Burgspielschar-Schauspieler überzeugen
Das Winterstück der Burgspielschar Burgholzhausen feierte am Wochenende erfolgreich Premiere. Auf der Bühne sind nicht nur ein giftversprühendes Schwiegermutter-Monster und ein Schönchen mit knapp bemessener Intelligenz unterwegs.
Menschen versuchen, sich mit modernen Familienkonstruktionen anzufreunden, sie sitzen mit Expartnern des aktuellen Lebensabschnittsgefährten an einem Tisch, sie leben mit deren gemeinsamen Kindern unter einem Dach, fahren mit ihnen in den Urlaub. Oder feiern, wie im Lustspiel „Lametta“, von Fitzgerald Kusz, mit der ganzen Truppe Weihnachten. Kann das gut gehen? Jedenfalls hat der Regisseur Manfred Fels das Stück mit der Burgspielschar so erfolgreich inszeniert, dass so einiges an zermürbender Realität den Zuschauer erreichte.
Zum Inhalt: Babs freut sich auf das erste Weihnachten mit ihrem Verlobten Werner. Doch aus dem Tête-à-Tête wird eine Feier zu acht: Werners Mutter kommt zum Fest und auch seine Exfrau Rosy und deren gemeinsamer Sohn Sebastian (Jan-Tore Ohlsen). Damit nicht genug: Babs’ Tochter Nora möchte auch mit der neuen Patchwork-Familie Weihnachten feiern und staunt nicht schlecht, als plötzlich ihr Vater Lutz (Dieter Kaupp), Babs’ Exmann, vor der Tür steht, und zu allem Überfluss ihre Stiefmutter Natascha die Gesellschaft mit ihrer Präsenz bereichert.
Zerbrochene Träume
Überzeugend arbeiteten die Amateurschauspieler die Charaktere heraus. So schafften sie es, dass die Zuschauer Babs’ (Elena Schunk) Enttäuschung und Überforderung erkannten. Sie sahen den hausgemachten Scherbenhaufen, vor dem die Harmoniesuchende im Wohnzimmer des weihnachtlichen Grauens stand. Und sie schüttelten den Kopf über Werner (Oliver Glaap) mit seinen großen Gesten und stets bemüht, männlich-ignorant den Weg des geringsten Widerstands zu finden. Das giftversprühende Schwiegermutter-Monster war zwar klischeehaft, aber witzig. Seine Spießigkeit und seinen Starrsinn brachte das hessische Original der Burgspielbühne, Gabi Kunkel, babbelnd auf den Punkt.
Ins Klischee „dummes Schönchen“ passte Natascha (Franziska Hosseini), die zweifache Miss Hessen, deren Bekleidung ihr intellektuelles Potenzial widerspiegelte: nämlich knapp. Sie setzte dem Patchwork-Familien-Geflecht das Krönchen auf, tippelte auf ihren Highheels durch das Wohnzimmer der zerbrochenen Eheträume und wickelte mit ihrem Charme alle anwesenden Herren, ausgenommen ihren eigenen Mann, um den Finger.
Der einzige Fels in der Brandung dieses Chaos ist Werners Exfrau Rosy, souverän gespielt von Beate Hild. Sie rettet in ihrer ausgleichenden Art so manche konfliktgeladene Situation. Auch die unterschiedlichen und sich wandelnden Allianzen, die die Charaktere für kurze Zeit eingehen, Babs mit Rosy, Werner mit Lutz, Sebastian mit Natascha, sind ebenso menschlich wie fatal.
Keine Schimpfworte
Die individuelle Charakterarbeit ist die eine Seite des Erfolgs, doch die gute Regisseurarbeit, der präzise Blick, das genaue Timing tragen ebenso maßgeblich zum Erfolg bei. Dazu gehören auch die fein ausgewählten Requisiten und die Maske. So musste Ilona Haas, zart von Statur, das pubertär aufmüpfige und emotional derangierte Scheidungskind Nora spielen. Ihre Identitätskrise spiegelte die Wahl ihrer Klamotten wider: grüne Mohikaner-Frisur, Lederjacke und Springerstiefel.
Manfred Fels unterdessen hatte sich beherzt mit dem Rotstift an die Textarbeit gemacht: „Man muss nicht alles aussprechen“, sagte er. Man müsse nicht jedes Schimpfwort benutzen, das sei unschön und klinge zu derb. Wenn es offen gelassen oder nur angedeutet werde, stehe es doch auch so im Raum – und der Zuschauer könne sich den Rest denken.
Er gestand aber auch, dass die Koordination der einzelnen Handlungsstränge eine große Herausforderung bei diesem Stück gewesen sei, denn einzelne Aktionen rufen andere aufs Tapet – aber da möchte der Regisseur nicht zu viel verraten wissen, das raube den künftigen Theaterbesuchern die Spannung.
Weitere Aufführungen sind am kommenden Freitag, 3., und Samstag, 4. Februar, in der Alten Schule Burgholzhausen in der Königsteiner Straße. Außerdem am darauffolgenden Wochenende, Freitag, 10., und Samstag, 11. Februar, im Forum Friedrichsdorf in der Dreieichstraße in Köppern. Alle Veranstaltungen beginnen jeweils um 20 Uhr.