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Wenn aus vielen Teilen ein Ganzes wird

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Künstler Michael Dekker (links) - vor seinem Werk „Suite“ im Gespräch mit Laudator und Jury-Mitglied Sir Peter Murray - erhält den mit 5000 Euro dotierten „Kunstpreis der Freunde der Blickachsen“.
Künstler Michael Dekker (links) - vor seinem Werk „Suite“ im Gespräch mit Laudator und Jury-Mitglied Sir Peter Murray - erhält den mit 5000 Euro dotierten „Kunstpreis der Freunde der Blickachsen“. © Jens Priedemuth

Michael Dekker erhält „Blickachsen“-Preis für ein „einzigartiges Werk“

Bad Homburg -Musiker denken bei Suiten zuerst an kurze Tanzsätze mit einer mehr oder weniger festgelegten Reihenfolge. Wer die Suite eines Hotels bucht, zahlt etwas mehr, nächtigt dafür aber im großzügigen Ambiente mehrerer Räume.

Programmierer verbinden einzelne Programme zu größeren Einheiten, die ebenfalls Suiten genannt werden. Das Gefolge eines Monarchen bildet gleichermaßen eine Suite. Von der Zwei bis zum As reicht die Suite eines Kartenspiels. Gemeinsam haben diese Abfolgen oder Ketten, wie das aus dem Französischen stammende Wort Suite übersetzt heißt, dass Menschen oder Dinge miteinander verbunden, sinngebend verknüpft werden.

Die Vielfalt und Vielgestaltigkeit solcher Verbindungen stand sichtbar Pate bei Michael Dekkers Skulptur, die während der 13. Blickachsen derzeit im Kurpark zu sehen ist. Aufeinanderfolgende, ineinander verschlungene Bänder aus mattiertem Aluminium bilden ein inspirierendes, perspektivenreiches Ganzes.

„Große Eloquenz“ spricht die Jury des alle zwei Jahre vergebenen Blickachsen-Preises dem eigens für die aktuelle Ausstellung gefertigten Werk Dekkers zu. „Einstimmig“ habe das vierköpfige Gremium entschieden, die mit 5000 Euro dotierte Auszeichnung dem 1983 in Ludwigshafen geborenen Künstler zuzusprechen, sagte Christian Scheffel, Gründer der Ausstellung und Geschäftsführer der „Stiftung Blickachsen“. Bei der Übergabe am derzeitigen Standort der „Suite“ in der Nähe des Schwanenteichs hob er die „dynamischen Schwünge sowie die starke Eigenständigkeit und starke Präsenz“ der Dekkerschen Schöpfung hervor. Dekker habe „ein einzigartiges Werk geschaffen, klassisch, jedoch voller Modernität“, unterstrich Sir Peter Murray, Gründer des Skulpturenparks im englischen Yorkshire und ständiges externes Mitglied der Jury.

Dialog von Kunstwerk und Betrachter

„Überwältigt“ und im besten Sinne überrascht zeigte sich der Geehrte. „Mit der Einladung zu den Blickachsen begann es, in meinem Kopf zu rattern“, berichtete Dekker. Die Eingebungen sprudelten. Binnen kurzer Zeit habe er das Konzept für die „Suite“ entwickelt und mit einer Gießerei umgesetzt. Der Ort, an dem die Skulptur steht, ermögliche den „unmittelbaren Dialog zwischen Kunstwerk und Betrachter“, hob er hervor. Das sei in einem Museum nur sehr eingeschränkt der Fall. Es mache den großen Wert der Blickachsen aus, „einen Beitrag zum Diskurs in der Gesellschaft zu leisten“. Von Kind an habe er sich gerne mit Landwirtschaft beschäftigt, skizzierte der 40 Jahre alte Bildhauer seinen Werdegang. Auf das Abitur folgte eine Lehre als Landwirt - Acker pflügen, Kühe melken. Den „sozialen Aspekt“ dieser Tätigkeit habe er stets mitbedacht, sagte er. Bewusst habe er die Entscheidung getroffen, sich nach dem Abschluss der Lehre der Kunst zuzuwenden. „Ich hätte es später bereut.“

Die Zeit bei Tony Cragg an der Kunsthochschule Düsseldorf beschrieb er als sehr ertragreich. Heute arbeitet er in Wuppertal, sein Atelier in der größten Stadt des Bergischen Landes biete ihm das nötige Umfeld, um ruhig und konzentriert zu arbeiten. Räume zu gestalten, innen wie außen, betrachtet der schlanke, jugendlich wirkende und kommunikative Mann als sein besonderes Anliegen.

Es gehe darum, „die Umgebung wahrzunehmen, aber auch, Fragen zu stellen, zum Beispiel, ob ein Raum wirklich so sein muss, wie wir ihn vorfinden“.

Gestaltung, Umgestaltung, des ewigen Sinnes ewige Unterhaltung, kommt einem ein Goethe-Wort in den Sinn. Bestehendes zu befragen und zu hinterfragen, auch unter dem Aspekt seines gesellschaftlichen Nutzens - Dekkers inspirierend vielsagende Skulptur „Suite“ spiegelt ein reflektiertes, intellektuell wie ästhetisch wohlbegründetes Kunstverständnis.

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