Vor und nach der Katastrophe
Das 15. Japanische Filmfestival „Nippon-Connection“ zeigt in Frankfurt Neuproduktionen, Animationsfilme, eine Retrospektive und vieles mehr.
Seit dem Jahr 2000 ist „Nippon Connection“ von einer Universitäts-internen Gründung zu einem großen Kultur-Event geworden. Das Budget beträgt heute bereits 210 000 Euro. Das Festivalprogramm umfasst eine allgemeine Sparte für neues japanisches Kino („Nippon Cinema“) und fünf weitere Programmsektoren: innovatives Kino, Animationsfilme, eine Retrospektive, „Nippon Kids“ und „Nippon Culture“.
Themen-Schwerpunkte pflegen sich eher absichtslos herauszuschälen und stechen den siebzig Organisatoren oft selbst erst rückblickend ins Auge. Diesmal reflektieren viele Festivalbeiträge die demografische Lage, wobei Alterspyramide, Krankheit und Depression keineswegs zur Dominanz deprimierender Filme führt. Zu nennen sind hier die Dokumentationen „Walking With My Mother“ und „Sceneries Of New Beginnings“, aber auch Momoko Andos „[0.5mm]“, worin Sakura Ando, die als Star gehandelte Schwester der Regisseurin, eine Altenpflegerin mimt. Ken Ochiais „Uzumasa Limelight“ handelt von alternden Samurai-Stuntmen, „–1287“ zählt den Countdown einer Krebskranken zum Tode ab. Ähnlich gelagert ist Yuya Ishiis Spielfilm „Our Family“. Insgesamt zeigt „Nippon Connection“ eine Welt-, 29 internationale und 35 Deutschland-Premieren. Hauptkriterium war die filmische Qualität neuer Lang- und Kurzfilme. Nimmt man den Festivaltrailer mit seiner Auswahl von Filmausschnitten zum Maß, so sind außer „Uzumasa Limelight“ und „Walking With My Mother“ sieben weitere Filmwerke vielversprechend. „My Man“ vereint vor dem Hintergrund des Erdbebens in Hokkaido von 1993 Schauspieler dreier Generationen, darunter Japans Superstar Tadanobu Asano, der in weiteren Festivalfilmen zu bewundern sein wird und vom Festival mit dem „Nippon Honor Award“ geehrt und vier Tage lang unter den 65 Festivalgästen sein wird. Seinen deutsch-philippinischen Film „Ruined Heart“ führt der auch als Musiker aktive Asano als Live-Soundtrack-Performance mit der Band „Stereo Total“ auf.
Apokalypse in New York
Sakura Ando, ein weiterer Stargast, spielt gleichfalls in einem weiteren Film mit, sie verkörpert darin eine Boxerin („100 Yen Love“ von Masaharu Take). Im Animations-Sektor geht es um Cyberpunk („Psycho-Pass: The Movie“) und ein postapokalyptisches New York („Appleseed Alpha“). Zu den innovativen „Visions“-Filmen zählen ein trashig-selbstironischer Horrorfilm wie „Hello Zombie“, aber auch der komplexe, sehr bewegende Film „Sharing“, der von den Traumata nach der Dreifach-Katastrophe in Fukushima handelt. Wie stets seit 2011 bilden Filme wie „Little Voices from Fukushima“, „Going Against the Grain in Fukushima“ und eben „Sharing“ ein Nebenthema. Die Retrospektive im Filmmuseum gilt Shinji Somai, der in vielen Formen das Drama Jugendlicher in der Erwachsenenwelt zum Gegenstand nahm. In Japan gilt er als wichtiger Filmer seiner Zeit, hierzulande ist er fast unbekannt. Präsentiert werden zudem Animationsfilme von Studenten aus der Partnerstadt Yokohama und ein „Fokus Okinawa“.
Das Kultur- und Rahmenprogramm beinhaltet eine Fotoausstellung über Tokioter Punkbands, eine Konferenz, Konzerte wie von „Habana“ (Traditional Trance), die Performance eines japanischen Künstlerduos aus Berlin, Partys und Workshops. Zwei Publikums- und ein Jury-Preis werden vergeben.
Vom 2. bis 7. Juni. Veranstaltungsorte: Mousonturm, Naxoshalle, Filmmuseum, Kino Mal seh’n Kino, Die Käs’, Ausstellungsraum Eulengasse. Internet:
(dek)