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Kita-Gebühr: Erstattung in Sicht

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Von: Christiane Paiement-Gensrich

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Die Eltern, deren Kinder derzeit wegen des Erzieher-Streiks nicht in städtischen Kitas betreut werden können, sollen einen Teil der Gebühren zurückbekommen, das haben die Stadtverordneten am Donnerstag deutlich gemacht. Dafür muss die Verwaltung jetzt die Gebührenordnung ändern.

Die gute Nachricht zuerst: Die Stadtverordneten aller Fraktionen wollen, dass die Friedrichsdorfer Eltern zumindest einen Teil der Kinderbetreuungs-Gebühren zurückerstattet bekommen. Wie berichtet, läuft derzeit, wegen des unbefristeten Streiks der Erzieher, ein Notprogramm. Von 480 Kindergartenkindern können nur 190 betreut werden, für 111 Krippenkinder stehen gar nur 22 Plätze zur Verfügung. Von 246 Hortkindern werden nur rund 50 betreut. Die Gebühren für Betreuung und Mittagessen bekommen die Eltern unterdessen weiter in Rechnung gestellt.

Das finden alle Stadtverordneten ungerecht, auch wenn die Gebühren nur rund 30 Prozent der Kosten decken. Die FDP hatte deswegen in der Stadtparlamentssitzung am Donnerstag den Antrag gestellt, die Gebühren zu erstatten. So einfach geht das zwar nicht, zuvor muss die Kindertagesstätten- und Gebührenordnung geändert werden. Aber jetzt ist die Sache auf dem Weg. Mit einem Änderungsantrag sämtlicher anderer Fraktionen (CDU, Grüne, SPD und FWG) zwar, aber das Ergebnis zählt. Und so applaudierten die rund 100 Zuschauer, unter ihnen viele Kindergarten-Eltern, als die Politiker einstimmig für besagten Änderungsantrag votiert hatten.

Einige der Eltern hatten ihre kleinen Kinder dabei, um ihrer Forderung, die Gebühren zurückzuerstatten, Nachdruck zu verleihen. Und so erlebten die knapp drei Jahre alte Luisa und die fast zweijährige Marie-Julie auf dem Schoß ihrer Mamas im Rathaus ihre erste Stadtverordnetensitzung. Die Mädchen hielten tapfer durch, denn die Kita-Gebühren waren erst gegen Ende der Sitzung dran. Gestern spielten sie in der eigentlich geschlossenen Kita Spieltraum in Köppern miteinander. Seit Dienstag hat die Stadt die Krippe für Eltern geöffnet, die eine Kinder-Betreuung selbst organisieren. Zudem stellt die Stadt eine Hauswirtschaftskraft zur Verfügung.

Mamas betreuen selbst

So haben diese Woche dort fünf Mamas neun Kleinkinder von 9 bis 12.30 Uhr betreut. Normalerweise hat die Kita 36 Krippenplätze. „Wir versuchen, für die Kinder einen ähnlichen Ablauf hinzubekommen, wie sonst, damit sie sich nicht umgewöhnen müssen“, erklärt Luisas Mama Petra Gollas (40). „Dazu gehören der Morgenkreis, gemeinsamer Gesang, gemeinsames Frühstück und eine Stunde draußen spielen“, ergänzt Tanja Neumann (40), die Mama von Marie-Julie. Gestern haben die Kinder auch mit ihren Händchen bunte Abdrücke auf ein Plakat gebracht. Um 12.30 Uhr gehen alle nach Hause, dann ist Zeit für das Mittagsschläfchen. Eine Nachmittagsbetreuung, wie sonst, findet nicht statt.

