"Der gleiche Himmel": War der Kalte Krieg so langweilig?

Wie der aufwändig gemachte Dreiteiler über einen Stasi-Einsatz und weitere DDR-Geschichten trotz Starbesetzung vor allem Leerlauf produziert.
Man ahnt es schon, wenn der Film seine Figuren einführt. Schön gemächlich, eine nach der anderen. Als da wären: der ziemlich pennälerhafte Stasi-Romeo Lars Weber (Tom Schilling) aus der DDR, der auf die Datenanalystin Lauren Faber (Sofia Helin) angesetzt wird. Weiterhin Klara Weber (Stephanie Amarell), Schwimmerin im jungen Teenager-Alter, die kurz davor steht, in den DDR-Schwimmkader für die Olympischen Spiele aufgenommen zu werden.
Dazu Axel Lang (Hannes Weber), schwuler Lehrer, der sich in einen Westler verliebt. Nicht zu vergessen noch eine Gruppe von DDR-Bürgern, die einen Fluchttunnel in den Westen graben. Bis die richtig dran sind, ist schon fast eine ganze Stunde vergangen. Eine Kombination aus Agentenfilm und deutschem Panorama im Jahr 1974 will der Dreiteiler sein. Ein ehrgeiziges Vorhaben, das sich vor allem in epischer Breite des Stoffes ausdrückt: dreimal neunzig Minuten wollen schließlich gefüllt werden.
In die Breite statt vorwärts erzählt
Und genau hier liegt auch die Schwäche des Films: Er erzählt mehrere Geschichten parallel, springt fröhlich zwischen seinen Handlungssträngen hin und her, schafft es aber schon durch seine Anzahl an Figuren nicht, näheres Interesse für einen Charakter zu wecken. "Der gleiche Himmel" hat somit das gleiche Problem wie die ARD-Serie "Charité". Drehbuch und Regie verzichten zudem weitgehend auf Szenen, die dem Ganzen ein wenig Thriller-Stimmung hätten geben können. Zäh und ohne Pointen walzt sich der Film und schleppen sich die Geschichten vorwärts.
Dabei könnte man ganz zu Beginn noch meinen, es käme eine Art Erotik-Groteske dabei heraus, wenn angehende Stasi-Romeos über die weibliche Emotionen und Hirnhälften aufgeklärt werden. Ins linke Auge blicken sollten sie Frauen, die sie flachlegen wollen. Das linke Auge wäre nämlich mit der rechten Hirnhälfte verbunden, die für Emotion und sexuelle Erregung zuständig sei. Manch ein Zuschauer dürfte versucht sein, diesen Ratschlag beim nächsten Anmachversuch in die Tat umzusetzen.
Ben Becker sorgt für etwas Stimmung
Sex & Crime bleiben allerdings Mangelware. Bei aller Liebe zum gediegenen Geschichtsunterricht, bei so einer Stasi-Agentengeschichte erwartet der Zuschauer doch mal wenigstens einen Hauch von Kalter-Kriegsaction. Besonders wenn das Ding auch noch als Ersatz für den sonst üblichen ZDF-Montagskrimi anläuft. Wenn schon nicht "Liebesgrüße aus Moskau", dann wenigstens aus Ostberlin. Aber das scheitert schon an den Figuren: Sie bleiben meist steif, leblos, sie agieren seltsam steril.
Bis auf Lars Webers Führungsoffizier Ralf Müller: Ben Becker gibt ihn als grobschlächtigen Klotz mit Schnauzer und Kotletten und agiert dabei so stilvoll knarzig, dass er die dauernden Zigaretten gar nicht gebraucht hätte. Ein Typ wie ein Fettfleck, einer wie aus dem richtigen Leben. Daneben hat nur Anja Kling noch ein paar gute Szenen als Mutter, die ihre Tochter für materielle Vorteile dem DDR-Schwimmkader zur Verfügung stellt.
Hollywood kann es besser
Die einzelnen Geschichten sind zwar phasenweise nicht schlecht und hätten jede für sich einen durchaus passablen Film ergeben können. Aber auf die Idee, da mal einen richtigen Krimi oder mehrere draus zu machen, sind die Macher offenbar nicht gekommen. Schade, warum müssen solche Filme aus deutscher Produktion bloß immer so zäh und öde rüberkommen – Hollywood zeigt doch schon seit Jahrzehnten, wie man es besser macht. Und auch von manchem guten "Tatort" und Montagskrimi hätte sich "Der gleiche Himmel" eine Scheibe abschneiden können.