Feiern mit Recycling-Baum

Die Kultkerb steht dieses Mal im Zeichen des Klimawandels. Start ist am Samstag mit der Vorkerb in Gustav-Schneider-Arena - eine Woche später geht’s in Dillingen dann richtig los.
Friedrichsdorf. -Der Klimawandel mit all seinen Auswirkungen hat nun auch die Dillinger Kerb erreicht. Nicht dass die letzte Generation sich auf die Kreuzgasse kleben würde, um das Kultfest der selbst ernannten Freien Republik zu torpedieren. Würde auch nichts bringen, zumal die Straße meist so proppevoll mit Besuchern ist, dass ein paar Klimakleber auch nicht weiter auffallen würden. Und nennenswerten Autoverkehr gibt es dort auch so gut wie keinen während der Festtage. Nein, die Änderungen in der Natur führen dazu, dass dieses Jahr zum ersten Mal in der langen Geschichte der Kerb am heutigen Samstag um 16 Uhr kein Kerbebaum aufgestellt wird. Jedenfalls nicht im klassischen Sinn.
Das Geheimnis heißt Recycling oder wie es André Kurnot ausdrückt, der neue Chef der Kerbburschen: „Wir verwenden den vom letzten Jahr.“ Wie? Wurde der Kerbebaum 2022 eingefroren und nun wieder aufgetaut? Oder haben die pfiffigen Dillinger eine neue Technik, von der keiner weiß? Viel banaler. Grüne Spitze beim Vorjahresgewächs entfernt, Stamm geschält, gestrichen und dann auf dem Dillinger Hof eingelagert. Damit nicht genug.
Damit während des Dillinger Nationalfeiertags nicht einfach nur ein nackter, brauner Spargel an dem Fachwerkhaus an der Kreuzgasse in die Höhe ragt, haben die Daniel Düsentriebe vom Hang eine spezielle Metallhülse gebaut, das auf die abgeschnittene Spitze gesteckt wird. Als Clou wird daran eine frische Nadelspitze befestigt. Die wiederum stammt aus einer Schonung in Köppern, wo die Kerbeburschen ein Exemplar entnehmen dürfen.
Nicht die einzige umweltschonende Aktion in Dillingen. Auf der heutigen Vorkerb heißt das Motto nämlich Nachhaltigkeit. Was darunter zu verstehen ist, erklärt Laura Buhl von den Kerbebienen, die traditionell die Gastgeberinnen des populären Prologs zur eigentlichen Kerb sind. „Wer einen eigenen Teller und Besteck mitbringt, bekommt ein Freigetränk.“ Klar, wertvolle Ressourcen verschwendendes Plastikwegwerfgeschirr vermeiden ist die Idee dahinter. Schon vor Corona habe man damit angefangen und es funktioniere ganz gut, sagt Laura. „Die Leute kommen eh meist aus der Gegend.“
Ansonsten alles beim Alten bei der Vorkerb, also Nagelturnier nebst Krönung des Dillinger Nagelkönigs, Grillen und Schwofen. Unterstützung bekommen die bisher neunköpfigen Bienen von drei Azubienen, wie die Anwärterinnen genannt werden. Unterstützung bei Aufbau und Grillen gibt’s von den Kerbeburschen und zwei Vätern. Und erstmals wird dieses Jahr auch die Dillinger Fahne verkauft (siehe Meldungen unten).
Die große Kerb findet dann eine Woche später statt. Und auch dort gibt es eine Neuerung, die den geänderten Zeiten Tribut zollt. Zum ersten Mal wird es neben Bratwürsten und Steaks auch eine vegetarische Variante geben, verrät Laura. Was den Besuchern genau kredenzt wird, stehe noch nicht fest. Noch einmal zurück zum Kerbebaum. Bliebe noch die Frage: Warum die Aktion? Der erwähnte Klimawandel. Bereits im vorigen Jahr habe der Förster signalisiert, dass es womöglich vorerst der letzte Baum aus dem Wald sei, den man schlagen könne. Das sei bei Nachfrage in diesem Jahr dann endgültig besiegelt gewesen respektive eine Alternative wäre zu weit weg gewesen. Nun also der Recycling-Baum. Immerhin. „Nicht jede Kerb hat einen Baum“, sagt Laura. André verweist darauf, dass es auch wiederverwendete Maibäume gebe. „Man muss halt mit der Zeit gehen.“