Gibt es ein Happy-End im Drama um das Bad Homburger Kino?

Zu Jahresbeginn war die Stadt wieder am Anfang mit den Planungen für das vorgesehene Kino. Jetzt hat sie einen neuen Investor gefunden, mit dem sie sich weitgehend einig ist – es ist kein Unbekannter.
Bad Homburg - In den vergangenen Wochen wurden die Pläne der Stadt, auf der Brachfläche der ehemaligen Post einen Kinokomplex zu errichten, von Oppositionspolitikern schon als „Kinotraum“ bezeichnet. Nachdem kurz vor Weihnachten die Verhandlungen mit dem Investor gescheitert waren, standen die Planungen wieder auf Null. Doch jetzt könnte es in einem Jahr losgehen am Bahnhof. Die Stadt hat einen neuen Investor gefunden und will nun konkret in die Planungen einsteigen.
Dabei handelt es sich um die Procom GmbH & Co. KG. Dem Projektentwickler aus Hamburg gehört bereits die Brachfläche am Ortseingang gegenüber den Basler Versicherungen; noch in diesem Jahr sollen auf der Grünfläche die Bauarbeiten für einen Doppel-Bürokomplex („EO Bad Homburg“) losgehen. Auch für das EU-weite Investorenmodell für den Kinokomplex, der nebenan entstehen soll, hatte sich Procom beworben.
Nach dem Scheitern der Verhandlungen mit dem zunächst ausgesuchten Investor, einer Tochter der Deutschen Leasing, nahm die Stadt Anfang des Jahres Gespräche mit Procom auf. „Über die wesentlichen Inhalte eines Kaufvertrags für das Gelände haben wir Einigkeit erzielt“, berichtet OB Alexander Hetjes (CDU). Klar ist, dass ein Gebäude mit Kino und Club entstehen soll. Im Erdgeschoss wird Platz für mehrere kleinere Einzelhandelsflächen sein. In Richtung Pappelallee soll ein oberirdisches Parkhaus mit rund 300 Plätzen angegliedert werden.
Ein Kino mit sieben Sälen und 900 Sitzplätzen soll entstehen
Bevor die Pläne am kommenden Montag vom Magistrat und am 11. April von der Stadtverordnetenversammlung beschlossen werden sollen, stellte Hetjes sie den Mitgliedern der Gremien gestern Abend vor. Der Rathauschef geht davon aus, eine stabile Mehrheit für das Vorhaben zu haben. Der Koalitionspartner SPD und die Grünen hätten schon Zustimmung signalisiert. Beide Fraktionen hatten auch zuvor bekundet, weiterhin Kino und Club am Bahnhof haben zu wollen.
Abstimmen sollen die Politiker über Kaufvertrag und Entwicklungskonzept, nach dessen Grundzügen Procom das Gesamtareal bebauen will. Entstehen soll ein Gebäude mit sieben Kinosälen und insgesamt 900 Sitzplätzen. Die Säle sollen „multifunktional“ genutzt werden können – auch für Kongresse. Als großen Betreiber hat man weiterhin Kinopolis im Boot.
Auf den beiden oberen Ebenen könnte der Club entstehen. Teil des Musiklokals könnte eine „Roofbar“ werden – also eine Bar auf dem Dach, wo die Gäste im Sommer unter freiem Himmel sitzen und mit Blick auf die Homburger Turm-Skyline einen Cocktail trinken könnten. Ein für den OB besonders wünschenswertes Detail der Planung, da es einen Vorschlag aufgreife, den Jugendliche gemacht haben.
Investor setzt sein Konzept auf eigene Kosten um
Im Erdgeschoss wäre noch Platz für einige kleinere Geschäfte, deren Eingänge vom Bahnhofsvorplatz aus erreicht werden könnten. „Welche Läden dort hineinkommen, wird natürlich mit dem Zentrenkonzept abgestimmt, um den Einzelhandel in der Innenstadt nicht zu schwächen“, so Hetjes. Denkbar seien Geschäfte, die Reisende versorgen: eine Apotheke, eine Drogerie oder ein „Rewe to go“.
