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"Spuren des Bösen - Schande": Herausragend

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Von: Ulrich Feld

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Mörderisches Mutter-Sohn-Gespann: Gerald Priem (Fritz Karl) und seine Mutter Brigitte (Inge Maux) bringen Richard Brock in tödliche Gefahr. Foto: ZDF/Petro Domenigg
Mörderisches Mutter-Sohn-Gespann: Gerald Priem (Fritz Karl) und seine Mutter Brigitte (Inge Maux) bringen Richard Brock in tödliche Gefahr. Foto: ZDF/Petro Domenigg © (ZDF)

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Richard Brock (Heino Ferch), Wiener Verhörspezialist und Kriminalpsychologe, hat ein Verhältnis mit Paula, der Frau seines Kollegen Alexandre Moser. Kurz nach ihrem letzten Zusammensein in Brocks Wohnung bricht in der Wohnung seines Nachbarn Gabner ein Feuer aus, das auf das Haus übergreift. Brock entkommt unverletzt, nicht aber Gabner: Seine Leiche wird in seiner Wohnung gefunden, vollgepumpt mit einem Schlafmittel und mehrfach durch schwere Schläge mit einem Schürhaken getroffen.

Bald darauf wird Brock von Gerald Priem (Fritz Karl) mit einem Foto erpresst, das ihn mit Paula zeigt. Priem verlangt von ihm, therapiert zu werden. Er wohnt zusammen mit seiner Mutter in einem gepflegten Haus in einem Wiener Vorort. Er hat einst Medizin studiert, aber nach eigenen Angaben niemals eine Prüfung abgelegt. Bald nach seinem ersten Treffen mit Brock gesteht er diesem den Mord an Gabner. Er scheint seine Macht über den erpressbaren Brock zu genießen. Als Brock allmählich hinter das Geheimnis zwischen Priem und seiner Mutter Brigitte kommt, gerät er selbst in tödliche Gefahr.

Kafkaeske Welt in Wien

"Schande" ist der vierte Fall der TV-Reihe "Spuren des Bösen" und entstand nach einem Buch von Martin Ambrosch. Andreas Prochaska führte Regie. Es ist eine verstörende, kafkaeske Welt, die sich dem Zuschauer offenbart: "Wir alle sind Eisberge, die im Wasser treiben. Was wir bewusst wahrnehmen, das spielt sich hier ab - oberhalb der Wasserlinie. Über das, was darunter los ist, haben wir nur ein vages Gefühl und hier, in der Tiefe, da beginnt das Abenteuer" sagt Brock als Dozent an der Universität anhand einer Zeichnung an der Tafel. Und ergänzt kurz darauf: "Und sie könnten dort unten auf Wesen treffen, die ihnen ungeheure Angst einjagen, weil sie ihnen irgendwie bekannt vorkommen."

Der gleichermaßen freundliche wie verzagte Gerald Priem, der alles über den Psychologen zu wissen scheint und mit seiner Mutter in einer eigenartigen Symbiose lebt, scheint direkt aus genau diesem Bereich zu kommen. Und natürlich denkt man in dieser Szene der in Wien spielenden und gedrehten Geschichte auch an Sigmund Freud, den Erforscher des Unbewussten, auch wenn er in der ganzen Geschichte nicht erwähnt wird.

Die Wirkung des Angedeuteten

Buch und Regie zeigen sich in Hochform. Beide ergänzen sich perfekt in der Kunst der Andeutung, der bedeutungsvollen Auslasser und der feinen Zwischentöne. "Schande" wirkt nicht zuletzt darum so verstörend intensiv, weil eben nur wenig ausgesprochen wird. Geradezu quälend langsam hat Prochaska die Geschichte in Szene gesetzt, ohne dass auch nur ansatzweise das Gefühl von Leerlauf aufkommt. Die Kamera scheint öfter hinter Heino Ferch herzuschleichen, als ihm von vorne zu begegnen. 

Das stark zurückgenommene Spiel aller Beteiligten lässt nahezu jede Regung und jede Geste besonders bedeutsam erscheinen. Dazu setzt die Regie sparsame, aber ungemein präzise Schockmomente. Am Ende läuft alles auf ein bizarres Dreieck zwischen Brock, Priem und dessen ebenso monströser wie beschützender Mutter hinaus. Eine ausgezeichnete Inge Maux verleiht diesem vereinnahmenden Mutterwesen in nur wenigen Szenen die entsprechende Statur.

Die hervorragenden Darsteller, die zum Schneiden dichte Atmosphäre und die perfekt aufeinander abgestimmten Elemente der Geschichte machen "Schande" zu einem echten TV-Juwel. Und der Film geht auch in anderer Beziehung in die Tiefe: Wenn man ihn mit seiner subtilen Spannung sieht, wird manchem Zuschauer nämlich erst bewusst, was er in "Tatort"-Krimis wie dem prätentiösen "Die Sonne stirbt wie ein Tier" so schmerzlich vermisst.

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