Verwelkte Träume

„Elizas Erben“ haben sich aufgelöst. Der ehemalige Vorsitzende des Vereins kritisiert die Bad Homburger Verwaltung.
Bad Homburg -Der Verein „Elizas Erben“, der sich mit dem Ziel gegründet hatte, im Bereich der Kurpark-Gärtnerei einen Gemeinschaftsgarten für alle Generationen anzulegen, hat sich im Juli aufgelöst. Das erfuhr der Klimaschutz- und Umweltausschuss in Form eines Berichts, der ohne Diskussion zur Kenntnis genommen wurde.
Dabei hatte sich die Politik im vergangenen Jahr für den Verein und bereits zuvor für die Idee dahinter stark gemacht. Im Februar 2020 beschloss das Parlament, prüfen zu lassen, „welche städtischen Flächen sich für gärtnerische Betätigung von Bürgern oder die Anlage eines Gemeinschaftsgartens, sogenanntes ,Urban Gardening‘, eignen und zur Verfügung gestellt werden können“. Im September 2022 wurde der Magistrat beauftragt, das von „Elizas Erben“ angestrebte Projekt „durch mediale Bewerbung auf den städtischen Plattformen zu unterstützen und bei der Suche nach geeigneten Flächen zu helfen“. Die waren seitens des Vereins auf dem Areal an der Ecke Promenade/Augustaallee gefunden. Die Voraussetzungen schienen gut. Die Gärtnerei ist zwar Teil des denkmalgeschützten Kurparks, aber eine Nutzfläche, die durch die Umstrukturierungen im Stadtkonzern nicht mehr so intensiv genutzt wird wie in vergangenen Zeiten.
Stadt: „Funktioniert nur bei verlässlichen Partnern“
In ihrer Bilanz zeichnet die Verwaltung ein gemischtes Bild der Gemeinschaftprojekte im Allgemeinen. Bad Homburg verfüge über eine Vielfalt an herkömmlichen und neuen Gartenformen - über landwirtschaftlich und ökologisch orientierte Nutzungen bis hin zu Naturerfahrungsflächen. Alleine die neun Kleingartenfelder umfassten rund 20 Hektar. Es gebe „Urban Gardening“ etwa im Mariannengarten in der Berliner Siedlung, Hochbeete im Gustavsgarten, gemeinsames Ackern am Lindenhof bei Gonzenheim oder auf der Fläche des BUND in der Ernst-Steinmetz-Straße.
Fazit: „Aufgrund der bereits existierenden Projekte wird kein weiterer Handlungsbedarf gesehen.“ Auch könne das urbane Gärtnern nicht ausschließlich unter dem Aspekt der Flächenverfügbarkeit betrachtet werden. Voraussetzung für ein nachhaltig erfolgreiches Projekt seien außer einer gut erreichbaren Lage auch die Wasserversorgung und eine Unterstellmöglichkeit für Geräte. Und: „Bisherige Erfahrungen zeigen deutlich, dass für die Betreuung einer Fläche eine feste, verantwortliche Gruppe Grundvoraussetzung ist.“
War das bei den „Erben Elisabeths“ nicht der Fall? In einer Auflistung von in Erwägung gezogenen, teils umgesetzten und teils verworfenen Garten-Projekten heißt es dazu: „Nach Einbeziehung der Verwaltung in das Projekt ,Elizas Erben‘ wurden in einem Treffen die Besonderheiten der von der Gruppe favorisierten Fläche (. . .) erörtert.“ Die Nutzung eines anderen Areals habe die Gruppe ausgeschlossen.
