Sie die Vereine nicht an den Sicherheitskosten beteiligen...

Ich möchte, dass wir den Fußball auch in Zukunft als bezahlbares Familienereignis erhalten können. Wenn wir anfangen Polizeikosten umzulegen, würden die Eintrittspreise erheblich steigen. Das beträfe auch andere Sportarten. Es würde zum Beispiel kein Nachwuchsradrennen oder kein Marathon mehr stattfinden können wegen Straßensperrungen, die nur die Polizei vornehmen kann.

Von Christiane Warnecke

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