"Für eine Nacht": Ärgerlich schwach

Faszinierendes Thema, eine tolle Juliane Köhler und prickelnde Erotik: Warum der Film dennoch beinahe scheitert.
Sie könnten Mutter und Sohn sein: Die Wissenschaftlerin Eva (Juliane Köhler), Mitte vierzig, ist 21 Jahre älter als Tom (Marc Benjamin), der als reisender Pokerspieler sein Geld verdient. Sie lernen sich in einem Zug in Slowenien kennen, wo Eva eine Wasseranlage verkaufen will. Evas geplantes Geschäft geht schief: Ihre Firma kann nicht mit der weit schnelleren Lieferfrist der italienischen Konkurrenz mithalten. Abends an der Bar fängt sie erstmals mit Tom zu flirten an. Oder er mit ihr? Jedenfalls endet das Ganze im Hotelzimmer.
Wieder daheim in München geht die Geschichte weiter. Evas Lebenspartner Hajo (Dominic Raacke, der irgendwie an einem extrem erschlankten Joschka Fischer erinnert) ist erst mal ahnungslos. Er hält Tom, dem er bei Eva begegnet, für den Freund ihrer Tochter Leonie (Alice Dwyer). Die wiederum hat ihre Mutter mit Tom im Bett erwischt und ist hochgradig sauer, was man ja auch irgendwie verstehen kann: Ihre Mutter hat ihr einst aus Vernunftsgründen ihren Berufswunsch verweigert. Und jetzt steigt sie mit einem so viel jüngeren Kerl ins Bett.
Luxuriöses Versteckspiel mit Porsche
Sie spielen Theater vor Hajo, was umgehend auffliegt, als Tom sich diskret davonmachen will. Und Eva erstmals offen zu ihm steht. Fünf Jahre später wird sie Probleme damit haben, sich offen zu Tom zu bekennen. Dabei geht es ihnen wirtschaftlich gut: Eva verdient gewiss nicht schlecht, und Tom spielt mittlerweile erfolgreich an der Börse. Sie können sich die teure Miete für ein Haus leisten und ein Porsche Cabrio. Vermutlich müsste sie nicht Verstecken spielen, auch ihre Tochter hat sich mit Tom arrangiert.
Doch dann schwängert Tom eine Frau in seinem Alter und wiederum fünf Jahre später baut Eva am Steuer einen schweren Unfall. Als sie im Koma im Krankenhaus liegt, kommt Tom wieder. Was schade ist: Schon der erste große Zeitsprung von fünf Jahren war überflüssig. Die Szenen, die dem Film Spannung verleihen, hätten auch so funktioniert: Etwa als Eva morgens im Bad steht und sich mit kritischem Blick ihr Gesicht auffrischt. Das bringt das Thema des Films auf den Punkt: Ältere Frau trifft jüngeren Mann, der erotische Funke springt über. Können sie ihre Beziehung verteidigen?
Warum Marc Benjamin unterfordert bleibt
Toms Vater, mit dem sich sein Sohn eine blödsinnige Rauferei liefern muss, bekommt dazu einige kluge Sätze in den Mund gelegt. Juliane Köhler meistert ihre Rolle einfach grandios, während Marc Benjamin ziemlich unterfordert rüberkommt. Aber das ist mit Sicherheit nicht seine Schuld: Toms durch das Drehbuch vorgeschriebene und nahezu in allen Szenen durchgehend präsentierte locker-lässige Selbstsicherheit wirkt nicht nur aufgesetzt und unrealistisch, sondern engt seinen Darsteller auch in schauspielerischer Hinsicht sichtlich ein.
Noch ärgerlicher: Die ARD-Tochter Degeto präsentiert in dem Film wieder mal eine luxuriöse Oberklassen-Traumwelt. Diesmal gar mit gleich zwei finanziell bestens gestellten Erfolgsmenschen im Porsche Cabrio: Ein Lebensentwurf, der mit der Wirklichkeit des durchschnittlichen Zuschauers nur wenig zu tun hat. Wie wohltuend normal und geerdet war da doch im Vergleich vor einigen Wochen die Welt der Komödie "Besuch für Emma" mit einer Kassiererin in Supermarkt als Heldin.
Ein paar Nummern kleiner wären Eva und Tom ebenfalls nicht nur weit realistischer gewesen, sondern mit Sicherheit auch spannender. Aber zumindest besitzen die intimen Szenen zwischen Juliane Köhler und Marc Benjamin in "Für eine Nacht...und immer?" bei aller Zurückhaltung eine explosive Erotik, die man nur selten im TV zu sehen bekommt.