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Klimaschutz und Mobilität als Standortfaktoren

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Von: Klaus Späne

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Endlich wieder in Präsenz. Nach der virtuellen Auflage im vorigen Jahr konnten sich Vertreter von Unternehmen und Stadt wieder persönlich austauschen. Foto: privat
Endlich wieder in Präsenz. Nach der virtuellen Auflage im vorigen Jahr konnten sich Vertreter von Unternehmen und Stadt wieder persönlich austauschen. © p

In Friedrichsdorf tauschen sich Vertreter von Gewerbe und Stadt aus und wagen einen Blick in die Zukunft

Unternehmen wie Arnold, Nordlicht, Axicorp oder seit neuestem Amazon dürften die meisten in Friedrichsdorf auf dem Schirm haben. Weniger Namen wie "ineltron mbH", "Horst Platz GmbH" oder "Eurofins CLF". Dabei sind alle drei etablierte Unternehmen. Beispiel ineltron, ein Familienbetrieb, der seit 1985 existiert und auf Lieferung von Leistungselektronik und elektronischen Satzbau spezialisiert ist. Hauptabnehmer: Mitsubishi. Auch der Köpperner Mittelständler Horst Platz GmbH ist seit über 40 Jahren am Start. Grob gesagt ein Spezialist für technische und logistische Lösungen. Die Kunden stammen aus den Bereichen Automotive, Telekommunikation, IT, Maschinenbau, Medizintechnik und Luftfahrt.

Eurofins schließlich ging aus dem ehemaligen Milupa-Zentrallabor hervor. Als Teil einer international agierenden Labor-Gruppe ist man vielschichtig unterwegs: mit der Analyse von Babynahrung, spezialisierten Milchprodukten und Spezialnahrung etwa oder mit Lebens- und Futtermittelanalytik, um das große Leistungsspektrum anzureißen.

Drei Beispiele, die zugleich für die Bandbreite des Friedrichsdorfer Gewerbes stehen. Das spiegelt sich auch beim Teilnehmerkreis der jüngsten Unternehmerrunde wider, zu der die Stadt eingeladen hat. Eine jährlich stattfindende Veranstaltung, die seit 2001 existiert und dem Austausch untereinander und mit Verantwortlichen der Stadt dient.

Kein Gewerbe durch Wohnen verdrängen

Das Treffen steht in diesem Jahr unter besonderen Vorzeichen. Zum einen, weil wieder in Präsenz getagt werden konnte, nachdem sich die Runde im vorigen Jahr lediglich virtuell traf. Außerdem wegen des Wechsels an der Rathausspitze. Gute Gelegenheit also, sich mal zu beschnuppern, sofern nicht vorher schon geschehen.

Er habe in den Monaten seit dem Amtsantritt mehr als 30 Unternehmen besucht, sagt Lars Keitel. Weitere sollen folgen. Dies auch, um zu erfahren, wie man den Standort weiterentwickeln kann. Der Grünen-Politiker macht vor den rund 50 Vertretern lokaler Unternehmen, von Banken, IHK und Gewerbeverein im Tanzstudio Taktgefühl deutlich, wohin die Reise gehen soll. Das Oberthema an diesem Abend: der Klimaschutz. Immer wieder poppt es auf. In Keitels Eröffnungsrede und auch in einem Impulsvortrag über erneuerbare Energien (siehe Box). Es bleibt aber nicht das einzige Thema, das zur Sprache kommt.

Der Bürgermeister skizziert verschiedene Bereiche, die er als wichtige Standortfaktoren sieht respektive wo Veränderungen bereits eingeleitet seien. Etwa bei der digitalen Transformation der Stadtverwaltung. Online-Dienstleistungen, E-Akten, neue Homepage nennt er als Beispiele. Beim Gewerbe geht Keitel auf die Industriestraße ein. Er habe es sich zur Aufgabe gemacht, das ins Gerede gekommene Gebiet wachzuküssen und zu einem guten Gewerbegebiet zu entwickeln. Die Prämisse dabei: "Wir wollen kein Gewerbe durch Wohnen verdrängen."

Einen hohen Stellenwert misst Keitel der Verkehrsanbindung bei. Sei es der barrierefreie Ausbau des Bahnhofs oder der geplante Radschnellweg FRM5 nach Frankfurt. "Ich verspreche mir davon Ähnliches wie von der S 5." Er hoffe, dass Friedrichsdorf in zehn, zwanzig Jahren auch als Standort für diesen Weg bekannt sei.

Noch einmal zum Klimaschutz, der an diesem Abend eine wesentliche Rolle spielt: "Was nutzt es, eine Infrastruktur zu schaffen und keine Perspektive zu haben?", fragt Keitel. Dem Klimawandel wolle man entgegentreten. Das aber funktioniere nur, wenn man den Mittelstand, die Unternehmen mitnehme. Vor allem durch die Nutzung der Dachflächen. Letzteres werde auch in den Unternehmens-Gesprächen häufig thematisiert.

