Als die Wissenschaften entstanden

VON ANKE HILLEBRECHT
HOCHTAUNUS . Renaissance - da denken viele an Leonardo da Vinci, sein berühmtes Gemälde der »Mona Lisa« und seine Erfindungen, die seiner Zeit weit voraus waren. Doch die Epoche in der frühen Neuzeit, in die auch die Reformation fällt, ist vielschichtiger; damalige Erkenntnisse haben unsere Welt nachhaltig beeinflusst. Dieser spannenden Ära vom 15. bis etwa zum 17. Jahrhundert widmet sich das neue Semester des »Studium Generale«, das die Volkshochschule (VHS) Bad Homburg seit 2011 anbietet.
15 Dienstagabende müssen sich die Bildungshungrigen freihalten. Die Lektionen decken verschiedene Wissensgebiete ab. Dabei geht es beileibe nicht nur um Kunst; gleich der erste Vortrag - das Semester startet bereits am kommenden Dienstag, 7. März - steigt in die Mathematik ein. Aber literarisch: In der Stadtbibliothek liest Thomas de Padova aus seinem Roman »Alles wird Zahl«, der anhand fiktiver Persönlichkeiten erzählt, wie sich die Zahlenlehre damals in kürzester Zeit neu erfunden hat.
»In anderen Vorträgen wird es auch um Regeln des Zusammenlebens gehen«, kündigt Gero Fuhrmann an. Der Bad Homburger ist seit mehr als 40 Jahren im pädagogischen Bereich der VHS tätig, hat das »Studium Generale« hier ins Leben gerufen und organisiert die Lesungen. Nun hat er auch Dozenten gefunden für Themen wie Polizeiordnungen in jener Zeit, Architekturschöpfungen, Astronomie und den wieder aufkommenden Sklavenhandel.
»Das war damals ein großer Wirtschaftszweig, auch bei uns in Nordeuropa«, erläutert Fuhrmann das letztere Thema. Es werde nur nicht darüber geredet. Dank den Verschleppten aus Afrika konnten auch die Europäer schon Kaffee und Zucker genießen und Baumwolle verarbeiten. Ein Historiker wird sich mit diesem Aspekt befassen und den Blick bis ins 19. Jahrhundert weiten.
Auch die weiteren Abende werden interessant. Eine Medizinhistorikerin wird den Ausbruch von Seuchen und speziell die damaligen Deutungsversuche für die Ursachen der Pest beleuchten. Ein weiterer Abend widmet sich der anatomischen Illustration in der frühen Neuzeit, die die Medizin nachhaltig beeinflusst hat.
Zwei Lesungen zur Architektur wird es geben und eine zum Humanismus als wichtigster Strömung der damaligen Literatur. Natürlich bekommen auch die Reformation, die zur Glaubensspaltung führte, und die Gegenreformation einen eigenen Vortragsabend.
Reformation und Sklavenhandel
Und der Buchdruck, der technisch, aber auch in seinen Konsequenzen erläutert wird - »ohne ihn wäre weder die wissenschaftliche noch die religiöse Erneuerung je so virulent geworden«, so Fuhrmann. Um Politik und Wirtschaft geht es in dem Vortrag über die Dynastie der Medici.
Erlöserkirchen-Kantorin Susanne Rohn wird mit Klangbeispielen erläutern, wie sich in der Musik Dur und Moll sowie die Dreiklangsharmonik ausbildeten. Im Abschlusskonzert am 11. Juli in der Kirche wird sie mit dem Kammerchor Luthers eigene Kompositionen erklingen lassen, um die Entstehung der protestantischen Kirchenmusik zu erklären.
67 der 87 Teilnehmenden des vorherigen Semesters, das sich um das Mittelalter drehte, haben sich bereits zum Weiterlernen angemeldet; weitere 20 Personen wollen quer einsteigen. Es gibt aber noch freie Plätze. Fuhrmann würde sich freuen, wenn die Zahl der Anmeldungen wieder an der 100 kratzte - »muss nicht sein, wäre aber schön«, sagt der Erwachsenenpädagoge.
Wie an der Uni gehört zum Semester auch eine Exkursion: Vom 6. bis 9. Juli geht es zu Renaissanceschlössern an der Weser - zwischen Hannoversch Münden und Minden gibt es die höchste Dichte von Prachtbauten; sie wurden von den Kriegen des 16. und 17. Jahrhunderts verschont.
Weil das Semester über die Antike in die Coronazeit fiel und da nicht gereist werden konnte, steht vom 29. September bis 7. Oktober zudem eine Exkursion auf die griechischen Inseln Rhodos und Kos an.
