Sanierung wird zur Mammutaufgabe

Umbau der Villa Victoria zum Sitz der Else-Kröner-Fresenius-Stiftung ist ins Stocken geraten - Einbrecher machen Dach kaputt
Bad Homburg -Das Wort Dornröschenschlaf wird gern für leerstehende alte Häuser benutzt. Auch bei der Villa Victoria, einem girlandenverzierten Gebäude am Rande des Kurparks, drängt es sich auf. Zumal Dornröschen vorerst weiterschlafen darf. Die Else-Kröner-Fresenius-Stiftung (EKFS) hat die seit 21 Jahren leerstehende Villa 2021 von der Kur gekauft, um sie zu ihrem Firmensitz zu machen. Der Abriss des nicht denkmalgeschützten Anbaus hinter dem Haus war vor etwas mehr als einem Jahr rasch passiert. Doch der Umbau der denkmalgeschützten, um 1857 errichteten Villa selbst ist nach der Entkernung ins Stocken geraten.
Von den eigentlichen Plänen, Ende dieses Jahres im Paul-Ehrlich-Weg einzuziehen, sei man weit entfernt, berichtet Prof. Dr. Michael Madeja, Vorstandsvorsitzender der EKFS. Mit zwei größeren Problemen hat die Stiftung nun zu kämpfen: dem Erhalt der maroden, aber historischen Innenwände und einem undichten Dach wegen Einbrechern.
Eigentlich wollte die Stiftung die Innenwände entfernen, um Platz für eine Treppenskulptur zu haben, die das Herz des künftigen Stiftungshauses werden soll. Die Treppe soll nach den Plänen des Architekturbüros Schneider & Schumacher die Form einer „8“ - Symbol der Unendlichkeit - bekommen und Kern des Gebäudes werden.
Doch die Denkmalschutzbehörden befanden, dass die Innenwände wegen der historischen Substanz erhalten werden sollen, berichtet Madeja. Seither darf nicht weitergebaut werden. Die Innenwände sind aus Fachwerk, das vor allem nach 1945 durch den Einbau von Durchgängen instabil geworden sei. „Wir haben lange miteinander gerungen und im Juli einen Kompromiss gefunden“, erklärt der Stiftungschef.
So sollen wenige Innenwände geopfert, die meisten aber erhalten werden. „Wie eine Schachtel“ soll die geplante Treppenhalle in die alten Wände eingezogen werden, deren Betonwände das Gemäuer gleichzeitig stützen. „Das Charmante daran ist: Wir werden eine klare Trennung in Alt und Neu haben“, betont Madeja. Wenn die Stiftung einmal eingezogen ist, sollen durch „Passepartouts“ Blicke auf die alte Wand ermöglicht werden.
Denkmalschutz verlangt doppelte Innenwände
Durch die nun geplante doppelte Wandstruktur werden die Kosten noch mehr steigen, als das durch die allgemeine Steigerung der Baukosten ohnehin schon der Fall sein wird. „Wir ermitteln gerade die Kosten“, sagt Madeja. Positiv werde sich aber auswirken, dass durch die neuen Pläne auf eine Weiße Wanne verzichtet werden könne. Anfang September hat die Stiftung den Bauantrag mit den neuen Plänen bei der Stadt eingereicht. Nun hofft Madeja, dass die Verwaltung bald die Baugenehmigung erteilt, so dass es weitergehen kann. Denn die Zeit drängt aus einem ärgerlichen Grund, womit wir beim zweiten Problem wären: Das Dach ist undicht.
Es sei mehrfach in die Villa eingebrochen und Metall vom Dach gestohlen worden, so dass nun bei Regen Wasser eindringe. „Es wäre gut, wenn wir vor der regenreichen Zeit weiterbauen dürften“, sagt Madeja. Ob dann die Löcher ausgebessert oder über ein Gerüst ein Zusatz-Dach errichtet wird, müsse sich erst noch zeigen. Madeja geht davon aus, dass die Bauarbeiter Ende des Jahres wieder anrücken dürfen. Von da an rechnet er mit drei Jahren Bauzeit. „Es ist kein normales Bauvorhaben; wir werden viele Einzelschritte haben - und Zeiten, in denen nicht gebaut werden kann“, erläutert er. Die Koordination der einzelnen Gewerke, und das in historischer Materie, sei das Hauptproblem.
Bedenkt man, dass das Projekt „kurz vorm Scheitern“ stand, wie Madeja einräumt, kann der Plan, die historische Fassade im Stil der italienischen Hochrenaissance aufzuarbeiten und in den ursprünglichen Zustand von 1903 zurückzuversetzen, als krönender Abschluss bezeichnet werden. Damit das Gesicht der Villa möglichst authentisch wird, ist die EKFS nach wie vor auf der Suche nach Fotografien oder anderen Bildern von der Villa Victoria. „Wir wüssten auch gerne, wie es um 1900 innen aussah.“
1907/08 wurde die einstige Privatvilla zum Sanatorium umgebaut, war von 1929 an ein Kinderheim und in den 1930ern Müttergenesungsheim. „Nach Ende des Zweiten Weltkriegs fand das repräsentative Gebäude Anwendung als Unterkunft hochrangiger alliierter Militärs und beherbergte nach 1955 ein Erholungsheim des Bundes der Kriegsblinden“, heißt es in der Beschreibung des Einzelkulturdenkmals auf denkmalpflege-hessen.de. Die Stiftung hat die Archive angeschrieben und wartet auf Antwort.
Große Medizin-Stiftung
Die Else-Kröner-Fresenius-Stiftung (EKFS) gilt mit einem jährlichen Fördervolumen von über 60 Millionen Euro als größte Medizin fördernde Stiftung Deutschlands. Sie suchte nach einem neuen Firmensitz, nachdem sie die Quandt-Häuser „Am Pilgerrain“ wegen Eigenbedarfs verlassen musste, und will in Bad Homburg bleiben. Hier hat Stifterin Else Kröner den Grundstein gelegt für den von ihr aufgebauten weltweiten Konzern Fresenius, der ebenfalls seinen Sitz in Bad Homburg hat.