Aber auch darüber hinaus herrscht in der Stadt in der langsam sich abzeichnenden Nach-Corona-Ära eine Dynamik. Das zeigen die Vorträge von Wirtschaftsförderin Charlotte Zippe und Stefanie Adamovic sowie Alissa Lerch vom Gewerbeverein Aktives Friedrichsdorf. Zippe kündigt in ihrem Rundumschlag über die Aktivitäten der Wirtschaftsförderung und Stadtmarketing einen digitalen Newsletter an. Ebenso eine Broschüre für Veranstaltungen. Adamovic und Lerche werben für lokale Netzwerke oder den zwölften Ausbildungstag im Oktober. Weit über 40 Aussteller hätten sich schon angemeldet und über 1100 Schüler der Stufen 8 bis 13. Es gebe aber noch Platz auf der Veranstaltung.

Noch jede Menge Luft nach oben

Bei der Nutzung erneuerbarer Energien gibt es auch in Friedrichsdorf noch jede Menge Luft nach oben - vor allem bei den Unternehmen mit ihren teilweise großen Dachflächen. Das ist eine Kernbotschaft aus dem Impulsvortrag von Marcus Michalla zum Thema "Erneuerbare Energien als Unternehmen nutzen". Michalla, Diplomingenieur in der Industrie und Energieexperte, zeigte am Beispiel seines Eigenheims, welche Technologien und Möglichkeiten es gibt.

Aktuell habe man eine der größten Photovoltaik-Installationen in der Stadt, sagte Michalla. Auch die Industrie habe oft nicht mehr. Als Beispiel nennt er Amazon und Nachbargebäude, wo es keine PV-Anlagen gebe. Oder auch das Autohaus Weil. "Wenn 60 Prozent einer Gewerbedachfläche mit PV-Anlage genutzt würden, läge man im Bereich von mehreren Zehntausend Kilowattstunden Strom pro Jahr, schlussfolgerte der Experte. Die Einsparung für seine vierköpfige Familie bezifferte er mit 4000 Euro pro Jahr. In Friedrichsdorf betrage der Strombedarf aktuell 186 Gigawattstunden pro Jahr (GWh/a). Aus erneuerbaren Energien würden 2,4 GWh/a erzeugt. Ergo: Für 100 Prozent Ökostrom "Made in Friedrichsdorf" müsste die aktuelle Leistung verachtzigfacht werden.

Michalla sprach auch das Thema Mobilität an. Es gebe überall Ladesäulen. Diese seien aber oft teuer und durch wenige Ladepunkte ineffizient. Eine Alternative seien kleinere Wandsteckdosen am Arbeitsplatz. Damit wäre der Strombedarf der Mitarbeiter zu decken. Noch ein Thema: die Treibhausgasbilanzierung. Das betreffe momentan nur Großunternehmen. Man stehe aber am Anfang einer Entwicklung. Ab 2026 seien auch Unternehmen ab zehn Mitarbeitern betroffen.

Bekanntheit durch Radschnellweg

Wie ist die Resonanz bei den Unternehmern zu dem Treffen mit Kollegen und Stadt? Für einen professionellen Austausch seien für seine Firma eher Fachmessen interessant, sagt ineltron-Co-Geschäftsführer Lutz Mathes. Wie man auch keine Kundschaft vor Ort habe. Man sei zu sehr in einer Nische. Dennoch sei es löblich, wenn Friedrichsdorf so ein Forum für Unternehmer anbiete. "Wenn man mal da ist, ist es super." Die Stadt mache einen guten Job, sei transparent. Interessiert habe ihn der Impulsvortrag - als Friedrichsdorfer. "Ich kann mir gut vorstellen, wieder teilzunehmen."

"Eine interessante Plattform", sagt Eurofins-Geschäftsführerin Eva-Aster de Gier. Sie biete die Möglichkeit, neue Unternehmen kennenzulernen. Das bekomme man ansonsten nicht mit. Interessant wäre es, von der Stadt vierteljährlich Informationen zu bekommen - zu neuen Wohnprojekten oder zum Bahnhof. Das sei auch für die Mitarbeiter wichtig.

Er besuche seit vielen Jahren die Unternehmenrunden, sagt Platz-Geschäftsführer Horst Platz, der sich unter anderem viele Jahre bei der IHK Frankfurt engagiert hat. "Ich halte viel davon, dass Wirtschaft, Kommunalpolitik und Kommune eng zusammenarbeiten." Keitels Vorgänger Horst Burghardt habe die Stadt "schwer nach vorne geschoben". Die Ideen seines Nachfolgers zum Standort seien richtig. Lob gibt es für die Wirtschaftsförderung. "Klingt sehr aktiv."

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