Anders als der vorherige Investor werde Procom sein Konzept auf eigene Kosten umsetzen und auch das komplette Risiko tragen. Die Investitionssumme soll dem Vernehmen nach 30 Millionen Euro betragen. Die Stadt würde der Procom das 6690 Quadratmeter große Grundstück zum aktuellen Bodenrichtwertpreis (550 Euro pro Quadratmeter) verkaufen – und hätte dadurch laut Hetjes bereits Gewinn gemacht.

Auch das Verfahren verspricht laut Rathauschef einfacher zu werden als beim vorherigen Investor. Weil die Stadtwerke in dem Gebäude nicht mehr vorgesehen sind, müsse die Stadt das Projekt nicht mehr europaweit ausschreiben. Ein Bieterverfahren sei ebenfalls nicht notwendig, da die Procom bereits das Nachbargelände besitzt und daher keine Nutzungsbeschränkungen zu erwarten sind.
Damit auch zügig etwas passiert auf dem Gelände, wird Procom eine Bauverpflichtung zu unterschreiben haben. Hetjes geht davon aus, den Stadtverordneten – sofern sie der Vorlage jetzt zustimmen – im Juni den finalen Kaufvertrag präsentieren zu können. Noch in diesem Jahr rechnet er mit dem Bauantrag, so dass Anfang 2020 auf dem Post-Areal in Bad Homburg erneut die Bagger anrücken könnten und der Kinotraum zur Wirklichkeit wird.
Von Anke Hillebrecht
Kommentar von Redakteurin Anke Hillebrecht: Das Kino-Drama braucht ein Happy-End
Die Homburger Politiker, die erstmals davon sprachen, für die Jugend am Bahnhof ein Kino und einen Club zu bauen, sind heute auf dem Weg in die Rente. Nachdem lange nur über das „Move-and-Groove-Center“ geredet wurde und es Ende 2018 so aussah, als würde es wieder nichts mit dem Kino, könnte es nun plötzlich ganz schnell gehen. Anfang 2020 will der neue Investor bereits mit der Entwicklung des Grundstücks loslegen. Dass er das kann, zeigen Gewerbekomplexe, Wohnheime und ein Hotel, die Procom in Hamburg schon gebaut hat. Es ist eine Chance, gleich zwei zentral gelegene Brachflächen am Bahnhof aus einer Hand entwickeln zu lassen. Andererseits gibt die Stadt mit dem Verkauf der Areale aber auch die letzten Filetstücke aus der Hand.
Wegen der politischen Mehrheiten dürfte das Vierteljahrhundertprojekt nun seinen Lauf nehmen. Und der OB war klug genug, diesmal den Koalitionspartner SPD – wenn es auch zeitlich wieder knapp erscheint – mit ins Boot zu nehmen, anstatt ihre Zustimmung einfach vorauszusetzen wie jüngst bei seinen Erweiterungsplänen für den Golfplatz. Dennoch gibt es Risiken: Es ist bekannt, dass Streaming-Dienste wie Netflix den Kinos gehörig Konkurrenz machen. Und auch die Mediatheken der öffentlich-rechtlichen Sender sind gut sortiert. Klar, das Leben schreibt stets neue gute Geschichten, und der Stoff für Filme geht nie aus. Trotzdem wird es eine große Herausforderung, in einer Stadt wie Bad Homburg jeden Tag sieben Kinosäle zu füllen.
Allerdings haben die Kinobetreiber – allen voran Kinopolis – sich auf die neue Situation eingestellt. Mit modernen Soundsystemen, die den Besuchern James Bond quasi von hinten ins Ohr sprechen lassen, großer LED-Leinwand und Cocktailservice am Kinosessel versuchen sie, der Wohnzimmer-Konkurrenz die Stirn zu bieten. Nicht zu vergessen: Die Kinosäle am Bahnhof sollen multifunktional nutzbar sein. Das wäre ganz im Sinne der kurstädtischen SPD, die vorgeschlagen hat, die Säle tagsüber auch für Kongresse zu öffnen. Vielleicht sind die Bad Homburger über diese Möglichkeit einmal froh – wenn das Kurhaus saniert wird.