Aufgrund des Denkmalschutzes habe zunächst ein entsprechender Antrag gestellt werden müssen, der „auf Grundlage der im März 2023 vorgelegten Bauvorlagen im April genehmigt“ wurde. Aber: „Ein daran anschließender Nutzungs-/Pachtvertrag mit der Eigentümerin Kur- und Kongreß-GmbH wurde seitens der Gruppe jedoch nicht nachgefragt.“ Unter Verweis auf andere aufgegebene „Urban-Gardening“-Projekte an der Gemeinschaftsunterkunft und im Wald bei Dornholzhausen sowie einer offenbar im Sande verlaufenen Initiative des Nabu Ober-Eschbach bilanziert die Verwaltung: „Es wird deutlich, wie wichtig es ist, zunächst zu klären, ob es ernsthaftes Interesse von einzelnen Gruppen aus der Bevölkerung und verlässliche Ansprechpartner gibt. Ein weiterer Ausbau (. . .) funktioniert nur bei verlässlichen Partnerschaften.“
Lenel: Stadt hat kein Interesse an Teilhabe“
Dass der Verein kein Interesse mehr gehabt habe, liest sich auf dessen mittlerweile stark zurückgefahrener Homepage anders. Und angesprochen auf den Bericht der Verwaltung reagiert auch der ehemalige Vorsitzende Andreas Lenel verärgert. „Diese Darstellung ist nicht korrekt, der Verein hat immer wieder die Verwaltung um den Nutzungsvertrag gebeten.“ Der Gruppe sei Anfang 2022 zugesagt worden, dass ihr die Fläche übergeben werde, wenn sich ein Verein gegründet habe. Doch: „Bei einem einzigen Treffen wurde dem Vorstand im November 2022 mitgeteilt, dass für die Nutzung der zugesagten Fläche eine Genehmigung der obersten Denkmalschutzbehörde erforderlich sei“, so Lenel. Wegen einer Abwesenheit in der Verwaltung habe der Antrag erst im Februar mit dem Verein abgestimmt werden können; der Antrag sei dann erst Anfang März genehmigt worden, skizziert Lenel. Er schildert: „Auf zahlreiche Anfragen an die Stadt, ob nicht unabhängig von der absehbaren denkmalrechtlichen Genehmigung schon mit den Verhandlungen über den Nutzungsvertrag begonnen werden könne, wurde immer wieder geantwortet, dass das kurzfristig erfolgen werde.“
Das sei jedoch gar nicht passiert. „So haben sich immer mehr Mitglieder und Interessierte aus dem Verein zurückgezogen.“ Am Ende stand die Auflösung. Dementsprechend bitter fällt Lenels Fazit aus: „Wir haben aus dieser Erfahrung mit der Stadtverwaltung entnommen, dass gerne Versprechungen gemacht werden, aber Projekte, die die Partizipation der Bürger fördern, nicht wirklich unterstützt werden.“ Man sei auch überrascht, „wie wenig sich die Verwaltung bemüht, Entscheidungen der Stadtverordnetenversammlung umzusetzen.“
Lenel hat seine Kritik nun gemeinsam mit seiner Frau Aline in einem Brief an Bürgermeister Dr. Oliver Jedynak (CDU) formuliert - samt Bitte, diesen dem Magistrat und den Stadtverordneten zur Verfügung zu stellen. Daraus ist zu entnehmen, dass die Stadt dem Verein Alternativen angeboten hatte. Diese waren in Lenels Augen indiskutabel. „Es dürfte Ihnen selbst schnell einleuchten, dass der sandige und schattige Gunzoplatz am Rande der Straße als Anbaufläche für einen Naturgarten absolut ungeeignet ist. Auch drei Beete im Schlossgarten, die uns zur Verfügung gestellt werden sollten, boten keine Möglichkeit, einen eigenen Garten zu entwickeln.“
Keinesfalls stehen lassen wollen die Lenels, dass der Verein unzuverlässig gewesen sei. „Wir waren verlässliche Ansprechpartner.“ Man habe die Verbindung mit dem Stadtmarketing aufgenommen, die Bauvorlage für den Denkmalsschutz geschrieben, Pläne vorgelegt. Und: „Nachdem auch das Denkmalamt unseren Plänen zugestimmt hatte, und wir bereits die Setzlinge für den Garten zogen, vergingen weitere vier Monate und ein ganzer Frühling, ohne dass auf unsere zahlreichen Bitten um einen Termin zur Verhandlung reagiert wurde. Da haben wir gemerkt, dass die Stadt kein Interesse an gesellschaftlicher Teilhabe hat.“
Zum Ziel schreiben die Lenels: „Wir wollten und wollen partizipieren an der Klimaanpassung der Kommune Bad Homburg.“ Man sei überzeugt, dass diese Anpassung ohne eine aktive Beteiligung der Bürgerschaft nicht umgesetzt werden könne. Der geplante Naturgarten sollte Bürgern etwa Gelegenheit geben, sich an Projekten wie Insektengärten, Reduktion der Lichtverschmutzung, naturnahen Gärten, Müllvermeidung und vielen anderen für die Klimaanpassung relevanten Lösungsansätzen zu beteiligen und sich selbst dafür zu engagieren.