Geschmeidig modelliert
An der Oper Frankfurt ging Wolfgang Amadeus Mozarts „Hochzeit des Figaro“ als Wiederaufnahme in der Inszenierung von Guillaume Bernardi in die sechste Spielzeit.
Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz, Anbahnung von Ehebruch, versuchter Totschlag im Affekt, Nötigung, Verletzung des Briefgeheimnisses und Amtsmissbrauch sind nur einige Zutaten in Mozarts „Hochzeit des Figaro“.
Auf dem Kerbholz hat sie Graf Almaviva. Im „Barbier von Sevilla“ (in den Opern von Rossini und Paisiello nach der Vorlage von Beaumarchias) hatte Figaro noch den jungen Grafen mit der zukünftigen Gräfin verkuppelt. In der „Hochzeit des Figaro“ wird der Graf zum Fiesling und will seinem Diener Figaro Hörner aufsetzen. Mit Witz und Tücke wird dem Grafen natürlich der Wind aus den Segeln genommen, aber es tun sich doch immerfort bodenlose und erschütternde Abgründe auf, auch in Mozarts Musik.
In Bernardis Inszenierung (Premiere war 2007) werden diese Probleme nicht zum pechschwarzen Weltuntergangsszenario übersteigert, sondern es gibt librettogetreuen Mozart, gleichsam heiter bis wolkig.
Die Kostüme sind historisierend, Inszenierungskonzept und Bühnenbild ohne Schnickschnack, aber auch nicht puritanisch. Bernardi punktet mit gekonnt inszenierter Situationskomik und bringt die komplexen Handlungsstränge leicht nachvollziehbar auf die Bühne. Die jungen Sänger aus dem Ensemble bzw. Opernstudio begeisterten mit Elan und schönen Stimmen, die gleichermaßen zu loben sind. Allen voran Kihwan Sim (Figaro), Louise Alder (Susanna), Iurii Samoilov (Graf) und Nina Tarandek (Cherubino). Die Gräfin wirkte temporär leicht indisponiert, was der Darstellung der geknickten Ehefrau aber nicht abträglich war.
Dirigent Karsten Januschke entlockte dem gar nicht so klein besetzten Orchester mitunter hauchzarte Töne. Die Momente fast transzendent schöner Klänge, die in Mozarts Partitur immer wieder aufleuchten, kamen geschmeidig modelliert aus dem Orchestergraben, ohne aufgeraute oder angespitzte Rustikalisierungen.
(Kum)