Wird die Heilig-Kreuz-Kirche bald verkauft?

St. Marien Verwaltungsrat lehnt Vermittlungsangebot des Ortsbeirats ab
Gonzenheim -Die Zeit drängt. Denn lange, so fürchtet Florentina Scholz, sei es nicht mehr, bevor eintritt, wogegen sie und ihre Mitstreiter seit Monaten ankämpfen: den Verkauf der Katholischen Heilig-Kreuz-Kirche. Am 18. Oktober treffe sich erst der Gemeinderat und sechs Tage später der Verwaltungsrat, weiß Scholz. „Eine Tagesordnung gibt es noch nicht, aber es ist davon auszugehen, dass darüber abgestimmt wird, ob verkauft wird“, sagt die Vorsitzende des Fördervereins Heilig Kreuz.
Eben das, den Verkauf, will auch der Ortsbeirat verhindern. Bereits Ende Mai waren sich die Beiratsmitglieder einig: Der Magistrat solle bei der Pfarrei vorstellig werden und ein Angebot für das gegenüberliegende Kindergartengelände abgeben, das sich ebenfalls im Besitz der Kirche befindet, beantragte der Beirat damals. Gleichzeitig wurden Gespräche zwischen Bistum, Verwaltungsrat, Förderverein und Stadt angeregt; Ortsvorsteher Dr. Karl-Alexander Rastädter (CDU) wandte sich in einem Schreiben an den Vorsitzenden des Verwaltungsrats der Katholischen Kirchengemeinde St. Marien Bad Homburg-Friedrichsdorf, Dr. Claus-Michael Denk.
Kirche will keine Einmischung der Politik
Jener lehnte diesen Vorschlag allerdings ab, wie Rastädter jüngst im Beirat berichtete. „Begründet wurde das damit, dass die Kirche einen eigenen Mediationsprozess habe und es nicht sein könne, dass sich die Politik in die Angelegenheiten der Kirche einmischt“, paraphrasierte der Ortsvorsteher. Verstehen konnte Rastädter das nicht, denn in der „Kirchlichen Immobilien Strategie“ (KIS) des Bistums Limburg sei „explizit vorgegeben, dass die städtischen Gremien und die Bürger miteinbezogen werden müssen“, sagte er.
Das Immobilienprojekt ist der Hintergrund der Geschichte. Angesichts einer sinkenden Zahl von Kirchenmitgliedern hat das Bistum dazu aufgerufen, den Gebäudebestand der Pfarreien einer kritischen Prüfung zu unterziehen. Dabei geriet offenbar die Gonzenheimer Kirche in den Blick der Gutachter. Mit einer Online-Petition machten Ortsausschuss und Förderverein mobil gegen die Pläne. Bislang haben mehr als 1240 Menschen unterzeichnet.
Die Stadt hält sich „sehr bedeckt“
Der Ortsausschuss Heilig Kreuz wisse seit dem 1. Februar davon, sagt Scholz. Damals habe das Bischöfliche Ordinariat dazu aufgefordert, „kreative Vorschläge zu entwickeln“. Das hätten sie getan. Insgesamt sechs Alternativen entwarfen die Gegner des Kirchenverkaufs. Ihr wichtigster Vorschlag sieht vor, nicht die Kirche, sondern das Kindergartengelände zu veräußern - entweder an die Stadt oder an den Kreis. „Die Kirche könnte den Kindergarten in Betriebsträgerschaft weiterführen und die Stadt im Untergeschoss eine weitere Betreuungsgruppe einrichten - da gibt es derzeit ja Bedarf“, schlägt Scholz vor. Die Gemeinde würde aus dem Untergeschoss - dort nutzt sie bislang einige Räume - dann ausziehen.
Die Entscheidungsträger in der Pfarrei konnte sie damit wohl nicht überzeugen. „Uns gegenüber hat die Kirche formuliert, dass das Kindergartengelände nicht zum Verkauf steht“, sagt Stadtsprecher Marc Kolbe. Grundsätzlich halte sich die Stadt „sehr bedeckt“ in der Angelegenheit. „Das ist Sache der katholischen Kirche.“ Auch die gibt sich zugeknöpft. „Vor den abschließenden Entscheidungen zu KIS“ könne man keine Auskunft geben, beantwortet der Verwaltungsrat-Chef eine Anfrage dieser Zeitung. Er wolle „die Entscheidung der zuständigen Gremien nicht präjudizieren“, sagt Denk.
Eigentlich müsse die Kirche „auf uns Gonzenheimer Bürger zugehen und fragen, wie wir zum Verkauf stehen“, klagt Scholz. Im Ortsbeirat zitierte sie aus einer Broschüre des Bistums zur „Umnutzung und Aufgabe von Kirchen“, in der tatsächlich vermerkt ist, dass „die Einbeziehung der Gläubigen am jeweiligen Kirchort wie auch in der dortigen außerkirchlichen Öffentlichkeit unerlässlich“ sei.
Besonders übel aufgestoßen ist Scholz, dass man dem Ortsausschuss in der vergangenen Sitzung des Gemeinderats „noch nicht einmal richtig zugehört“ habe. „Das ist extrem bedauerlich“, findet sie. Scholz ist davon überzeugt, dass der Verkauf der Kirche nur die „ultima ratio“ - nach der Prüfung von Alternativen - sein darf und es auch keinen „schwerwiegenden Grund“ gebe, der laut Verfahrensordnung aber vorliegen müsse.
„Wir sind eine sehr aktive Gemeinde mit 107 Ehrenamtlern - davon 36 unter 30 Jahren“, stellt sie heraus. Finanzielle Gründe könnte die Pfarrei auch nicht anführen. Der Förderverein zahle seit Jahren schon den Unterhalt und Renovierungskosten. „Dr. Denk weiß, dass wir das auch in Zukunft machen werden und genügend Rücklagen haben“, sagt Scholz und kritisiert: „Ein anderer Grund wurde uns bis heute nicht genannt.“
Sie hofft weiter, dass der Verkauf noch verhindert werden kann. Denn die Zeit drängt nur vordergründig. „Das KIS-Programm läuft bis 2040“, betonte Peter Braun (PfB) im Ortsbeirat. Heißt: Auch wenn die Stadt bei angespannter Haushaltslage derzeit kein Geld habe, um den Kindergarten zu kaufen, müsse sie das ja nicht jetzt tun, sie habe „mehrere Jahre Zeit“, meinte Braun. Eine Absichtserklärung reiche. Dafür - und dahinter steht ein großes Fragezeichen - müssten Kirche und Politik aber überhaupt mal ins Gespräch kommen.