Ein diplomatischer Drahtseilakt für die CDU

Kreistag will in Wiesbaden Druck beim Ausbau der A5 machen: Scharfe Kritik an Verkehrsminister.
Hochtaunus -144 Autobahnausbauprojekte, 29 davon in Hessen, hat Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) im Berliner Dreierbündnis durchgeboxt, damit die Ampel für Bagger „auf grün gestellt“ und die politische Farbenlehre auf links gedreht. Die 29 hessischen Projekte lassen Deutschlands obersten Straßenwärter mitten ins Herz der Hessen-FDP hineinblicken, wo sich als Speerspitze der Landesliste Steinbachs Ex-Bürgermeister Stefan Naas seit Monaten warmläuft, nach der Landtagswahl Wirtschafts- und Verkehrsminister zu werden. Naas wird nicht müde, Wirtschaftsminister Tarek Al-Wazir (Grüne) in Sachen Verkehrsinfrastruktur Untätigkeit vorzuhalten, so auch diesen Montag im Kreistag. Der sollte auftrags der FDP den Kreisausschuss bitten, sich in Wiesbaden und dort insbesondere bei Naas’ Wunschvorgänger für eine Zustimmung Hessens zu den von der Bundesregierung für das Genehmigungsbeschleunigungsgesetz vorgesehenen Projekten einzusetzen, begründete Holger Grupe den Antrag. Insbesondere sollte mit Bezug zum Hochtaunuskreis erreicht werden, dass auch der acht- bis zehnstreifige Ausbau der A5 dazugehört. Die Umsetzung des beschlossenen Infrastrukturpakets müsse Handlungsmaxime auch des Hessen-Kabinetts sein, forderte die FDP. Der Ausbau der A5 würde schließlich die für Rhein-Main wichtigste Autobahn entlasten, mehr Lärmschutz und Lebensqualität in Friedrichsdorf und Bad Homburg bringen.
Schwarz-Grün hat nur einem Teil des Gesetzes zugestimmt, auch den meisten hessischen Projekten, ausgerechnet dem Ausbau der A5 aber nicht. Leider sei die Begeisterung dafür bei Al-Wazir nicht besonders ausgeprägt. Deshalb, so Naas später in der Debatte, seien ja auch die meisten Landesstraßen in Hessen so schlecht.
Die Mehrheit des Kreistages, allen voran die Koalition aus CDU, SPD und FW, war in der Sache jedoch näher bei den Liberalen, als diese das erwartet hatten. Der Antrag beleuchte nur die Autobahnen, dabei gebe es aber auch viele Landesstraßen, deren Benutzer seit Jahren darauf warten, dass sie ausgebaut werden, begründete FW-Fraktionschef Götz Esser, seines Zeichens schlaglochgeplagter Weilroder Bürgermeister, einen Änderungsantrag der Koalition, in dem er vom „Landesbetrieb Hessen Immobil“ sprach und zur Golf-Challenge auf den Landesstraßen im Weiltal einlud: „Loch an Loch und hält doch. Nur die Grüns rechts und links müssten wieder mal gemäht werden...“ Für die Koalition, deren Hauptakteur CDU in Wiesbaden mit den Grünen den Kabinettstisch teilt, war die ganze Geschichte ein diplomatischer Drahtseilakt. Eigentlich hätte der um die Landesstraßen erweiterte und damit weitergehende Antrag den üblichen Greifreflex („Wir übernehmen natürlich den Antrag der FDP“) auslösen müssen, tat er aber nicht. Denn: Die über so viel Schützenhilfe freudig überraschte FDP assistierte flugs und übernahm ihrerseits den „Antrag der CDU“, wie es mehrfach die beiden anderen Koalitionspartner unterschlagend hieß. Und die Union ließ es klaglos, ja sogar sehr gerne, geschehen, blieb ihr so doch der Tritt gegen das Schienbein der Wiesbadener Kollegen erspart.
Grüne nehmen Al-Wazir in Schutz
Für die Grünen waren beide Anträge überflüssig, es brauche keinen Brief des Kreistags, der ohnehin nichts ausrichten könne. Das sei Sache des Landtags. „Unser“ Minister, so Patricia Peveling besitzanzeigend, mache alles richtig, er habe Autobahnen und Landesstraßen im Blick und arbeite Pläne ab, die, aus vielen Gründen, auch mal länger dauern könnten. Er könne aber auch nichts machen, wenn ihm der Landtag nicht die notwendigen Mittel bewillige, sagte sie unter namentlicher Erwähnung der „beiden“ Landtagsabgeordneten Jürgen Banzer und Holger Bellino (beide CDU). Der dritte „MdL“, Naas, muss Peveling durchgerutscht sein. Nichts abgewinnen konnte den Anträgen auch Werner Frey (Linke). Sie setzten nur auf Straßenbau, der öffentliche Personennahverkehr bleibe unbeachtet. Die Antwort auf Bellinos Zwischenfrage, ob die Busse im Weiltal etwa auf Schienen führen, blieb Frey unwirsch vor sich hingrummelnd aber schuldig.
„Straßen und Grüne passen nunmal nicht zusammen“, sagte Stephan Wetzel (SPD) und sprang Naas bei, der zuvor erklärt hatte, die Grünen könnten sich nicht mit Verweis auf den Landtag herausreden: „Der Landtag setzt den Rahmen, die Ausführung liegt beim Minister. Al-Wazir will gar nicht mehr Geld, sonst müsste er es ja für Straßenbau ausgeben.“