"Feuerengel": Knisternde Erotik im Inferno

Sein
Seinem Titel wird der Spreewald-Krimi mehr als nur gerecht: Dreh- und Angelpunkt der Geschichte ist die attraktive Lisa Engel (Anja Kling) und an Feuer mangelt es ebenso wenig wie an knisterndem Beziehungsstress zwischen allen Beteiligten. Mit der ehelichen Treue zu ihrem Mann, dem Investor Tim Engel (Martin Lindow), hat es Lisa Engel nämlich nie sonderlich genau genommen: Sie hatte ein Verhältnis zu Karsten Hellstein (Kai Scheve) und ebenso zu dem Kroaten Vladislav Bratic (Roman Kni?ka).
Da sprühen schon mal die Funken, speziell wenn Hellsteins überschuldetes Hotel Wotschofska durch Brandstiftung bis auf die Grundmauern niederbrennt. In den Brandruinen liegt Tim Engels verkohlte Leiche. Und es macht Kommissar Thorsten Krüger (Christian Redl) die Arbeit nicht leichter, dass Tim Engel als skrupelloser Spekulant nicht wenig verhasst war. Alles deutet darauf hin, dass er bei dem Versuch, das Hotel anzuzünden, selbst zum Opfer seiner Brandstiftung wurde. Doch dann findet sich ein Messerstich in seinem Rücken.
War die Imagination auch Realität?
Vom entspannten Osterfeuer zum flammenden Inferno: An eindrucksvoller Optik spart "Feuerengel" nicht. Die verschachtelte Erzählweise mit zahlreichen Rückblenden hat der Film mit anderen Beiträgen der Spreewald-Krimis gemeinsam. Neu ist hier, dass Roland Suso Richter (Regie) und Thomas Kirchner (Drehbuch) Krügers Gedanken immer wieder visualisieren: Er steht als stummer Beobachter dabei, wenn etwa Tim Engel einen Stecker in eine Steckdose schiebt, damit versehentlich einen Kurzschluss auslöst und das ausgegossene Benzin unter ihm zu brennen anfängt.
Eine bemerkenswert dramatische Situation - und doch nur eine Imagination Krügers mit Fragezeichen. Denn: Hat sich die Sache wirklich so zugetragen? Auch Hellstein hatte ein dickes Mordmotiv: Tim Engel hatte seine Kredite gekauft. Jeder lügt und verschweigt etwas in diesem Beziehungsquartett. Imagination und Realität stehen gleichberechtigt nebeneinander, und manchmal gewinnt das Geschehen surreale Qualitäten. Besonders in der Szene, als Engel und Bratic gleichzeitig versuchen, Lisa zu verführen, was fast in Nötigung ausartet.
Klassische Krimi-Motive
Verglichen mit der Erzählweise erscheint die dahinter stehende Geschichte fast schon konventionell: Es geht um Versicherungs- und Insolvenzbetrug, Brandstiftung, Ehebruch, häusliche Gewalt und Rache. Klassische Krimi-Themen also, aber gut kombiniert. Der Plot bleibt durch die besonders anfänglich scheinbar wahllose Erzählweise längere Zeit undurchschaubar, streut dabei jedoch geschickt genügend Hinweise auf mögliche Täter und Motive, um intensiven erzählerischen Sog zu entwickeln. Und die Auflösung kommt erst ganz zum Schluss.
Die Darsteller, allen voran Anja Kling und Roman Kni?ka spielen ihre Rollen mit großer Überzeugungskraft. Ein wenig stören aber überflüssige Einlagen das insgesamt positive Bild. Dass etwa mehrere Charaktere im Verlauf der Handlung klassische Gedichte zitieren - darunter Fontanes Ballade "John Maynard" - wirkt reichlich prätentiös und an den Haaren herbeigezogen. Sowas passt höchstens, wenn ein Film an einer Schule spielt.