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Elf Frauen werden im Bereich haushaltsnahe Dienstleistungen qualifiziert

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Als es noch Großfamilien gab, war mit „haushaltsnahen Dienstleistungen“ kaum Geld zu verdienen. Doch die Gesellschaft verändert sich – und was früher schon irgendwie erledigt wurde, bleibt heute in vielen Haushalten auf der Strecke. Kreis, Diakonie und Starthilfe bieten nun einen Qualifizierungskurs an, der Betroffenen Hilfe verspricht und für Langzeitarbeitslose sowie Flüchtlinge eine Chance darstellt, auf dem Arbeitsmarkt Fuß zu fassen.

Die Mülltonne an die Straße rollen, mal ein Essen zubereiten oder die Wohnung putzen: Vieles lässt sich in der Familie oder über Nachbarschaftshilfe regeln, solange es nicht überhand nimmt und der eine für den anderen da ist. Doch das ist längst nicht mehr selbstverständlich.

Der demografische Wandel, die verstärkte Binnenmigration von Familienmitgliedern und Freunden – viele, vor allem ältere Menschen, wissen sich nicht mehr selbst zu helfen, scheuen aber den Gang zum Amt, um dort um Unterstützung zu bitten. Soziale Netzwerke – analoge wie digitale – haben sich in den vergangenen Jahren gebildet. Kaum ein Ort kommt mehr ohne Facebookgruppe aus, offline haben sich Initiativen wie Novasmobil der Diakonie oder die ZAK-Generationenhilfe längst etabliert.

Erstere ist im Wehrheimer Mehrgenerationenhaus zu finden, verknüpft haupt- und ehrenamtliche Hilfe und dort wird derzeit ein weiterer Stein für die Zukunft gesetzt.

Sechs Monate

Weil auch der Hochtaunuskreis auf das Problem des steigenden Hilfebedarfs reagieren will, hat er gemeinsam mit dem Mehrgenerationenhaus und der Starthilfe ein neues Projekt geschmiedet: Seit Anfang Februar werden elf Frauen zwischen Anfang 20 bis Mitte 50 als hauswirtschaftliche Hilfen nach einem Curriculum der Deutschen Gesellschaft für Hauswirtschaft (DGH) sechs Monate in verschiedenen Bereichen qualifiziert.

Das Spektrum reicht von Hygieneschulungen über Pflegekunde für Textilien und Arbeiten in der Küche bis hin zum richtigen Putzen. Darüber hinaus stehen pädagogische und gesundheitliche und ernährungstechnische Einheiten auf dem prallen Lehrplan. So wird der Grundstein für einen späteren (beruflichen) Umgang mit Kindern erleichtert – und die Damen wissen auch beim Einsatz bei älteren Menschen über die Grundzüge typischer Krankheitsbilder und gängiger Ernährungskonzepte Bescheid. Das Projekt ist als Teilzeit-Maßnahme konzipiert: fünf Stunden an fünf Tagen die Woche.

„Der Bedarf an solchen häuslichen Hilfsangeboten ist schon jetzt riesig und er wird weiter wachsen“, war sich Kreisbeigeordnete Karin Hechler (SPD) bei einem Besuch sicher, bei dem eine erste Zwischenbilanz anstand. Der Schlüssel zum Erfolg sei Vertrauen. „Jemanden Fremdes ins Haus lassen ist für viele Menschen ein Problem.“ Die Diakonie hingegen genieße als Institution ebenso Vertrauen wie die Starthilfe. So wurde die Idee geboren, ein Netzwerk zu schaffen, in dem Menschen qualifiziert und Angebot und Nachfrage zusammengebracht werden. „Wir leisten damit Pionierarbeit.“ Das Land Hessen, das das Projekt finanziert, sei begeistert. „Vielleicht wird unser Projekt zu einem Modell für andere werden“, so Hechler.

Auch Gabriele Ohl, langjährige Leiterin des MGH, zeigte sich beeindruckt. „Wir haben die haushaltsnahen Dienstleistungen zwar schon immer im Programm gehabt, aber als Nachbarschaftshilfe. Und da sind die Kapazitäten natürlich begrenzt.“ Mit der neuen Qualifizierungsmaßnahme ändere sich das.

Eine Chance für alle

Starthilfe-Geschäftsführerin Eva Urban-Puhl stellte die Vorteile für die Teilnehmerinnen heraus: „Hartz-IV-Empfänger und Flüchtlinge erhalten durch eine solche Maßnahme die Chance, in den Arbeitsmarkt integriert zu werden. Nach den sechs Monaten haben sie ein gutes Paket aus Wissen, Können und dem passenden Verhalten gegenüber Älteren.“ Das könne im Idealfall in einer Festanstellung münden. Entsprechend engagiert zeigen sich die Teilnehmerinnen.

Für die Gäste des Mehrgenerationenhauses hat das Projekt übrigens ganz konkrete Vorteile: Die Damen übernehmen das Eindecken und nach dem Mittagstisch gibt’s selbst gebackenen Kuchen. Dabei war es zunächst chaotisch, wie Toni Lomba berichtet. „Anfangs waren die Frauen sehr unsicher und bildeten einen Haufen. Das hat sich aber schnell eingespielt, die sind alle offen und sehr sympathisch.“ Auch die zu Beginn teilweise hohen Sprachbarrieren sind nach den ersten beiden Monaten schon deutlich niedriger.

Das Projekt war übrigens auch für Männer geöffnet, doch leider gab es keine Resonanz. Einer wollte, aber da habe es noch mit den Deutschkenntnisesn gehapert, erklärte Urban-Puhl. Vielleicht kommt der Herr bei der nächsten Runde zum Zug – wobei: Soll es überhaupt eine nächste Runde geben? Hechler: „Es wird auf jeden Fall etwas geben. Wie das dann aussieht, müssen wir aber noch schauen.“

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