1. Startseite
  2. Film, TV & Serien

Schulversager sind die Eltern

Kommentare

In dem Kammerspiel soll eine Lehrerin ihre Klasse abgeben. Weil die Schüler angeblich zu schlechte Noten haben und der Wechsel aufs Gymnasium ansteht.

„Frau Müller muss weg“ hat bereits als Bühnenstück von Lutz Hübner Aufmerksamkeit erregt. Sönke Wortmann selbst hat es am Berliner Gripstheater inszeniert. Dass der namhafte Regisseur („Das Wunder von Bern“, „Der bewegte Mann“) das kleine Schauspiel nun auch fürs Kino bearbeiten wollte, hat sich gelohnt. Denn die dramatische Zuspitzung der Handlung lässt sich gut auf die Leinwand übertragen. Und die filmische Möglichkeit der Großaufnahme macht jene Unmittelbarkeit wett, die das Theater mit seinen echten Darstellern dem Film gelegentlich voraus hat.

Frau Müller, Klassenlehrerin an einer Grundschule in Dresden, ist eine etwas rundliche, liebenswürdige, sehr bemühte Frau. Das merkt man sofort, als sie zu einer Sondersprechstunde den Raum ihrer Schüler betritt. Dort haben sich einige Eltern versammelt, um Frau Müller dazu zu bringen, die Klasse 4b abzugeben. Denn die Kinder haben schlechte Noten, und das wollen die Eltern auf gar keinen Fall dulden. Entscheidet doch das Jahrgangszeugnis über einen Wechsel an eine höhere Schule.

Der Angriff auf die überrumpelte Pädagogin erfolgt so energisch „zielführend“, wie es leistungsbewusste Eltern sich abverlangen, und zugleich so betont einfühlsam, wie es unter liberalen Bürgern zum guten Ton gehört. Dennoch entwickelt sich das Treffen rasch zu einer Konfrontation zwischen Frau Müller, wunderbar natürlich gespielt von Gabriela Maria Schmeide, und der knallharten Karrieremutter Frau Höfel, ganz fantastisch dargestellt von Anke Engelke. Als Frau Müller den Rücktritt verweigert und das Klassenzimmer wütend verlässt, geraten die verschiedenen Eltern mit ihren jeweiligen Vorstellungen aneinander.

Die 80 Filmminuten sind handwerklich solide, aber keineswegs grandios inszeniert. Sie erhalten ihre ungewöhnliche Brisanz durch ihre Thematik. Die Schule wird hier aus verschiedenen Blickwinkeln als Problemfall einer ganzen Gesellschaft dargestellt. Und es sind interessanterweise die Eltern, die als Schulversager erscheinen. Ihre Kinder sind ihnen entweder gleichgültig, oder aber sie betrachten sie übermäßig behütend und gefährlich ehrgeizig als Statussymbole, die für das Familienimage herhalten müssen. Ihre eigene erzieherische Verantwortung bürden die Eltern dabei den Lehrkräften auf, die so zu Sozialarbeitern gemacht werden.

Nach der Komödie „Fuck ju Göhte“ (für Jugendliche) trägt nun auch das Kinodrama „Frau Müller muss weg“ (für Erwachsene) sehr bereichernd dazu bei, über die Schule eine Diskussion ohne Selbsttäuschung zu führen. Denn das Schlimmste, das Eltern ihren Kindern antun könnten, wäre schließlich, wenn da gälte: Nicht für das Leben, sondern für die Zensuren lernen wir. Sehenswert

Auch interessant

Kommentare