Fronleichnamsfahnen auf Halbmast

Stiller Protest gegen Böllerverbot für die Kanoniere in Oberreifenberg
Oberreifenberg -Über den Verzicht auf das traditionelle Böllern im Rahmen der Fronleichnamsprozession ist nicht nur die Kanoniergesellschaft Oberreifenberg enttäuscht. Auch einheimische Oberreifenberger befürchten, dass eine alte Tradition verloren geht. An zwei Stellen waren während des Umzugs als stiller Protest Fronleichnamsfahnen auf Halbmast gesetzt oder mit Trauerflor versehen.
Vor der Prozession hatten sich etliche Oberreifenberger an Pfarrer Tobias Blechschmidt gewandt. Der hatte bereits gegenüber Holger Brendel, dem Vorsitzenden der Kanoniere, seine Entscheidung mit der besonderen Situation, dem Krieg in der Ukraine, begründet.
"Entscheidung
kein Alleingang"
Auch in der Gemeinde Schmitten hätten viele Flüchtlinge eine Bleibe gefunden und kämpften noch mit traumatischen Erfahrungen. Fronleichnam als Fest des Glaubens sollte gerade in dieser Zeit die Botschaft von Frieden und Gerechtigkeit zum Ausdruck bringen.
Zwar dienten die Salutschüsse der Ehrerbietung des Allerheiligsten und dem Beweis der Verantwortung für den Schutz der Würde des Sakramentes, doch auch an anderen Orten werde in diesem Jahr auf das Salutschießen an Fronleichnam verzichtet. "Ich möchte auf keinen Fall, dass Kinder oder Erwachsene, die in der aktuellen Situation mit Flüchtlingserfahrungen bei uns Heimat gefunden haben, ein kirchliches Fest des Glaubens mit Angst und Schrecken in Verbindung bringen müssen oder traumatische Erfahrungen wachgerufen werden können", so der Pfarrer.
Der gleichen Meinung ist Ulla Sieweke, im Pfarrgemeinderat Vertreterin für Oberreifenberg und Ortsausschussvorsitzende. Der Presse gegenüber versicherte der Pfarrer, dass seine Entscheidung kein Alleingang gewesen sei. Gespräche mit Vertretern der Flüchtlingshilfe und im Ortsausschuss, wo es unterschiedliche Meinungen gegeben habe, sowie im Pastoralteam seien vorausgegangen. Die Entscheidung habe er sich nicht leicht gemacht. In seiner Predigt hat sich Blechschmidt mit dem Umgang mit Traditionen beschäftigt und festgestellt: "Traditionen müssen sich weiterentwickeln." Das gelte auch für die katholische Kirche, die sich dem notwendigen Reformprozess stellen müsse. Auch Papst Franziskus habe kürzlich die Traditionalisten in der Kirche scharf kritisiert und sehe in ihnen sogar ein Hindernis für die Erneuerung. Die Form der Liturgie werde von vielen Menschen nicht mehr als zeitgemäß angesehen.
Tradition verdient ihren Erhalt
Zur Diskussion um die Beteiligung der Kanoniere der Fronleichnamsprozession meinte Blechschmidt: "Eine solche Tradition kann für einen Ort und eine Gemeinschaft eine identitätsstiftende Größe sein." Er machte unmissverständlich klar, dass seine Entscheidung auch nicht eine generelle Abschaffung dieser Tradition beabsichtige. Im Gegenteil, eine Tradition, die ihre eigene Relevanz behaupte, verdiene auch ihren Erhalt. Der Pfarrer ist davon überzeugt: "Eine solche Tradition schafft es auch zu überleben, wenn sie einmal nicht stattfindet."
Traditionen müssten besonderen Umständen Rechnung tragen können. Blechschmidt ist sich sicher, dass Zeiten kommen werden, in denen die Kanoniere für die Pflege ihres Brauchtums wieder einen Platz finden können, etwa bei einer Fronleichnamsprozession in einem anderen Schmittener Kirchort in den Folgejahren.
Zum stillen Protest während der Prozession meinte der Pfarrer: "Wenn wir an diesem Tag mit Jesus durch die Welt gehen, müssen wir das aushalten." Einige Teilnehmer der Prozession hatten jedoch angesichts des Trauerflors an den Fahnen Tränen in den Augen. Blechschmidt will den Dialog mit den Oberreifenbergern, den Kanonieren und der Flüchtlingshilfe fortsetzen.
