Guns N’ Roses in Frankfurt: Sänger Axl Rose enttäuscht
Die legendäre Band Guns N’ Roses enttäuscht beim einzigen Deutschland-Auftritt. Die Akustik ist schlecht. Die Stimme von Sänger Axl Rose hängt durch. Doch einer rettet den Abend.
Frankfurt - Die Nachrichten waren furchtbar. Der Auftritt von Guns N’ Roses beim Glastonbury-Festival sei miserabel gewesen, schrieben nicht nur die britischen Kritiker, die als die gehässigsten und unbarmherzigsten der Welt gelten. „Das schlechteste Glastonbury-Konzert aller Zeiten“, hieß es im „Independant“, der sich zu der kühnen These verstieg, die Stimme von Sänger Axl Rose sei eine „Kreatur, die, wenn man sie zum Tierarzt brächte, in einem Pappkarton nach Hause käme“.
Rose wechsle „zwischen einer tiefen Stimmlage, die an einen verstopften Rasenmäher erinnert, und einer höheren, die klingt, als hätte Barry Gibb seine Unterhose zu hoch gezogen“. Was immer das heißen soll, auch die Fans, die ihre Idole sonst selbst gegen den zaghaftesten Einwand verteidigen, waren frustriert. Wenig später, bei einem Gastspiel im Londoner Hyde Park, stürzte Rose auch noch auf der Bühne.
Akustisch desaströs: Guns N’ Roses enttäuschen bei Konzert in Frankfurt
Keine Knochenbrüche, wie sich am Montagabend im Frankfurter Eintracht-Stadion zeigt, dem einzigen - nicht ganz ausverkauften - Deutschland-Gastspiel bei der ausgedehnten Europa-Tournee „We’re F’N' Back!“. Rose (61), nur 20 Minuten verspätet, rennt fast drei Stunden lang auf der Bühne hin und her, als sei dem Mann in der Glitzerhose der Leibhaftige auf den Fersen, während im Hintergrund Totenköpfe tanzen und Comic-Videos vorbeirasen.
Gegenüber dem Mannheimer Auftritt der wiedervereinigten Rock-Superhelden während der 2018er Tour „Not In This Lifetime“ ist sein Bewegungsprogramm noch üppiger. Hilft aber nichts. Bereits der Auftakt mit „It’s So Easy“ und „Bad Obsession“ ist akustisch desaströs: Die Stimme des Sängers klingt nur noch entfernt nach Axl Rose. Die Akustik ist so schlecht, dass seine Bemühungen in diffusem Gewaber untergehen. Von der einst scharfen, markant in den Höhen klirrenden Reibeisenstimme ist nur Raunen, Gebell, dumpfiges Nuscheln und Murmeln zu vernehmen. Gelegentliche spitze Schreikaskaden werden durch Hochfahren der Lautstärke-Regler und mehr Hall am Mischpult verstärkt. Die Tontechniker bekommen das Übel nie in den Griff.

Guns N’ Roses in Frankfurt: Slash bewahrt den Zauber einer Legende
Was von der Aura der kalifornischen Hardrocker mit Duff McKagan am Bass, Richard Fortus an der Rhythmusgitarre, Frank Ferrer am Schlagzeug sowie Dizzy Reed und Melissa Reese an den Keyboards noch lebendig ist, verkörpert Slash. Er trägt wie immer Zylinder und Sonnenbrille, das Rolling-Stones-T-Shirt ist diesmal rot. An seinen unzähligen Gitarren, die er im Laufe des Abends vorführt, auf dass seine Fans sich womöglich eins seiner Signature-Modelle kaufen, ist er unnachahmlich: inspiriert, schnell, virtuos, voller Seele. Er ist in seiner souveränen Lässigkeit der geniale Zauberer neben dem zappeligen Schreihals, immer wieder überlebensgroß eingefangen von den Live-Kameras. Seine prägnante Leadgitarre bewahrt die Essenz: Slash schlägt die Saiten an, und sofort weiß, fühlt, spürt das Publikum - Guns N’ Roses! Sofort hat es teil am Mythos, der die Band seit „Appetite For Destruction“ (1987) und „Use Your Illusion I und II“ (1991) umweht.
Es ist dieser Mythos, der auch in den schlimmsten Momenten, wenn Roses Gesang gegen Slashs Kunst immer weiter abfällt, mitschwingt. Den hören die Fans selbst dann noch ins Getön hinein, wenn die magischen Songs „Welcome To The Jungle“, „Live And Let Die“, „Civil War“, „Sweet Child o’ Mine“, „November Rain“, „Knockin’ on Heaven’s Door“ und an 28. Stelle schließlich „Paradise City“ zwischen den mittleren und zu vielen unbekannten Nummern allenfalls noch eine Ahnung von der Legende vermitteln.
Guns N’ Roses: Gründungsmitglieder nach Jahren des Streits wieder auf der Bühne in Frankfurt
Ein neues Album gab es von den Guns ja seit Jahren nicht, Gerüchte höchstens. Wenn Slash mit dem grandiosen Sänger Myles Kennedy von „Alter Bridge“ unterwegs ist, kommen höchstens 3000 Leute, die eben dann am lautesten jubeln, wenn einer der Guns-Hits gespielt wird.
Jetzt freuen sich die meisten, dass Axl Rose, Duff McKagan und Slash, die Gründungsmitglieder, nach all den Exzessen, den Rose-Ausrastern, dem Streit, den Drogen, dem verspritzten Gift überhaupt wieder und immer noch gemeinsam auf der Bühne stehen. Viele wollen den Abend trotz allem schön und emotional finden. In anderen regt sich Mitleid. Manche ärgern sich, dass sie trotz böser Vorzeichen hingegangen sind. (Michael Kluger)