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Mehr als 20 dürfen es nicht werden

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Damwild-Herde im Hirschgarten muss dann und wann reguliert werden - auch wenn es traurig ist

Bad Homburg -Neugierig kommen der Damhirsch und einige andere Damtiere an den Zaun des Hirschgartengeländes und strecken den Besuchern ihre Nasen und Mäuler entgegen. Überhaupt nicht scheu, hoffen sie, dass sie von den Menschen ein kleines Leckerli bekommen - am liebsten ein Stück Karotte. „Eigentlich ist das Füttern der Tiere nicht erwünscht, schon gar nicht Brot“, sagt Thilo Kappus.

Kappus ist der Leiter der Abteilung „Grünpflege 2“ des Betriebshofes. In seine Verantwortung fallen unter anderem die Außenpflege von Wiesenflächen, die Kontrolle von Bächen, die Bepflanzung von Kübeln und Beeten im innerstädtischen Bereich, die Kontrolle der Spielplätze in der Kurstadt und des Hirschgartens, das heißt, die Betreuung der dort beheimateten Tiere sowie des gesamten Geländes.

Erst die Brüder Blanc, dann die vier Scheller-Schwestern

Die Geschichte des beliebten Naherholungsgebietes reicht bis ans Ende des 17. Jahrhunderts zurück. Der damalige Landgraf Friedrich II. hatte auf dem Areal vor dem Taunushang einen Wildpark anlegen lassen. Rund 120 Jahre später entstand aus dem großen Jagdgebiet ein kleinerer „Thiergarten“. In den 1850er Jahren pachteten schließlich die Spielbank-Brüder François und Louis Blanc das Gelände.

Der Wildtiergarten war mittlerweile zu einem beliebten Ausflugsziel der Homburger Kurgäste geworden. Aber auch die Einheimischen zog es immer wieder dorthin, zumal es nun auch eine kleine Gastwirtschaft gab, die die Brüder Blanc aus dem ehemaligen Jagdhaus, dem sogenannten „Pürschhäuschen“, errichtet hatten.

Von 1903 bis 1960 bewirtschafteten die damals bekannten vier „Scheller-Schwestern“ die Gaststätte. Obwohl diese nur sehr einfach ausgestattet war und bis 1936 sogar weder Strom noch Wasser hatte, schafften es die vier Frauen, dass der Hirschgarten besonders an den Sonn- und Feiertagen zum Ziel großer Gästescharen wurde. Besonders spannend für die Besucher war, dass die Tiere bis an die Tische kamen und sich gerne etwas Kuchen von den Tellern stibitzten. Als dann 1962 Bad Homburg das Gelände des Hirschgartens kaufte, wurde ein völlig neues Restaurantgebäude am Hang errichtet und das Gelände für die Tiere eingezäunt.

Um die Tiere vor Eindringlingen wie Wildschweinen oder Hunden zu schützen, laufen die Mitarbeiter von Thilo Kappus jeden Tag den Zaun um das rund fünf Hektar große Areal ab und schauen nach möglichen Schäden. „Das sind etwa fünf Fußballplätze“, erklärt Kappus, damit man sich die Größe etwas besser vorstellen kann.

Zurzeit gibt es 14 adulte (erwachsene und geschlechtsreife) Damtiere und sechs erwachsene Mufflons im Hirschgartengehege, dazu kommen noch die jeweiligen Jungtiere. Die Zahl der adulten Tiere ist festgelegt und in einem Gehegebuch festgeschrieben, sagt Kappus. Das heißt, es dürfen nicht mehr als diese 20 erwachsenen Tiere in dem Gehege sein. Das sei nicht nur aus Platzgründen wichtig, sondern auch, um eine Inzucht bei den Tieren zu vermeiden, erklärt er. Das heißt, es muss immer eine genetische Vielfalt der Tiere sichergestellt und deshalb darauf geachtet werden, dass sich beispielsweise Geschwistertiere nicht miteinander paaren. Um einer möglichen Gefährdung der Tiere entgegenzuwirken, werden einmal im Jahr vorher ausgesuchte Tiere aus dem Gehege „entnommen“. Das heißt zum einen, dass manche Tiere in einen anderen Tiergarten gebracht werden. Es bedeutet aber zum anderen, dass manche Tiere getötet werden müssen. Dies wird von einem Jäger vollzogen, der die entsprechende Berechtigung hat, in einem Gehege zu schießen. Der Bestand wird dann „jagdrechtlich reguliert“, wie es im Fachjargon heißt.

Manchmal wird geschossen

„Das tut meinen Mitarbeitern immer sehr weh, wenn es so weit ist“, sagt Thilo Kappus. „Sie kümmern sich ja sehr intensiv um die Tiere, und da entstehen natürlich auch Bindungen zu ihnen.“

Die Mitarbeiter sind es auch, die die Tiere voneinander unterscheiden können und wissen, welches Jungtier von welchem Muttertier stammt. Erkennbar ist dies aufgrund der Konstellation der Fellwirbel auf dem Kopf der Tiere.

Doch bis der Entscheidungstag kommt, welche Tiere im Gehege bleiben können, genießen Damwild und Mufflons die Grasfläche und den Wald, in den sie sich auch immer wieder zurückziehen können. „Der Hirschgarten ist sehr gut angelegt“, findet Thilo Kappus.

Das Damwild liebt als Äsungswild vor allem die freien Rasenflächen. Die Mufflons, die aus der Familie der Wildschafe kommen, sind scheuer, klettern gerne auf der extra für sie angelegten Steingruppe herum und halten sich etwas versteckt bei den Bäumen auf. Normalerweise finden die Tiere in dem Gehege genügend Futter. Hinzugefüttert wird nur im Winter. Dann füllen die Mitarbeiter des Betriebshofes noch Mais, Rüben und Heu in die Raufen am Tierhaus des Wildgeheges. „Wenn aber die Sommer sehr heiß sind und das Gras verbrannt ist und nicht mehr wächst, dann füttern wir die Tiere natürlich auch im Sommer“, erklärt Kappus. Wasser zum Trinken haben die Wildtiere durch den Heuchelbach, der seitlich durch das gesamte Areal fließt. Ein eingebautes Wehr staut den Wasserlauf des einen Bach-Arms wie zu einem kleinen Teich.

Da kommen neue Besucher zu dem Zaun. Einige Tiere waten flink durch das Wasser, stecken den Besuchern ihre Nasen und Mäuler hin und hoffen auf ein Stück Karotte.

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