Ohne Abriss wird es nicht gehen

Kurhaus-Umbau: Auch bei einer Sanierung müssen Teile ersetzt werden
Bad Homburg -Es ist die Ruhe vor dem Sturm. Die Tage des Kurhauses, wie wir es kennen, sind gezählt. Doch warum ist es so still um das Mega-Projekt geworden? „Dass man nichts hört, bedeutet nicht, dass nichts passiert“, sagte Kurdirektor Holger Reuter jetzt dem Ortsbeirat Innenstadt. Der hatte das Thema auf der Tagesordnung, weil der Kurhaus-Umbau mehr als alle anderen Baustellen das Leben in der Innenstadt beeinträchtigen wird.
Und Reuter hatte eine Menge Neuigkeiten im Gepäck, die man der Homepage kurhaus-bad-homburg.de nicht entnehmen kann - dort stammt die jüngste „Neuigkeit“ vom 6. April vorigen Jahres. Im Sommer wurde dann bekannt, dass die Hotelkette Maritim aus dem Vorhaben aussteigt - was die Sache noch komplizierter macht, als sie ohnehin schon ist. Denn deren Gebäudeteil soll so stehen bleiben, wie er ist.
Nun müssen die beiden ausgewählten Architekturbüros ihre Raumbücher - also die detaillierten Pläne über die entstehenden Räume des Gebäudekomplexes - neu planen, ohne das Maritim mitzuerweitern. Eine Quadratur des Kreises, denn das Hotel ragt an einigen Stellen in den kur- und stadteigenen Kongressbereich hinein.
Neue Pläne nach Maritim-Ausstieg
Die Anforderungen für die Raumbücher wurden, so Reuter, den Architekten am 6. Januar mit leichter Verspätung übergeben. Mitte Februar folgten die Abstimmungen mit den Fachplanern für Tragwerksplanung, Brandschutz, Verkehr. Bis Ende Mai sollen die fertigen Pläne an die Kur termingerecht übergeben werden - das war zunächst für April geplant. Dann soll auch die Baukosten-Schätzung fertig sein. Zur Bewertung der Wirtschaftlichkeit aller drei Modelle - Sanierung und zwei Mal Neubau - wird ein Ingenieurbüro beauftragt.
Doch wann wird die Frage der Fragen entschieden, nämlich ob es einen Neubau geben wird oder ob man versuchen wird, das jetzige Kurhaus zu sanieren? Die Sparzwänge und die Baukosten seit Beginn des Ukraine-Krieges haben die Frage nach den Kosten noch mal drängender gemacht. Das Stadtparlament muss diese Entscheidung treffen, wenn alle Informationen zu den Alternativen vorliegen, vor allem jene der Kosten. Zum Investitionsvolumen könne man noch nichts sagen.
Zuvor sollen alle Bürger ab 16 Jahren ihre Einschätzung abgeben. „Wir werden in diesem Jahr noch etwas präsentieren, was in der Politik dann diskutiert wird“, versprach Reuter. Eine Abstimmung der Bürger zu dieser Frage lasse die Hessische Gemeindeordnung nicht zu. „Aber wir wollen eine möglichst breite Meinung. Es ist unser wichtigstes Gebäude an zentralster Stelle.“
Dass das Kurhaus erneuert werden muss, ist unumstößlich - auch wenn die Kosten der Stadt gerade gar nicht in den Plan passen. Aber Nichtstun wäre fatal, erläutert der Kurdirektor und verweist auf die Tiefgarage- (siehe auch unten). „Es liegt substanziell einiges im Argen in dem Gebäude.“
Kosten sparen durch Geothermie?
Die Frage, ob sich eine Sanierung lohnen würde, wird frühestens Ende des Jahres entschieden. Dass der zentralsten Stelle der Stadt aber ein größeres Abriss-Szenario bevorsteht, scheint nach Reuters Worten in jedem Fall klar. Denn auch bei einer Sanierung werde es „massive Eingriffe“ in die alte Bausubstanz geben. Es werde eine Entkernung und einen Teilabriss geben. „Das muss man den Bürgern aber auch klarmachen“, mahnte Stefanie Wassermeier (SPD).
Das Maritim wolle auch in der Bauphase offen bleiben, weiß Reuter. Dennoch werde es an den Kosten für den Umbau prozentual beteiligt. In Anbetracht der gestiegenen Energiepreise müsse man umdenken, wie man das Gebäude künftig versorgen wolle, so der Kurdirektor: „Im Dezember haben wir erfahren, dass wir im Kurhaus eine 400-prozentige Preissteigerung hatten und 800 000 Euro Mehrkosten.“ Denkbar seien inzwischen auch der Einbau von Solaranlagen - oder Geothermie, wie im Gotischen Haus. War dies bislang wegen des Heilquellenschutzes an dieser Stelle untersagt, so gebe es jetzt wegen „anderer Bohrmöglichkeiten“ neue Horizonte. Es müsse aber wirtschaftlich sein. Auch kann sich Reuter vorstellen, dass alte Teile, etwa aus dem Theater, beim Umbau erhalten werden, um Kosten zu sparen. Die Größe von 766 Plätzen sei passend für Bad Homburg.
Somit ist die zuvor leidenschaftlich diskutierte Fassadengestaltung fast ein wenig in den Hintergrund geraten. Klar sei aber, so Reuter, dass der jetzige Flickenteppich beseitigt wird. Derzeit ragt ein Teil des Hotels über den Kongress-Bereich, was man von der Alten Post aus gut sehen kann. Künftig soll es hier eine schicke Front in einheitlicher Höhe geben - ob modern oder nach historischem Vorbild, muss ebenfalls noch entschieden werden. Ein Foyer mit mehr Licht und eine „Blickachse von der Louisenstraße bis zum Schwanenteich“ sind das Ziel.
Die Innenstadt-Politiker treibt auch die Frage um, wie die Verkehrsführung künftig geregelt ist. Dazu sei ein eigenes Gutachten beauftragt, so Reuter. Die Informationen des Kurdirektors hätten ihm einige Ängste genommen, sagte Ortsvorsteher Thomas Meye (CDU), selbst Einzelhändler, nach Reuters Vortrag. „Wir bauen kein Luftschloss“, hatte Reuter versprochen. Baubeginn werde „frühestens 2025“ sein.
Schwierigkeit Tiefgarage
In der Tiefgarage sieht man wohl am besten, wie sehr das ganze Kurhaus-Gebäude in die Jahre gekommen ist. Dort befinden sich tragende Teile für den ganzen Komplex. Im Laufe der Jahrzehnte haben Nässe und Streusalz den Beton und die Stahlträger angegriffen, und auch die Sprinkleranlage werde schon von der Bauaufsicht begutachtet, erklärte Kurdirektor Holger Reuter.
Anfang 2019 hat die Kur- und Kongreß-GmbH schon einmal rund 200 000 Euro investiert, um Löcher und kaputte Fugen reparieren zu lassen, so dass das Parkhaus überhaupt weiter betrieben werden durfte. „Jetzt muss Geld in die Hand genommen werden“, betonte Reuter. Wenn man nichts unternehme, werde es auch nicht billiger: Dann müsse die Tiefgarage in vielleicht zwei Jahren aus statischen Gründen geschlossen werden, „und dann müssen Sie oben auch alles schließen“.
Jetzt hat die Tiefgarage 342 Stellplätze, die aber für heutige Autos zu eng sind. Bislang konnte man wegen der Stahlträger an der Breite nichts verändern. Will man künftig nicht weniger Stellplätze haben, muss die Garage größer werden: Man könne bis unter die Louisenstraße gehen.