Mit monumentaler Wucht
Packend intensiv geriet die gut zweistündige Aufführung des Dvorák-Requiems unter der Leitung von Enoch zu Guttenberg beim Rheingau-Musik-Festival im Kloster Eberbach.
Was jenseits der Grenzlinie liegt, lässt sich zwar individuell erfahren. Als Erfahrung anderen mitteilen lassen sich Ableben und Übergang ins Jenseits indes nicht. Der mittelalterlich lateinische Text der katholischen Totenmesse unternimmt den Versuch, gleichsam hinter den Vorhang des Todes zu blicken, den Menschen sowohl zu mahnen als auch zu trösten. Indem er die Chorgemeinschaft Neubeuern und das Orchester der KlangVerwaltung immer wieder an die Grenzen des dynamisch und artikulatorisch Darstellbaren führte, strich Dirigent Enoch zu Guttenberg die mahnend-warnenden Aspekte des Dvorák-Requiems Opus 89 mit hoher Intensität, beinahe unerbittlich heraus.
Der Introitus, vor allem aber die Schilderung des Jüngsten Gerichts in der Sequenz, kannten immer wieder starke Momente monumentaler Wucht. Packend, beklemmend, mitunter auch einschüchternd. Das Bild des Schwertengels Michael kam einem immer wieder in den Sinn.
Das besaß Kontur und Profil, die problematische Akustik der Eberbacher Basilika schien von allen Akteuren gut beherrscht. Zumal Guttenberg hier erfreulich frei von oft und gerne geübten Manierismen artikulieren ließ, siehe seine sonderbare Deutung des Mozart-Requiems. Dvorák klang nach Dvorák. Den lyrischen, tröstlichen Momenten kam das sehr zugute. Sowohl die Sängerinnen und Sänger zeigten weiche Fülle im Klang, als auch die Holzbläser und Hörner innige Wärme.
Bei den Vokalsolisten stach Susanne Bernhards kräftiger, kompakter Sopran hervor. Ein Pluspunkt bei dramatischen Abschnitten. Allzu dezent blieb dagegen der nicht unattraktive Alt Julia Faylenbogens. Anstelle Dominik Wortigs gestaltete Attilio Glaser ansprechend und beredt die Tenorpartie. Profund, die dunklen Farben seines Basses schön ausschattierend, ließ sich Yorck Felix Speer vernehmen.