Beide Mütter sind berufstätig, Petra Gollas hat als selbstständige Intranet-Beraterin Kunden-Termine, und Tanja Neumann ist Spezialistin für Marketing und Kommunikation in einem amerikanischen Unternehmen. Weil ihre Töchterchen miteinander befreundet sind, können sie auch mal einen oder zwei Vormittage ohne ihre eigenen Mamas in der selbstorganisierten Kita bleiben. Trotzdem ist der Organisationsaufwand groß: „Ich musste eine Dienstreise früher beenden als geplant“, berichtet Tanja Neumann. Auch für die Eltern, die erst demnächst wieder anfangen wollen zu arbeiten, sei die Situation schwierig. „Viele warten dringend auf die Bestätigung, dass sie für ihre Kinder einen Betreuungsplatz haben, damit sie dann einen Arbeitsvertrag unterzeichnen können“, berichtet Petra Gollas. Nächste Woche geht es in der Kita Spieltraum erstmal mit der selbstorganisierten Kinderkrippe für sechs bis zehn Kleinkinder weiter.

Erleichterte Eltern

Darüber, dass sich das gesamte Stadtparlament schließlich für eine Kita-Gebühren-Erstattung ausgesprochen hat, sind die beiden Mütter, und sicher auch alle anderen Eltern, sehr erleichtert. In die Sitzung hatten sie eine Liste mit Argumenten für die Gebühren-Rückererstattung mitgebracht, die dann aber nicht verlesen wurde. Gleich zu Beginn hatte Stadtverordnetenvorsteher Karl Günther Petry betont, dass es im Sitzungssaal nicht erlaubt sei, Plakate hochzuhalten, dass Zuschauer kein Rederecht hätten und dass auch Zwischenrufe nicht erlaubt seien.

Einige der Argumente der Eltern: „Keine Leistung ohne Gegenleistung ist ein zentraler Rechtsgrundsatz, Streik ist ein Mittel des Arbeitskampfes und keine höherere Gewalt, es ist unfair, wenn die Eltern die Belastung des Streiks alleine tragen müssen, 500 Euro Betreuungsgebühren ohne Gegenleistung sind für eine alleinerziehende Mutter mit zwei Kindern und Vollzeitjob nicht zu stemmen, die Eltern haben zusätzliche Kosten für anderweitige Betreuung oder müssen unbezahlten Urlaub nehmen, um ihre Kinder zu betreuen, derzeit hat die Stadt durch den Streik geringere Lohnkosten und Einsparungen bei den Essenskosten.“ Mit einer Gebührenerstattung werde die Stadt ihr gutes Image wahren und Stadtmarketingkosten sparen. Die Politiker würden ihren Wahlversprechen treu bleiben, für Familien einzustehen und mit ihrem Einsatz für Familien die Bildung neuer Familien fördern. Hinzu komme, dass Kinder und Familien die Gesellschaft sicherten und dass die Kündigung des Kita-Platzes in der Sommerferienzeit ausgeschlossen sei. Das heißt, auch wenn in den Ferien die Kita zeitweise zu ist, müssen die Gebühren weitergezahlt werden.

Rechtssichere Lösung

Die meisten dieser Argumente werden die Politiker gekannt und zu ihrer Entscheidung bewogen haben. Einige davon wurden so oder ähnlich vorgetragen. Jetzt muss sich die Verwaltung mit der Gebührenrückerstattung beschäftigen, denn die Sache ist diffizil. Eine rechtssichere Lösung muss gefunden werden, denn nach derzeitiger Rechtslage darf nicht erstattet werden. Deshalb arbeitet jetzt die Verwaltung einen Entwurf zur Änderung der Kindertagesstätten- und Gebührenordnung aus. In rund zwei Wochen soll dazu eine Sondersitzung des Haupt- und Finanzausschusses folgen. In der Stadtparlamentssitzung am 23. Juli könnte dann die Satzungsänderung beschlossen werden. Anschließend würde das Verfahren zur Gebührenrückerstattung starten.

Der scheidende SPD-Fraktionschef Felix Klebe, der sein Mandat zum Ende des Monats niederlegt, weil er umzieht, war mit dem Thema Kita-Gebühren insgesamt unzufrieden: „Warum muss in Hessen immer alles so teuer sein?“ Er sprach sich für einkommensabhängige Elternbeiträge aus.

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