Der Piraten-Bürgermeister
In wenigen Tagen will der „Piraten-Bürgermeister“ aus Marienbad zum Antrittsbesuch in der Kurstadt erscheinen. OB Korwisi freut sich.
Seit 1990 sind Bad Homburg und das tschechische Marienbad Partnerstädte. Das passt, können doch beide Städte auf eine große Kurbad-Historie zurückblicken. Gemeinsam haben sich die Partnerstädte (mit anderen europäischen Orten) auch um die Aufnahme in die Liste der Unesco-Weltkulturerbestätten beworben (wir berichteten).
Seit neuestem gibt es noch eine weitere Gemeinsamkeit: ein Stadtoberhaupt, mit dem vor der jeweiligen Wahl niemand gerechnet hatte. 2009 setzte sich Michael Korwisi (Grüne) überraschend bei den OB-Wahlen in der konservativen Kurstadt durch. Noch sensationeller ist aber die Wahl von Vojtech Franta zum Stadtoberhaupt von Marienbad. Nicht nur, dass der studierte Architekt erst 29 Jahre alt ist, er ist auch noch für den tschechischen Ableger der Piratenpartei angetreten. „Wir dachten zunächst, das kann nicht wahr sein, da hat es irgendeinen Fehler gegeben und es muss neu ausgezählt werden. Es war ein unglaublicher Sieg“, jubilierte Franta. Die Piraten haben in Marienbad den einzigen Sieg in der Tschechischen Republik geholt und sind auch mit einem starken Übergewicht in den Stadtrat eingezogen. Sie holten in der westböhmischen Stadt 21 Prozent. Franta hatte als Parteiloser für die Piratenpartei kandidiert und wurde mittlerweile zum Bürgermeister der 13 000-Einwohner-Stadt gewählt. Sein Vorgänger Zdenek Král, seit 2006 im Amt, war nicht mehr angetreten.
Probleme gibt es in dem Kurort, der ein wenig vom Ruhm seiner Vergangenheit zehrt, genügend. So leidet man unter anderem an der Abwanderung der Jugend. „Wir repräsentieren im politischen Spektrum die jüngste Partei – das war ein Grund für unseren Wahlerfolg. Die Wähler wollten Veränderungen – das bieten wir, und wir werden versuchen, so viel wie möglich davon auch umzusetzen.“ Franta engagiert sich bereits seit längerem in der Bürgerinitiative ?vihák, die sich in Marienbad für eine Belebung und Verjüngung in der Kultur einsetzt. „Wir arbeiten nun schon fast zwei Jahre daran, den Menschen einen Grund zu geben zurückzukehren.“
Aber auch der Bädertourismus – das wird Korwisi gerne hören – spielt für den „Piraten-Bürgermeister“ eine gewichtige Rolle, stellt er für Marienbad noch immer die größte Einnahmequelle dar. „Mit Marienbad verbindet uns inzwischen eine sehr gute Zusammenarbeit. Neben Aktivitäten der Bad Homburger und der Marienbader spielt dabei auch die gemeinsame Unesco-Bewerbung eine Rolle“, so Korwisi. Er hofft: „Dass wir neben allen anderen Aktivitäten auch diese enge Abstimmung fortsetzen können.
Die Tatsache, dass Bürgermeister Franta von Beruf Architekt ist, kommt dem vielleicht sogar entgegen. Ich kenne ihn noch nicht und freue mich auf unsere erste Begegnung.“ Übrigens: Franta hat angekündigt, zum Bad Homburger Neujahrsempfang zu kommen.