Auch das Auto soll seinen Raum haben

Mobilitätskonzept soll mit zehn ersten Punkten in die Umsetzung gehen
Bad Homburg -257 Millionen Kilometer werden derzeit mit Kraftfahrzeugen auf den Straßen der Stadt pro Jahr gefahren. Dabei werden 33 000 Tonnen CO2 ausgestoßen - das hat die Stadt für das Mobilitätskonzept (MoKo) 2035 errechnen lassen. Weil Bad Homburg bis dahin weiter wächst, mehr Menschen hier wohnen und zur Arbeit einpendeln werden, würde die Zahl, wenn alles so bliebe wie bisher, im Jahr 2035 auf 275 Millionen Fahrzeuge und 35 500 Tonnen CO2 steigen („Worst-Case-Szenario“, Steigerung: 7 Prozent).
Dieser „schlimmste Fall“ soll nach dem Willen der Verwaltung aber nicht eintreten. Im „Best-Case-Szenario“ würden die Emissionen um 39 Prozent sinken - obwohl es mutmaßlich mehr Autos gibt. „Bad Homburger Weg“ nennt dies OB Alexander Hetjes (CDU) - und den skizziert das MoKo. Es ist ein Baustein des 2018 abgeschlossenen integrierten Stadtentwicklungskonzepts ISEK.
Am MoKo wird schon eine ganze Weile gearbeitet. Bisher waren die Ergebnisse wenig konkret; jetzt haben die Verkehrsplaner zwei Hauptziele (Emissionen reduzieren und Erreichbarkeit sicherstellen) sowie sieben Leitziele genannt:
F ußverkehr stärken
Radverkehr fördern
Bus und Bahn optimieren
Neue Mobilität fördern: Hierfür sollen beispielsweise das Angebot für E-Car-Sharing verdichtet sowie an Bahnhöfen „Mobilstationen“ auch mit Leihfahrrädern, Lasten-E-Bikes und Autos eingerichtet, aber auch mehr Ladestationen für Elektroautos geschaffen werden.
Straßenraum attraktiv gestalten : Dort sollen Sitzgelegenheiten eingerichtet werden, damit sich Radler und Fußgänger wohler fühlen. Autos sollen statt auf den Straßen in Parkhäusern abgestellt werden - eine Maßnahme, die durch die teurere Parkgebühren schon greift. Auf der Promenade sollen Maßnahmen zur Verkehrsberuhigung geprüft werden.
Pendel- und Wirtschaftsverkehre effizient gestalten: Pakete sollen in zentralen Depots gesammelt und von dort verteilt werden. In Ladezonen soll der Lieferverkehr gebündelt werden. Betriebe sollen Plattformen für Fahrgemeinschaften einrichten.
Mobil mit dem Auto. Die Planer gehen davon aus, dass 2035 vor allem E-Wagen unterwegs sein werden - mit Strom aus erneuerbaren Energiequellen.
Fußgänger und Radler sollen sich wohler fühlen
Aus den Leitzielen folgen 51 Maßnahmen, von denen zehn zuerst umgesetzt werden sollen. Bei der Auswahl dieser zehn hätten Kostengründe, aber auch eine mögliche Signalwirkung eine Rolle gespielt, erklärt der Leiter der Stadtplanung, Holger Heinze. Denn, ergänzt Hetjes, es komme auf jede und jeden Einzelnen an: Die Homburger sollen motiviert werden, kleinere Touren möglichst mit dem Fahrrad oder zu Fuß zu machen. Das macht derzeit nicht überall in der Kurstadt Spaß, weil Straßen bisher durch die Brille des Autofahrers geplant wurden. Wegen der weltweit drängenden Klima-Problematik wandelt sich das nun, und Bad Homburg will dafür die Bedingungen schaffen.
Ausgewählt wurden die Maßnahmen aufgrund verschiedener Bürgerbeteiligungen der vergangenen Jahre. Dabei will die Stadt eine Unwucht in Richtung Radfahrer vermeiden - „weil Bad Homburg Auto-affin ist“, sagt der OB, und sich von der Online-Befragung vor allem Radfahrer angesprochen gefühlt hätten. „Wir legen den Fokus auf alle Verkehrsmittel, einschließlich Fußgängern, die oft vergessen werden“, sagt Hetjes. „Dabei sind sie am klimaneutralsten.“
Zu drei Startermaßnahmen gab Heinze Details:
Fahrradfreundliche Gestaltung der Hauptachsen : Ob Hessen- und Hindenburgring sowie Urseler Straße künftig eine Auto-Spur abgeben, ist noch immer nicht raus. Heinze hofft, im Winter Ergebnisse der Mikro-Verkehrssimulation zu haben. „Wir wissen aber bereits, dass wir etwas tun können, um die Lage zu verbessern.“ Auch mehr Querungen soll es geben.
Rad(schnell)wege zu den Nachbarstädten: Vor allem aus Oberursel und Friedrichsdorf kommen viele Einpendler nach Bad Homburg. Gute Radwege könnten diese dazu bringen, öfter das Rad oder Pedelec zu nehmen, hoffen die Verkehrsplaner. Heinze: „Hier kann man richtig viel bewirken.“ Gerade im Gewerbegebiet Mitte soll das Radeln angenehmer werden, um zum geplanten Schnellweg zu kommen, der entlang von Zeppelinstraße und Pappelallee führen soll. 3,5 Millionen Auto-Kilometer pro Jahr könnten durch den Radschnellweg allein in Bad Homburg eingespart werden, so Heinze.
Verkehrsfluss auf Süd- und Ostring verbessern: Noch dieses Jahr sollen an der Kreuzung Römischer Hof eine Ampel und eine Einfädelspur errichtet werden. Dort starben in jüngster Zeit zwei Autofahrer, als sie auf die Umgehungsstraße auffahren wollten. Das gleiche ist für die Kreuzung am Grünen Weg (neues Wohngebiet) geplant. Auch die Ampelschaltung am Autohaus B&K soll geprüft und vielleicht verändert werden. An der PPR-Kreuzung habe man damit ja gute Erfahrungen gemacht, erinnert der OB.
Präsentation am 18. Oktober im Güterbahnhof
Im Güterbahnhof präsentiert die Stadt Interessierten am Mittwoch, 18. Oktober, von 17 Uhr an, die sieben Leitziele und 51 Maßnahmen des Mobilitätskonzepts „MoKo 2035“. Sie will darüber informieren, wie diese entstanden sind und was die Stadt erreichen will, außerdem darüber, welche Möglichkeiten die städtische Verkehrsplanung hat und wie die Ziele umgesetzt werden sollen. An „Themeninseln“ können die Gäste mit Expertinnen und Experten ins Gespräch kommen.
Mehr Informationen
Eine gedruckte Broschüre zum MoKo 2035 wird kostenlos ausgegeben, etwa im Kurhaus. Weitere Infos finden sich online unter www.bad-homburg.de/moko .
