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„Wir leben mit dem Risiko“

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Von: Marc Kolbe

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Stella Deetjen lebt in Kathmandu, hatte Glück, beim Erdbeben in Deutschland zu sein. Jetzt organisiert sie Hilfe für die vielen Menschen, die sie ohnehin schon in Projekten betreut. Heute Abend ist sie bei Markus Lanz zu Gast.

Was aus ihrem Haus in Kathmandu geworden ist? Stella Deetjen zuckt mit den Schultern. „Keine Ahnung, ist jetzt auch nicht so wichtig“, sagt die Bad Homburgerin, die seit einigen Jahren in der nepalesischen Hauptstadt lebt und arbeitet. Viel wichtig ist ihr, dass keiner ihrer 124 Mitarbeiter bei dem verheerenden Erdbeben in Nepal ums Leben gekommen ist. Und auch ihre über 24 000 (!) Schutzbefohlenen scheinen alle wohlauf. Genau wird man das allerdings erst in einigen Tagen wissen, wenn alle Opfer geborgen sind.

Die Geschichte von Stella Deetjen, dem „Stern von Benares“, kennt in der Kurstadt fast jeder. 1996 blieb sie nach einem Urlaub in Indien „hängen“, widmete ihr Leben fortan zunächst an Lepra erkrankten Menschen, den Ausgestoßenen der indischen Gesellschaft. Mit der Zeit baute sie ihr Engagement aus, kümmerte sich um Waisenkinder. Seit 2009 hat sie auch mehrere Projekte in Nepal initiiert, lebt seitdem in Kathmandu (ZUM THEMA). Doch zum Zeitpunkt des Bebens ist sie mit ihrem Sohn Cosmo in Deutschland bei ihrer Familie.

Am vergangenen Samstag klingelte morgens früh um 8 Uhr ihr Handy. Am anderen Ende der Leitung war einer ihrer Manager und informierte sie über die Katastrophe. „Ich bin sofort online gegangen“, erzählt Stella. Seitdem steht ihr Telefon nicht mehr still. Es hagelt Presseanfragen (heute Abend ist sie bei Markus Lanz zu Gast, ZDF 23.15 Uhr), sie steht in ständigem Kontakt zu ihren Mitarbeitern in Nepal und versucht Spenden zu sammeln.

Die ersten Nachrichten aus Nepal waren erschreckend. Die Zahl der Toten stieg (und steigt) von Tag zu Tag. Die, die überlebt haben, trauen sich nicht mehr in ihre Häuser, leben unter Planen auf der Straße. Und die Angst vor Nachbeben ist allgegenwärtig.

Dass es in Nepal zum großen Beben gekommen ist, hat sie nicht wirklich überrascht. „Man lebt dort mit diesem Risiko. Ich habe mir schon oft ausgemalt, was ich in einem solchen Fall tun würde.“ So hat sie anfangs mit einem Motorradhelm neben dem Bett geschlafen. Ihrem Sohn hat sie stets eine Pfeife um den Hals gehängt, damit sich Cosmo – sollte er verschüttet werden – auf sich aufmerksam machen kann. „Das fand er nicht so lustig, aber ich bin halt ein Angsthase“, sagt sie und erzählt, dass sich ihre Nachbarn schlapp über ihre Vorkehrungen gelacht haben.

Mitarbeitern geht es gut

Die Erleichterung war groß, als sie erfuhr, dass ihren Mitarbeitern und Schutzbefohlenen – Stand heute – nichts passiert ist. Im Büro in Kathmandu ist lediglich eine Außenwand eingebrochen. „Der einzige Segen ist, dass das Unglück an einem Samstag stattgefunden hat. Die Väter waren bei ihren Familien, die Kinder nicht in den Schulen.“ Auch die Projektorte außerhalb von Kathmandu – Mugu an der tibetanischen Grenze und Chitwan im Süden – sind nicht ganz so schlimm betroffen wie andere Regionen. Eingestürzte Häuser bestimmen trotzdem das Bild, und bis hier die internationale Hilfe anläuft, wird es noch lange dauern.

Daher sitzt Stella in Deutschland wie auf heißen Kohlen. „Eigentlich müsste ich doch in Nepal sein“, denkt sie sich. Doch sie weiß, dass sie dort im Moment nichts ausrichten könnte, wichtiger ist, in Deutschland Spenden zu sammeln. Zuerst hat sie sich zurückgehalten, wollte den großen Hilfsorganisationen nicht ins Handwerk pfuschen. Doch dann erinnerte sie sich daran, wie viele Spenden nach dem Tsunami versickerten. „Und meine Mitarbeiter in Nepal haben um Hilfe gebeten.“

Doch wo setzt man die Hilfe an? Von ihren Mitarbeitern hat sie erfahren, dass die Hilfe in Kathmandu langsam anläuft. In den Dörfern außerhalb, die nicht mehr über Straßen erreichbar sind, ist die Not jedoch riesengroß. Doch durch ihre Projekte kennt sich das Team von Stella aus. Sie kennen die Menschen vor Ort, wissen, wo es am Nötigsten fehlt. Und so kümmern sich ihre Mitarbeiter in Chitwan und Mugu um Trinkwasser, Nahrungsmittel und Notunterkünfte. Kinder und Erwachsene, die dringend medizinische Notfallversorgung benötigen, werden in Krankenhäuser gebracht, die zum Teil mehrere Stunden entfernt liegen. „Auch um den Ausbruch von Epidemien zu verhindern, müssen wir jetzt schnell handeln“, sagt Stella.

Cosmo ging es die letzten Tage nicht besser, er machte sich fürchterliche Sorgen um seine Freunde. Die hatten ihm noch am Freitag vor dem Beben über Facebook mitgeteilt, dass sie am Abend alle gemeinsam feiern würden. Nach dem Beben konnte er seine Freunde zunächst nicht erreichen, doch mittlerweile gab es Entwarnung, niemand ist gestorben. Und wie seine Mutter will auch Cosmo so bald wie möglich zurück nach Kathmandu, den Menschen und Freunden beiseite stehen und helfen.

Wer Stella und ihr Team bei ihrer Hilfe für die Erdbebenopfer untertstüzen möchte, kann dies mit einer Spende auf folgendes Konto bei der Commerzbank tun: IBAN DE 94 500 800 000 729999002, BIC Swift Code DRESDEFFXXX.

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