Maya, Inka, Azteken: Was die Eroberer von ihnen übrig ließen – TV-Kritik zum Dreiteiler auf Arte

Maya, Inka, Azteken – sie alle waren erstaunlich zivilisierte Hochkulturen. Im Gegensatz zu den Europäern, die sie heimsuchten. Eine dreiteilige Dokumentation auf Arte zeigt, was wir heute über die Völker wissen.
- Arte zeigt eine dreiteilige Dokumentation über Hochkulturen
- „Söhne der Sonne“ läuft am Samstag, 27.06.2020 ab 20.15 Uhr
- Die Filme bedienen zwar Klischees, aber informieren umsichtig
Was eine Hochkultur ist? Auf jeden Fall etwas Untergegangenes. Schließlich handelt es sich um einen Begriff aus dem weiten Arbeitsfeld historischer Forschung. „Präkolumbianisch“ dagegen ist klar: Das sind die Zeiten vor Christoph Kolumbus, den man in anderen Sprachen auch anders schreibt und ausspricht und dem als Entdecker Amerikas viel zu viel der historischen Ehre angetan wird.
Genau genommen bedeutet „präkolumbianisch“ vor allem: „präkolonisatorisch“. Denn was nach Kolumbus in Amerika geschah, war eine verheerende Eroberung des Kontinents durch Europäer, die sich ihrerseits nicht unbedingt so gaben, als würden sie einer Hochkultur angehören. Europäer, das waren im 16. Jahrhundert im Vergleich zu den Einwohnern Amerikas schlecht ernährte, übelriechende, aber überaus gut bewaffnete bleiche Menschen mit Bärten und hoch entwickelten nautischen Fertigkeiten.
Dokumentation auf Arte: Maya, Inka und Azteken waren Europäern überlegen
Der Dreiteiler mit dem pathetischen Titel „Söhne der Sonne“ verfolgt die Absicht, uns zu informieren über den aktuellen Stand dessen, was wir über drei präkolumbianische Hochkulturen auf dem amerikanischen Kontinent wissen können. Maya, Inka und Azteken waren drei erstaunliche Zivilisationen in Meso- und Südamerika. Sie herrschten für unterschiedlich lange Zeiten über große Reiche und verfügten über wissenschaftliche, architektonische und wirtschaftliche Fähigkeiten, die dem, was Europäer dieser Zeit dachten und vermochten, zum Teil weit überlegen waren.
Nur waffentechnisch waren sie unterlegen. Auch war ihr Immunsystem war nicht auf all die Bakterien, Viren und Keime eingerichtet, die die Europäer mitbrachten. Zudem waren sie offenbar oft nicht in der Lage, die kriegerische Skrupellosigkeit und die Gier nach Gold und Reichtum der Europäer hinreichend zu verstehen und sich dagegen zu wehren. Maya, Inka und Azteken haben durch die Zeugnisse der Eroberer in den populären Mythologien Europas das Image von Barbaren ohne Bärte, für die vor allem die unangenehme Angewohnheit, den Göttern Menschenopfer darzubringen, charakteristisch waren und die mit all den Reichtümern, auf denen sie saßen – vor allem Gold, Gold, Gold! – nichts Rechtes anzufangen wussten.
Arte-Dokumentation: Verständnis für die dargestellten Völker
Die Filme von Anne Holländer, Carsten Obländer (Maya und Azteken) und Gabriele Wengler (Inka) malen da mehrdimensionale und farbigere Bilder, und sie entwickeln und vermitteln gut informiertes Verständnis für die porträtierten historischen Völker. Vor allem die Maya waren ein erstaunliches Beispiel für das, was wir heute „Hochkultur“ nennen. In Sachen Landwirtschaft, Architektur, Mathematik und Astronomie waren sie schon in der Zeit, die bei uns „Antike“ heißt, ihren mediterranen (und ihren mittel- und nordeuropäischen Zeitgenossen sowieso) weit voraus.
Viele der Nutzpflanzen, die heute unser Leben ermöglichen und verschönern – Kakao, Tomaten, Mais – wurden von den Maya kultiviert. Und wenn man sich heute fragt, ob Rom oder El Mirador die erstaunlichere antike Stadt war, dann käme man wohl zu dem Ergebnis, dass Mirador insgesamt eine viel komplexere kulturelle Leistung darstellte.
Arte: Dokumentationen bedienen auch Klischees
Dass Inka und Azteken in etwas neuerer Zeit lebten und nicht nur an ihrer eigenen Hybris und ihrer eigenen Umweltzerstörung zu Grunde gingen, sondern auch an dem, was die Eroberer anrichteten, machen die beiden anderen Filme eindrucksvoll und mit viel wagnernder Musik deutlich.
Sie reiten auch nicht allzu ausgiebig darauf herum, sondern informieren umsichtig, bedienen zwischendurch aber auch ethnologische Klischees von Blutopfern und fiesen Ritualen. Die Taten der Eroberer erscheinen dadurch in keinem besseren Licht. Und die Nachkommen der alten Zivilisationen leben heute noch in Lateinamerika und haben hier und da noch ferne Spuren ihrer eigenen Geschichte bewahrt. (Hans-Jürgen Linke)
Sendetermin von „Söhne der Sonne“ auf Arte: Samstag, 27.06.2020, 20.15 Uhr, 21.05 Uhr, 22.00 Uhr und in der ARD-Mediathek.
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