"Liebe auf den zweiten Blick": Hübsch gemacht

Der Liebesfilm überzeugt mit knackigen Dialogen, einem zarten Hauch Erotik und einer umwerfenden Hauptdarstellerin.
Schon merkwürdig: Da liest man ständig von Landflucht und das viele ländliche Gemeinden veröden. Jeder will in die Städte, Ballungsgebiete haben einen hohen Reiz - außer am Freitagsabend in der ARD. Da wird nämlich ausgiebig Landleben zelebriert, in stark romantisierter Form natürlich, und verbunden mit einer Liebesgeschichte. Anscheinend ist Liebe nirgends schöner als zwischen Heuballen. So auch "Liebe auf den zweiten Blick" aus der ARD-Romantikreihe "Lilly Schönauer". Der Name ist reine Fiktion, es gibt keine Schriftstellerin mit diesem Namen. Dafür aber eine Reihe von bisher 14 romantischen Filmen seit dem Jahr 2006. "Liebe auf den zweiten Blick" ist Nummer 12 und entstand nach einem Drehbuch von Andrea Brown. Die hat zwei Romane ("Sex oder Liebe" und "Träum weiter, Baby") im dtv veröffentlicht und man muss ihr bescheinigen, dass sie hier eine sehr ordentliche Arbeit abgeliefert hat.
Banker auf dem Bauernhof
Es geht um Sophie (Henriette Richter-Röhl), die den Hof ihrer Eltern - allerdings ist nur ihr Vater noch am Leben - auf biologische Landwirtschaft umstellen will. Und um Julian (Andreas Kiendl), ihre erste große Liebe. Julian hat als Banker Karriere gemacht und soll auf Wunsch seines Vaters Franz (Michael Mendl) auf Sophies Hof ein kurzes Praktikum absolvieren, um das Landleben kennenzulernen und damit auch die Kreditwürdigkeit von Landwirten besser beurteilen zu können. Sophies Vater ist ein alter Freund von Franz.
Sophies Empfang für Julian fällt so kühl aus, dass man sofort weiß, dass sich die beiden am Ende kriegen werden, auch wenn es Sophies blässlichem Verlobtem Martin (Christoph von Friedl) natürlich nicht passen wird. Dafür freut sich Sophies beste Freundin Mia (Hilde Dalik) mit ihr. Als echtes Hindernis zum glücklichen Ende taucht nur ein Kredit auf, den Franz Sophie nicht geben will: Die will nämlich nichts einsparen, wenn sie dafür auf ihre geliebten Tiere und die beiden Helfer auf dem Hof verzichten muss.
Henriette Richter-Röhl ist eine Wucht
Trotz der vorhersehbaren Handlung - spätestens als Martin Sophies Vater in ein Altenheim schicken will, besteht über den Ausgang der Geschichte beim besten Willen kein Zweifel mehr - und des eine Spur zu geschwätzigen Endes bietet der Film passable Unterhaltung. Die Lösung der Konflikte am Ende mutet halbwegs realistisch an, die Charaktere geben sich facettenreich und lebensnah und der Schmalzfaktor hält sich in Grenzen. Auch ein wenig jugendfreie Erotik wird geboten, als Sophie einmal schwimmen geht. Dazu gefallen die witzigen und pointierten Dialoge. Außerdem gibt es einen Grund, warum man den Film auf keinen Fall verpassen sollte: Sophie-Darstellerin Henriette Richter-Röhl gibt die Sophie mit so viel Temperament, Nuancenreichtum und Überzeugungskraft, dass sie den Rest der Besetzung beinah an die Wand spielt. Und sich nachdrücklich für weitere Rollen empfiehlt.